Das Internet fest in staatlicher Hand
Die Ukraine sichert sich ab: die TLD wird nun von einem Komitee verwaltet, das zur Hälfte aus der Regierung, zur Hälfte aus dem ehemaligen Geheimdienst KGB besteht
Die Verwaltung der ukrainischen Top Level Domain (TLD) .ua oblag bisher der Firma Hostmaster. Doch bereits im Juli dieses Jahres ging die ukrainische Regierung vor Gericht, um ihrerseits die TLD-Verwaltung zu übernehmen. Gleichzeitig wandte sie sich an die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) damit diese die Übertragung der Verantwortlichkeit billigte. Anfang November stand die Entscheidung darüber noch aus und Robert Ménard von den Reportern ohne Grenzen zeigte sich bereits zu diesem Zeitpunkt höchst besorgt über die Situation in der Ukraine.
Zeitungen und ein Großteil der Media sind bereits in staatlicher Hand", sagte auch Robert Shaw von der International Federation of Journalists. "Das Internet zu kontrollieren ist bedeutend schwieriger, und es sieht so aus. als ob die Regierung nun hinter dem letzten offenen Zugang zu Informationen her ist."
Hostmaster protestierte dagegen, dass die Verwaltung der TLD in der Ukraine nun an ein Komitee übergehen sollte, das zur Hälfte aus der Regierung, zur anderen Hälfte aus dem ehemaligen Geheimdienst KGB besteht.
Die Geheimdienste waren aber auch sonst rührig. Nicht nur die Kontrolle der TLD sollte zur Hälfte in ihre Hände übergehen, auch die Regierung wurde angehalten, einen Gesetzesentwurf einzubringen, der dazu geeignet war, das Speichern und das Abhören der Telekommunikation rechtlich abzusichern. Offiziell wollte man die Telekommunikationsüberwachung damit den europäischen Standards angleichen, um damit das Verbrechen besser bekämpfen zu können.
Am 19 November dieses Jahres fand nun, weitgehend unbeachtet, die erste Lesung dieses neuen Gesetzes statt. Neben der Überwachung der Telekommunikation ermöglicht es der ukrainischen Regierung, das Publizieren im Internet zu untersagen, wenn es sich um Inhalte handelt, welche pornographischer Natur sind, Terror, Gewalt oder Diskriminierung in irgendeiner Form befürworten oder aber "die Ehre oder das geschäftliche Ansehen eines Individuums gefährden könnten". Auch Aufrufe zum Umsturz oder zu einer gewaltsamen Änderung der Verfassung wären nach dem neuen Gesetz verboten.
Die Formulierungen des Gesetzes jedoch sind eher schwammig. So wird bei den illegalen Inhalten von solchen gesprochen, "die der verfassungsmäßigen Ordnung schaden könnten". Darunter könnten auch kritische Kommentare fallen, welche sich mit eben diesem Gesetz befassen oder die die staatliche Kontrolle über die Medien allgemein nicht positiv bewerten. Das Gesetz wurde mit 269 von 335 Stimmen verabschiedet.
Robert Ménard sieht die Entwicklung in der Ukraine als kritisch an, wenn es um Informations-, Meinungs- und Pressefreiheit geht. Er forderte den ukrainischen Premierminister Victor Yanukovych dazu auf, sich mit Internetexperten und Organisationen zusammen zu setzen, welche sich mit der Meinungsfreiheit befassen. Hostmaster wird jedenfalls, was die Verwaltung der TLD angeht, in Berufung gehen.