Das Brexit-Bashing bei Linken und Liberalen geht weiter

Seite 2: Wie die EU junge Menschen um ihre Chancen und Rechte gebracht hat

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Es sind Länder wie Griechenland, Spanien, Italien, Portugal, wo durchaus nicht mehr so klar ist, wie ein Votum über die EU heute oder in einigen Monaten dort ausgehen würde. Ja selbst in Griechenland, wo vor zwei Jahren noch viele Syriza gewählt hatten, weil sie hofften, der Austerität zu entkommen und trotzdem in der EU und sogar in der Eurozone bleiben zu können, ist die Ernüchterung mittlerweile groß.

Die Niederlage von Syriza gegen die von Deutschland dominierte EU und deren Austeritätspolitik hat dazu geführt, dass die Enttäuschung auch in die Milieus eingedrungen ist, die noch hofften, es könnte eine andere, einer sozialere EU geben. Doch der Block der "Deutsch-EU", hier verkörpert von Schäuble, hat die griechischen Politiker vor die Alternative gestellt, Unterwerfung oder ihr müsst die Eurozone verlassen. Seitdem werden die Rechte und Perspektiven vor allem der jüngeren Generation weiter geschmälert, Gewerkschafts- und Arbeitsrechte werden entgegen griechischem Recht weiter eingeschränkt.

So wie in Griechenland passierte und passiert es in Spanien und Portugal. Über einen längeren Zeitraum gab der portugiesische Autor Miguel Szymanski mit seiner Kolumne in der Taz einen Einblick in das Ausmaß von Verzweiflung und Entrechtung, das gerade junge Menschen in diesen Ländern durch die Austeritätspolitik von Deutsch-Europa zu ertragen haben.

Aber merkwürdigerweise wird über diese Rechte junger Menschen, die ihnen durch die konkrete Politik der EU genommen werden, bei denen nicht geredet, die jetzt darüber klagen, die Brexit-Entscheidung habe jungen Briten Rechte als EU-Bürger genommen. Und es scheint auch wenig wahrscheinlich, dass die beeindruckenden Schilderungen der Folgen der Austeritätspolitik, die Szymanski in seinen Kolumnen darlegte, bei manchen bedingungslosen EU-Befürwortern auch nur zum Nachdenken geführt haben könnte.

Denn inhaltlich widerlegt wurde Szymanski nie, es gab keine Gegenargumente, wenn er Kolumne für Kolumne schilderte, wie die Austeritätspolitik seine Länder verarmt und vielen Menschen nicht nur die Hoffnung, sondern auch die Perspektiven raubt. Doch mit seinen Texten wurde so umgegangen wie mit den Argumenten der Lexit-Befürworter. Sie wurden "nicht einmal ignoriert".

Grüne mit Merkel oder Wagenknecht?

Stattdessen geben ökoliberale Vordenker wie der Taz-Publizist mit guten Kontakten ins grüne Milieu, Peter Unfried, die Parole aus, dass links nur sein könne, wer bedingungslos für EU und Nato ist. Konkret auf die innergrüne Debatte bezogen hat Unfried die Frage auf die Personalien "Merkel versus Wagenknecht" zugespitzt. Sollten die Grünen - wenn es dafür Mehrheiten gäbe - also eher mit einer Merkel-Union oder mit SPD und einer Linkspartei, in der Wagenknecht eine wichtige Rolle spielt, koalieren?

Für Unfried ist die Antwort klar, Die Grünen werden mit Merkel gehen. Neben dem Credo, links kann nur für die EU und ihre Vertiefung sein, ist das Verhältnis zu Russland ein zweiter Knackpunkt. Dabei leben alte antirussische Klischees wieder auf, mit denen schon die Mehrheit der SPD mit Hurra in den ersten Weltkrieg gezogen ist. Dabei ging es damals nicht darum, das reaktionäre zaristische Regime zu verteidigen - wie auch die Ablehnung, sich aktuell in eine antirussische Mobilisierung einzureihen, natürlich nicht bedeutet, irgendwelche Sympathien mit dem reaktionären Putin-Regime zu haben.

Dabei sollte man nicht verschweigen, dass diese notwendige Trennschärfe auch manche vermeintlich Linke vermissen lassen, die sich gegen die neue antirussische Frontstellung wenden. Und dass heute fast alle rechts von Merkel, bis auf einige Vertriebenenfunktionärinnen wie Erika Steinbach, Putin huldigen, sollte noch einmal mehr verdeutlichen, dass emanzipatorische Politik und Putin-Hochjubelei nicht zu vereinbaren sind. Das Einreihen in die antirussische Front, bei der heute die Grünen an vorderster Linie stehen, allerdings ebenso wenig.