Darf man noch mit der bolivarianischen Revolution solidarisch sein?

Bild: David Hernández/CC BY-SA-2.0

Der Druck auf die Linkspartei zeigt, wie eng die Grenzen derer sind, die immer eine offene Gesellschaft propagieren - Ein Kommentar

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Die linksliberale Taz hat sich in den letzten Monaten besonders als Verteidigerin der Offenen Gesellschaft profiliert. Sie steht in Frontstellung einerseits zu den verschiedenen rechtspopulistischen Anwandlungen von Trump bis Erdogan. Aber genauso gegen alle Versuche, eine linke Alternative gegen die Rechten auch gegen den kapitalistischen Normalzustand zu finden.

Für einen solchen Ausweg stand seit 1998 Venezuela nach der Regierungsübernahme durch den Linksnationalisten Chavez. Nach einem Putschversuch und einem Unternehmerstreik radikalisierte sich ein Teil der bolivianischen Basis, aber auch deren Leitfigur Chavez. Er sprach sogar vom Sozialismus des 21. Jahrhunderts, doch der Erfinder dieses Begriffes Heinz Dietrich will heute nicht mehr gerne an diese kurze Freundschaft mit der bolivarianschen Revolution erinnert werden. Denn Venezuela hat heute nicht viele Freunde.

Die Linke will Helden ohne Fehl und Tadel

Die Zeit, als das Land als Wunschbild vieler Linker galt, sind lange vorbei. In den Zeiten, in denen das Land unter dem niedrigen Ölpreis leidet, die bolivarianische Bourgeoisie ihr hässliches Gesicht zeigt, das nicht zu dem Utopia linker Blütenträume passt, kurz: seit auch in Venezuela der linken Euphorie die Mühen der Ebene folgten, will man sich nicht mehr gerne als Freund der bolivarianischen Revolution outen.

Che Guevara wird ja auch nur deshalb so verehrt, weil er so jung starb wie angeblich einst Jesus und an Salvador Allende wird vor allem wegen seines Widerstands gegen die Putschisten erinnert. Über die linke Praxis schweigt man dann bei beiden eher, seien es die von Che Guevara verantworteten Hinrichtungen nach der kubanischen Revolution oder Allendes Schwanken zwischen einer reformistischen und einer revolutionären Politik. Die Linke will ihre Helden ohne Fehler und Widersprüche und ist da sehr christlich. Deswegen hat der Che -Guevara-Kult auch etwas sehr Religiöses. Da ist die Haltung der Linkspartei zu loben, die dem bolivarianischen Venezuela auch in schwierigen Zeiten die Solidarität nicht aufkündigt.

In ihrer auf dem letzten Parteitag verabschiedeten Resolution wird an einige Aspekte erinnert, die heute in der Venezuela-Berichterstattung der meisten Medien kaum eine Rolle spielen. So heißt es dort:

Die gegenwärtige ökonomische und soziale Situation in Venezuela ist angespannt. Die Ursachen dafür liegen aber nicht vorrangig in Fehlern der Regierung Maduro, wie es viele Medien schreiben. Tatsache ist: Die venezolanischen Bourgeoise hat das chavistische Projekt nie akzeptiert, sie hat nie verwunden, dass Hugo Chávez ihr den Zugriff auf die Ölrente weggenommen hat, um mit ehrgeizigen Sozialprogrammen die Armut im Land zu bekämpfen. Ebenso hat sie es bis heute nicht geschafft, die Präsidenten Chávez und Maduro auf demokratischem Wege abzulösen. Der Putsch der Oligarchie von 2002 brach unter dem massiven Widerstand der ärmsten Teile der Bevölkerung und loyaler Militärs zusammen.

Die Linke