Das interventionistische Emirat
Mali: Katar und die Unterstützung von dschihadistischen Gruppen
"Wir müssen unser Verhältnis zu Katar völlig überdenken", zitiert Alfred Hackensberger den Vorsitzenden des hohen islamischen Rates von Mali, Mohammed Diko. Grund für dessen Äußerung ist die Präsenz von Kataris im Norden des Landes, denen vorgeworfen wird, dass sie islamistische Gruppierungen unterstützen.
Offiziell unterstützt eine katarische Hilfsorganisation die medizinische Versorgung in Zusammenarbeit mit dem Roten Halbmond. Inoffiziell könnten die Transportflugzeuge aus Katar jedoch auch andere Hilfe bereitstellen, lassen Aussagen verstehen, wie etwa von einem europäischen Diplomaten, wonach die Transportmaschinen zwar das Zeichen des Roten Halbmonds trugen, "damit aber nichts zu tun hatten".
Ob in Tunesien, in Libyen oder in Syrien, Katar ist im Spiel. Die politische Führung machte sich seit Anfang des Konflikts in Syrien für eine Intervention stark. Das Emirat spielt eine maßgebliche Rolle bei den Waffenlieferungen an die Gegner Assads. Auch in Libyen unterstützte Katar Gruppierungen, die gegen Gaddafi kämpften, mit Beratern, Geld und Waffen. Und in Tunesien soll sehr viel Geld an die islamistische Partei Ennahda geflossen sein.
Katar hat also eine Vorgeschichte in diesen Spielarten der Einmischung und Katar behauptet seit einiger Zeit seinen Anspruch als führende arabische Regionalmacht und drängt auf einen Platz, den Ägypten und Saudi-Arabien früher innehatten (und dadurch auch in wachsender Konkurrenz zu Saudi-Arabien).
Folglich könnte man die Aktivitäten Katars in Mali als weiteres Puzzlestück in einem größeren Bild begreifen. Doch wirft das neben der Frage danach, wie das große Bild aussieht, eine Reihe anderer Fragen auf. Angefangen damit, wie die Interventionen Katars zugunsten islamistischer Gruppierungen in Mali belegt sind.
Schon im Juni vergangenen Jahres berichtete das französische Magazin Le Canard Enchaîné darüber, dass Katar die Gruppierungen "Nationale Bewegung zur Befreiung des Azawad" (MNLA), Ansar Dine, Al Qaida im islamischen Maghreb (AQMI) und die "Bewegung für Einheit und den Dschihad in Westafrika" (MUJAO) finanziell unterstütze. Als Quelle der Informationen wurde der französische Geheimdienst DRM angegeben.
Schon zuvor war von einem katarischen Flugzeug die Rede gewesen, das in Gao landete, "voll mit Waffen, Geld und Drogen" und sogar von Spezialtruppen aus Qatar. An der Präsenz Katars in Nord-Mali gebe es keinen Zweifel, kommentierte damals das Magazin Open Democracy, machte aber geltend, dass es sehr schwierig sei nachzuprüfen, wie präzise die Informationen des Canard Enchaîné sind. Der Bürgermeister von Gao, Sadou Diallo, sagte damals im französischen Fernsehen:
Die französische Regierung weiß, wer die Terroristen unterstützt. Zum Beispiel Katar.
Wenn das so ist, dann hat Frankreich, das in vielerlei Geschäften mit dem Emirat steht, ein Problem in Mali mit Katar. Im letzten Sommer dementierte der französische Geheimdienst DGSE die Vorwürfe gegenüber Katar. Man habe die Sache überprüft und keine Beweise gefunden.
Der Blogger The Moor next Door, spezialisiert auf die Region Maghreb und Sahelzone, hält die katarische Einmischung in Mali für plausibel, fragt sich aber, warum Katar die MNLA und Ansar Dine und AQMI unterstützt - welche Strategie verfolgt das Land damit? Und von wem kommt die Unterstützung? Von der Regierung oder sind es nur Angehörige des Herrscherhauses ohne Wissen des Emirs? Das Eigentümliche, so der Blogger, sei, dass die katarische Unterstützung, über die seit längerer Zeit gemunkelt werde, immer nur vage behauptet werde, genaue Beweise stünden aus.
Unbestritten sei aber, dass Katar schon seit den 1980er Jahren eine Präsenz über ein Netz an islamischen Wohltätigkeitsgruppen in der Sahelzone habe und man sie mit Geld dabei unterstützt habe, ihre religiösen Agenden zu verbreiten. Doch worin bestünde das politische Ziel der Unterstützung von Dschihadistengruppen durch Katar? In der Destabilisierung Algeriens, wie manche vermuten?
Eine mögliche Antwort, die man andernorts findet, wäre, dass es Katar darum geht, über ein möglichst großes Spektrum an Einflüssen in Westafrika und in der Sahelzone zu verfügen. Aus machtpolitischen Gründen und weil Mali für Zentral-und Westafrika wichtig ist, für Bodenschätze und Erwerb von landwirtschaftlich nutzbaren Flächen.