Corona-Impfstoffe: Wird Afrika abgehängt?

Seite 2: Warum gab es in Afrika anfangs weniger Infizierte?

Experten nennen eine Reihe von Gründen: Zum einen hat die Bevölkerung einen geringeren Altersdurchschnitt als in Europa. Dies würde auch die tendenziell milderen Infektionsverläufe erklären. Zum anderen verbringen die Menschen mehr Zeit im Freien. Sie reisen insgesamt weniger.

Relativ früh wurden Reisebeschränkungen, Ausgangssperren und Schulschließungen durchgesetzt - sogar oft noch bevor ein Coronafall überhaupt aufgetreten war, heißt es in einer wissenschaftlichen Analyse, die im August veröffentlicht wurde. Schließlich hat man bereits Erfahrungen im Umgang mit Virenkrankheiten wie Ebola und dem Lassa-Fieber. Die schnellen Reaktionen haben insgesamt dazu geführt, dass sich die Infektion langsamer ausbreiten konnte.

Maria Yazdanbakhsh, Parasitologin an der Universität Leiden in Niederlanden, argumentiert, einigen Menschen sei durch Masern, Durchfallviren, Malaria oder Parasiten ein besseres Immunsystem antrainiert worden. Dies wirke sich mildernd auf eine Covid-19-Erkrankung aus.

Als das Virus im März/April 2020 nach Afrika eingeschleppt wurde, waren vor allem Algerien, Marokko, Tunesien und Ägypten betroffen. Drei Viertel aller Todesfälle waren in diesen Ländern zu beklagen. Weniger Tote, aber mit 1.400 die meisten Infizierten, wurden in Südafrika gezählt - zu einer Zeit, in der in den anderen Ländern der Region die Krankheit noch ganz am Anfang stand.

Südafrikanisches Gesundheitssystem am Limit

Am 8. Februar 2021 zählte man für ganz Afrika 3.682.000 Infizierte, wobei die Zahl der täglichen Neuinfektionen seit Ende Januar kontinuierlich gesunken ist. In den nordafrikanischen Ländern liegt die Zahl der aktiven Corona-Fälle jeweils zwischen 12.000 und 28.000, wobei Tunesien mit rund 35.000 mehr aktive Fälle verzeichnet als seine Nachbarländer. Der Hot Spot ist in Südafrika, wo sich inzwischen bis 1,48 Millionen Menschen mit Covid-19 infizierten. Bis Dienstag waren 46.500 Menschen daran gestorben. Aktuell gibt immer noch 67.000 aktive Fälle.

Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen, warnen Fachleute. Wegen geringer Testkapazitäten müsse man von einer hohen Dunkelziffer ausgehen.

Unterdessen spitzt sich die Versorgungslage zu. Die Wartezimmer im Krankenhaus in Khayelitsha, dem größten Armenviertel in Kapstadt, sind überfüllt. Es fehlt an Sauerstoffgeräten und Intensivbetten. Vor allem fehlt es an Fachpersonal. Unklar ist, wie eine effiziente Impfstrategie aussehen soll. Wie Präsident Cyril Ramaphosa ankündigte, sollen erst Mitte des Jahres die ersten Impflieferungen eintreffen. Und die reichen gerade für rund zehn Prozent der Bevölkerung.

Zwar könnten in Khayelitsha bis zu 40 Prozent der Bewohner, die sich in der ersten Welle infiziert hatten, möglicherweise immun sein, wie Studien zeigen. Doch darauf wollen sich die Ärzte lieber nicht verlassen.

Schnellere Impfungen mit Covax?

Die EU, die USA und andere Industrieländer haben sich bereits Hunderte Millionen Dosen gesichert. Für ganz Afrika sollen 220 Millionen Impfdosen zur Verfügung stehen. Das reicht nur für ein Fünftel der afrikanischen Bevölkerung. Wann genau das sein wird, ist noch offen. In den meisten Ländern soll Mitte des Jahres mit dem Impfen begonnen werden.

Für viele Länder ist die internationale Impf-Initiative Covax - ein Zusammenschluss von knapp 190 Ländern - die einzige Chance, einen Zugang zu Impfstoffen zu erhalten. Die ärmeren Länder sollen die Impfstoffe zu günstigeren Konditionen erhalten.

Die WHO geht davon aus, dass zunächst nur gefährdete Gruppen - Mitarbeiter des Gesundheitswesens und alte Menschen - geimpft werden. Das sind etwa drei Prozent der Bevölkerung. Bis Ende dieses Jahres sollen bis zu 20 Prozent der Bevölkerung geimpft sein.

Schon jetzt ist der wirtschaftliche Schaden in Afrika aufgrund der Corona-Maßnahmen katastrophal. Am meisten leiden Menschen, die schon vorher an der Armutsgrenze lebten. Ihnen droht nun Hunger und der weitere Abstieg ins Elend. Und auch wenn irgendwann mal viele Menschen geimpft sein werden - ein Zurück zur Normalität wird es so schnell nicht geben.