Covid-19 in den USA: 200.000 "verlorene" Menschenleben

Der damalige Präsident Trump und dessen Berater Anthony Fauci besuchen das Vaccine Research Center und das Viral Pathogenesis Laboratory (National Institutes of Health) Anfang März, 2020. Foto: Weißes Haus/gemeinfrei

Laut einer Kommission medizinischer Experten wären rund 40 Prozent der US-amerikanischen Sterbefälle vermeidbar gewesen

In den USA sind seit Beginn der Pandemie annähernd 500.000 Menschen an Covid-19 gestorben. 200.000 dieser Sterbefälle hätten vermieden werden können - so lautet die Einschätzung einer Expertenrunde der renommierten medizinischen Fachzeitschrift "The Lancet", die soeben veröffentlicht wurde.

Als Vergleichswert für diese Berechnungen wurde der Verlauf der Pandemie in den anderen Staaten der "Gruppe der Sieben" (G7) herangezogen. Hätten die USA während der Pandemie ähnlich wie diese Staaten abgeschnitten, wären 40 Prozent der Covid-19-Opfer und damit Hunderttausende von Sterbefällen vermieden worden.

"Die weltweite Covid-19-Pandemie hat sich mit über 26 Millionen diagnostizierten Fällen und über 450.000 Todesfällen bis Anfang Februar 2021 überproportional stark auf die USA ausgewirkt", so die Autoren in The Lancet.

"Ungefähr 40 Prozent davon hätten abgewendet werden können, wenn die US-Sterblichkeitsrate dem gewichteten Durchschnitt der anderen G7-Staaten entsprochen hätte."

Aktuell liegt die Zahl der Sterbefälle in den USA bei über 480.000 (Stand: 13.02.).

Der frühere Präsident Donald Trump habe die Bedrohung durch die Erkrankung pauschal abgetan, während er sie privat anerkannt habe. Er habe Gegenmaßnahmen verhindert, als sich die Infektion ausbreitete. Und er habe internationale Zusammenarbeit vermieden. Seine Weigerung, eine nationale Strategie zu entwickeln, habe die Materialknappheit verschärft. Er habe das Tragen von Masken politisiert und Massenveranstaltungen ohne Sicherheitsmaßnahmen abgehalten.

Nicht nur das Land, sondern auch er selbst, waren an Covid-19 viel stärker erkrankt, als Trump zugeben wollte, wie die New York Times in der vergangenen Woche berichtete. Demnach wurde Trump Anfang Oktober mit extremem Sauerstoffmangel im Blut und weiteren Symptomen einer Lungenentzündung ins Krankenhaus eingewiesen.

Seine Prognose war zeitweilig so schlecht, dass es schien, er müsse an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden. Damals wurde Trumps Erkrankung von seinen Ärzten öffentlich heruntergespielt. Und Trump selbst tat nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus so, als wäre nichts geschehen.

Die Covid-19-Pandemie, so die Autoren von The Lancet, sei eine von vielen Fehlschlägen auf dem Gebiet der US-amerikanischen Gesundheitsfürsorge. Im Jahr 1980 habe sich die Lebenserwartung in den USA noch im Durchschnitt der Länder mit hohem Einkommen befunden. Im Jahr 1995 sei die Lebenserwartung um 2,2 Jahre unter dem Durchschnitt der G7-Staaten gelegen. Bis zum Jahr 2018 habe sich der Abstand auf 3,4 Jahre vergrößert.

Die USA hätten sich in der Pandemie besonders schlecht geschlagen, aber der Misserfolg könne nicht allein Trump zugeschrieben werden. Die tieferen Ursachen lägen in gesellschaftlichen Problemen und dem schlechten Zustand des Gesundheitssystems. Diese Probleme würden nicht durch einen Impfstoff gelöst.

Die Autoren haben die Zahl der "abhanden gekommenen" Amerikaner ("missing Americans"), die noch am Leben wären, wenn die altersspezifischen Sterblichkeitsraten in den USA auf dem Niveau der anderen G7-Staaten verblieben wären, abgeschätzt: Allein im Jahr 2018 gingen danach 461.000 Amerikaner verloren. Ein Großteil dieser Übersterblichkeit betreffe Menschen unter 65 Jahren.