Das Imperium schlägt zurück

Microsoft will mit riesigem Werbebudget der Xbox zur Marktdominanz verhelfen

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Während globale Multimillionen-Dollar-Unternehmen im Unterhaltungselektronikbereich, wie Electronic Arts, Eidos und selbst Sony mit defizitären Bilanzen zu kämpfen haben, kam nun gestern die spektakuläre Meldung hinzu, dass Microsoft scheinbar noch einiges an Kleingeld übrige habe. Der Riese aus Redmond plant nämlich, seine Xbox-Konsole nächstes Jahr mit einem Startbudget von einer halben Milliarde US Dollar in die Regale zu stellen.

Laut Gamefan kündigte Microsoft an, diese Summe in den ersten 18 Monaten der Produkteinführung in Marketing-Maßnahmen für die neue Konsole zu investieren. Fast pragmatisch wurde die Entscheidung von Robbie Bach, Senior Vice President der Spielabteilung, kommentiert: "Man kann so was nicht halbherzig machen. Dies ist eine längerfristige Investition und eine, die wir sehr ernst nehmen. Unser Hardwaredesign ist fertig. Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir die Fortschritte machen, die die Xbox tatsächlich zum Leben bringen werden. Xbox soll tief in den [Konsolen-]markt eindringen. Darüberhinaus soll die Konsole uns einen weiteren Anker im Heimmarkt liefern." Inwiefern diese Zahlen den Hauptkonkurrenten Sony Computer Entertainment beeindrucken sollen, ist fraglich.

Allerdings kommt die Meldung zu einem strategisch wohl kalkulierten Zeitpunkt. Gerade vor zwei Tagen gab der Sony -Konzern seine Quartalsbilanz bekannt. Obwohl der Großteil der verbuchten Verluste in Höhe von fast DM 30 Milliarden buchhalterischer Natur waren, kündigte das Unternehmen Umstrukturierungsmaßnahmen - auch in Hinblick der bevorstehenden Einführung der Playstation2 in den USA und Europa - an. Dabei verzeichnet die Konsole eine Medienpräsenz, die ihresgleichen sucht. Und mit einem Sortiment von 750 Spieltiteln bis 2002 und Vorbestellungen auf Hochtouren dürfte zumindest bis Weihnachten der neuen Konsole nichts im Wege stehen.

Dennoch wäre es nicht das erste Mal, das eine Maschine in petto eine Bedrohung darstellen würde. Die Playstation2 schaffte es schließlich, Segas Dreamcast-Konsole einiges an Wind aus den Segeln zu nehmen. Einen so großen Schlag wird Sony Computer Entertainment nicht erleiden müssen - die Fakten oben sprechen für sich. Dennoch hat Sony schon im blutrünstigen Konsolenkrieg einen, wenn auch kleinen Schlag hinnehmen müssen. In einer bisher einmaligen Entscheidung kündigte Mitte Juli die irisch-norwegische Unterhaltungssoftware-Firma Funcom an, keine Spiele für die PS2 zu entwickeln. Statt dessen wolle sich die Firma vollends auf Microsofts Xbox konzentrieren. Laut Pressemeldung habe man "Playstation2- und Xbox-Technologie seit mehreren Monaten getestet." Die strategische Entscheidung, alle Ressourcen in die neue Microsoft-Konsole zu setzen, wurde damit begründet, dass die Xbox, trotz verspätetem Markteintritt, nach Funcoms Einschätzung leistungsfähiger ist.

Bislang hatte die Firma sowohl für PC als auch für Playstation Spiele entwickelt. Mit Titeln wie "Speed Freaks" und "Championship Motocross" auf der Playstation hatte Funcom seine Expertise im Bereich der Playstation-Entwicklung unter Beweis gestellt. Gegenüber IGN sagte Pressesprecher Martin Lund aber, dass "die PS2-Konsole auf Technologie beruht, die sehr unterschiedlich ist zu Sonys erster Playstation. Es ist keine radikale Entscheidung: Wir glauben nur, dass wir konkurrenzfähiger sind mit der Xbox als mit der PS2." Weiterhin wird spekuliert, dass viele der unabhängigen Firmen, eben wie Funcom, die Schwierigkeit des Entwickelns sowohl finanziell als auch technisch zu spüren bekommen. Die Gefahr liegt darin, dass weitere kleine Firmen folgen werden, da sie nicht ausreichende Mittel für die Entwicklung von Playstation2-Spielen zur Verfügung haben.

Da die Xbox weitgehend auf PC-Technologie aufbaut, ist das Ausschlusspotential hier kleiner. Oder, wie Lund bestätigt, "ein Produkt kann schneller auf den Markt gebracht werden, wenn wir unser PC-Know-how voll ausnutzen." Zudem können bisherige PC-Titel leicht in das Sortiment aufgenommen werden. Sony Computer Entertainment dürfte mit Industrie-Schwergewischten wie Eidos, Ubi Soft, Konami, Electronic Arts, Infogrames und THQ an Bord zunächst keine größeren Probleme haben. Trotzdem könnte es zu Problem führen, wenn Microsoft zusätzlich zum geballten PC-Entwicklerpool sowohl PS2-Multis als auch den unabhängigen Markt an sich ziehen könnte.