"Dedollarisierung"

Grafik: TP

In Russland versucht man, sich von der amerikanischen Weltwährung zu lösen

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Im Frühjahr 2018 verhängten die USA mit der Begründung "andauernder und immer dreisterer boshafter Aktivitäten der russischen Regierung überall in der Welt" neue Sanktionen, die es russischen Unternehmen erschweren sollen, Geschäfte in der US-Währung Dollar zu machen. Dieses Ziel verfolgt man aber nicht nur im US-Kongress, sondern auch in der wichtigsten russischen Außenhandelsbank VTB, deren Präsident Andrej Kostin unlängst einen Plan zur "Dedollarisierung" präsentierte, dem ein verstärkter Einsatz von Rubel, Euro und Yuan bei internationalen Geschäften zugrunde liegt.

Nun hat sich die russische Regierung zu diesem Plan geäußert: Sie befürwortet zwar grundsätzlich eine Verringerung der "Abhängigkeit der Wirtschaft von der amerikanischen Währung", will aber niemanden dazu zwingen oder drängen, auf andere Währungen umzusteigen, wie das der EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vorhat. Kommt der Druck dafür aus Brüssel, muss sie das auch gar nicht, weil die EU der wichtigste Abnehmer von Energieträgern ist, die bislang überwiegend in Dollar gehandelt werden.

China, Iran, Türkei

Der andere wichtige Abnehmer von Öl und Gas ist China. Nach dem Ausbau der Ostsibirien-Pazifik-Pipeline ist Russland inzwischen sogar Chinas wichtigster Öllieferant. Peking signalisierte bereits die Bereitschaft, die Rolle seines Yuan bei solchen und anderen Geschäften zu stärken. Außerdem vereinbarten der russische Staatspräsident Wladimir Putin und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping bei einem Treffen im letzten Monat das Ziel, das aktuell etwa 100 Milliarden Dollar umfassende Handelsvolumen zwischen beiden Ländern um jährlich 30 Prozent zulegen zu lassen. Im Hintergrund dieses Vorhabens steht auch der Handelsstreit zwischen China und den USA, der chinesische Unternehmen unter Druck setzt, sich nach neuen Lieferanten und Exportmärkten umzusehen.

Ein drittes Land hat noch deutlich größere Schwierigkeiten mit den USA und ihrer Währung: Der Iran, für den nach dem Ausstieg der Amerikaner aus dem Atomabkommen wieder umfassende Sanktionen gelten, die im November ihren vollen Umfang entfalten. Mit ihm vereinbarte Russland im September, den zwischenstaatlichen Handel künftig in russischen Rubeln, iranischen Rial und türkischen Lira abzuwickeln. Dritter Partner dieses Abkommens ist nämlich die Türkei, die zwar ein NATO-Land ist, aber aktuell ebenfalls Differenzen mit den USA hat. Die konkrete Umsetzung der Vereinbarung sollen dem iranischen Zentralbankchef nach "Führungskräfte der türkischen, russischen und der iranischen Zentralbank" aushandeln.

Gold statt US-Staatsanleihen

Ein weiterer Schritt Russlands, sich vom Dollar zu lösen, ist das Abstoßen amerikanischer Staatsanleihen: Die wurden Bloomberg zufolge alleine dieses Frühjahr um über 80 Prozent auf danach nur mehr 14,9 Milliarden Dollar verringert. Stattdessen investiert das Land nun in eine Wertform, die es selbst fördert: Gold. Den Zahlen des World Gold Council nach verfünffachte sich der russische Goldschatz zwischen 2007 und 2018 fast - von 400 auf 1.944 Tonnen. Damit verfügt das Land, das einen Anteil von 3,09 Prozent am kaufkraftbereinigten globalen Bruttoinlandsprodukt hat, nun über 5,8 Prozent der weltweiten Goldbestände.

Vergleicht man die Entwicklung des Goldpreises mit der des Dollarkurses, war das für Russland ein schlechtes Geschäft, weil das Edelmetall im Vergleich zur US-Währung alleine 2018 fast neun Prozent an Wert einbüßte. Das gilt allerdings nur auf kurze Sicht, wie unter anderem der langjährige amerikanische Notenbankchef Alan Greenspan meint. "Gold", so der Ayn-Rand-beeinflusste Ökonom, ist nämlich "die ultimative Versicherungspolitik".

Ähnlich sieht das der Ökonomieprofessor Steve Hanke von der Johns Hopkins University in Baltimore, der hervorhebt, dass Gold im Gegensatz zum US-Dollar eine "staatenlose" und dadurch weniger politischem Einfluss ausgesetzte Währung ist. Er kann sich vorstellen, "dass Iran, Russland und die Türkei eine Art Gold-Block bilden werden, um sich unabhängig zu machen". China scheint diesen Weg ebenfalls zu beschreiten: Auch hier verkaufte man in den letzten Jahren US-Staatsanleihen im Wert von über 300 Milliarden Dollar und vergrößerte dafür den nun Goldschatz, der nun fast ebenso groß ist wie der russische.

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