De-Dollarisierung: Wie nah ist der monetäre Machtwechsel?

Seite 2: Thronfolger China?

Die Mehrheit der 83 befragten Zentralbanken, so die FT, rechne damit, dass der Renminbi künftig an Einfluss gewinne. In Russland hat der Renminbi den Dollar als meist gehandelte Währung bereits ersetzt.

Die chinesische Zeitung Global Times brüstet sich indessen bereits damit, dass zwei Drittel der bilateralen Transaktionen in Rubel oder Renminbi abgeschlossen werden. Hat Trump doch recht und China plant, den Dollar vom Thron zu stoßen?

Die Chancen dafür stehen gut. Nicht zuletzt, weil die Gruppe der Staaten mit Dollar- beziehungsweise Hegemonie-Aversion rasant wächst: Neben den BRICS-Staaten zählen dazu etwa Indien, Saudi-Arabien, Argentinien, Venezuela, Pakistan oder die Emirate.

Dort werden entweder schon Handelsabschlüsse in Renminbi besiegelt (Brasilien, Emirate, Saudi Arabien) oder stehen unmittelbar bevor.

Selbst der französische Präsident Macron sprach sich bei seinem viel gerügten Besuch in Peking für die Unabhängigkeit von der "Extraterritorialität des Dollars" aus.

Beobachter wie der ehemalige Fed- und US-Finanzministeriums-Mitarbeiter Zoltan Poszar sprechen bereits von einer neuen monetären Weltordnung, einem "Bretton Woods III" unter Führung der asiatischen Großmacht. Dabei vertauschen sich gegenüber der von Telepolis beleuchteten US-Vision schlichtweg die Vorzeichen.

So stellt China nicht nur das "Swift-Äquivalent" CIPS (Telepolis berichtete), sondern plant auch, den Handel an der Shanghai Petroleum Natural Gas Exchange per digitaler Zentralbankwährung (CBDC) abzuschließen. Die Basler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) unterstützt jenes Projekt mit dem Namen "mBridge" nach Kräften.

Der russische Präsident Wladimir Putin brachte beim Treffen der BRICS-Staaten im vergangenen Jahr erneut das Projekt einer eigenen BRICS-Währung ins Spiel, die den Dollar als Reservewährung ablösen solle. Sollte sie zustande kommen, stehen die Chancen für eine "de-dollarization" gut.

Das hat der ehemalige Wirtschaftsberater der Trump-Administration, Joseph W. Sullivan, kürzlich im US-Polit-Magazin Foreign Policy am Beispiel der fiktiven und goldgedeckten Währung "bric" ausgeführt:

Würden die BRICS-Staaten für den internationalen Handel nur den Bric verwenden, […] hätte [etwa]Russland keine Notwendigkeit, die Erlöse aus dem bilateralen Handel in Dollar zu parken. Schließlich würde Russland den Rest seiner Importe mit Brics und nicht mit Dollar kaufen.[…] [Die] Mitglieder wären wahrscheinlich in der Lage, eine breitere Palette von Gütern zu produzieren als jede bestehende Währungsunion. […]

Aber die BRICS müssten nicht einmal nur untereinander Handel treiben. Da jedes Mitglied der BRICS-Gruppe in seiner eigenen Region ein wirtschaftliches Schwergewicht ist, wären Länder auf der ganzen Welt wahrscheinlich bereit, in der BRICS-Gruppe Geschäfte zu machen.

Joseph W. Sullivan, Foreign Policy

Eine vollständige Verdrängung des Dollars aus dem Welthandel sehen selbst Befürworter einer De-Dollarisierung in naher Zukunft nicht eintreten. Vielmehr rechnen sie – wie auch Sullivan – mit einer Koexistenz, ganz im Sinne der von Russland und China propagierten multipolaren Weltordnung:

Der Bric würde dem Dollar nicht so sehr die Krone vom Kopf reißen, sondern vielmehr das Gebiet, in dem er sich befindet, verkleinern. Selbst wenn die BRICS den Dollar abschaffen würden, würde ein Großteil der Welt immer noch den Dollar verwenden, und die globale Währungsordnung würde eher multipolar als unipolar werden.

Joseph W. Sullivan, Foreign Policy