Dem Klimawandel durch Anpassung begegnen
Interview mit Professor Hans von Storch vom Institut für Küstenforschung
Professor Hans von Storch ist Direktor des Instituts für Küstenforschung am GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht und Professor für Meteorologie an der Universität Hamburg. Zusammen mit dem Kulturwissenschaftler Professor Nico Stehr von der Zeppelin University in Friedrichshafen am Bodensee verfasste er den Aufsatz "Einsichten in das Machbare", in dem er die Reduktion der Klimadebatte auf die Energieverbrauchsvermeidung kritisiert.
Herr Professor von Storch - warum kritisieren Sie die einseitige Konzentration auf die CO2-Verringerung als Fehler?
Professor von Storch: CO2-Emissionsverminderungen sind in der Tat sehr nützlich. Es ist auch dringend notwendig, dass wir das tun. Nur werden wir das Problem des anthropogenen, von Menschen gemachten Klimawandels auf diese Art nicht wirklich lösen können. Auch wenn wir bei der Reduktion der Treibhausgase sehr erfolgreich sein würden, hätten wir es trotzdem noch mit anthropogenem Klimawandel zu tun. Diesem müssen wir dadurch begegnen, dass wir besser angepasst sind.
Sie halten das Erreichen einer effektiven CO2-Verringerung also für unwahrscheinlich?
Professor von Storch: Die CO2-Verringerung wird schon effektiv sein. Nur es geht eben nicht um Schwarz oder Weiß, sondern darum, wie grau die Geschichte wird. Sind wir mit unserer Klimapolitik erfolgreich, dann kriegen wir ein Hellgrau hin. Wenn wir weniger erfolgreich sind - und das kann ja durchaus sein - dann schaffen wir nur ein Dunkelgrau. Das Ganze ist eine Frage der Grauschattierung, nicht von Schwarz oder Weiß. Wir kriegen in jedem Falle einen von Menschen gemachten Klimawandel - den haben wir ja schon. Es geht nun darum, wie stark der wird. Dadurch, dass wir weniger emittieren, wird es gelingen, aus dem Dunkelgrau ein Hellgrau zu machen. Aber auch das Hellgrau bedarf unserer Aufmerksamkeit, nicht nur das Dunkelgrau.
Was wären denn sinnvolle Maßnahmen, mit denen man dem "Hellgrau" begegnen könnte?
Professor von Storch: Das wird in jedem Gebiet und in jeder Region anders sein. Das ist eine Frage, die regional zu behandeln ist. So werden beispielsweise in Bayern andere Maßnahmen notwendig sein als an der Küste. Beim Küstenschutz geht es insbesondere um die Gefahren des Meeres, also um Sturmfluten und den Seegang. Wir müssen damit rechnen, dass die Sturmfluten im Laufe dieses Jahrhunderts etwas höher auflaufen, auch wenn der Anstieg in den ersten Jahrzehnten eher zu vernachlässigen sein wird. Aber in 50 bis 60 Jahren kann das schon ein bisschen mehr sein. 70 cm sind plausiblel, höhere – und niedrige - Werte sind auch möglich.
Wir müssen darüber nachdenken, inwieweit wir einfach auf die Erhöhung der Deiche und verbesserte Küstenschutzmaßnahmen setzen oder ob wir auch zu anderen Strategien übergehen, die darin bestehen könnten, dass wir es hinnehmen, dass irgendwelche Gebiete ab und zu überflutet sind. Die betroffenen Menschen und Betriebe müssten das aber rechtzeitig vorher wissen. Vielleicht ist die Nachfrage nach agrarischen Nutzflächen dann ohnehin geringer, aufgrund der veränderten Agrarpolitik.
Ansonsten man sich natürlich Gedanken machen muss, ob denn die Abwassereinrichtungen in den Städten auch bei stärkeren Extremereignissen und Niederschlägen ausreichend sind. Wir müssen uns auch fragen, ob die Städte genügend belüftet sind. Denn wenn es heißer wird, können wir möglicherweise durch einen veränderten Städtebau dafür sorgen, dass das Stadtklima sich nicht ganz so stark verändert wie das restliche Klima. In den Alpen stellt sich dagegen die Frage, wo man heutzutage noch Skilifte hinstellen soll.
Was halten Sie von Fonds zum Risikoausgleich der Lasten des Klimawandels?
Professor von Storch: Darüber habe ich noch nicht nachgedacht und verstehe auch nicht viel davon. Aber: Nachdenken kann überhaupt nie schaden. Solchen Vorschlägen soll man mal nachgehen.
Und wo sehen Sie Forschungsbedarf für Maßnahmen, mit denen man die Symptome des Klimawandels bekämpfen kann?
Professor von Storch: Es geht vor allem darum, dass wir lernen müssen, wie das Klima regional aussieht, wie das Klima sich regional ändert. Nur so können wir uns fragen, was die Konsequenzen unseres bisherigen Handelns sein werden, wenn sich das Klima so oder so ändert, und welche Möglichkeiten wir haben, um darauf zu reagieren. Wir müssen also zuerst wissen, wie das regionale Klima aussieht, wie es zukünftig aussehen kann und welche Möglichkeiten wir haben, um auf die Veränderungen zu reagieren.
Wir brauchen viele regionale Studien und nicht nur - wie bisher - überwiegend globale Studien, die natürlich auch sehr wichtig sind. Aber für die Frage nach der Klimazukunft ist es ebenso wichtig, dass wir wissen, wie es denn regional oder auch lokal aussieht.
Zu diesem Zweck haben wir in unserer Einrichtung ein so genanntes Klimabüro eingerichtet, in dem wir die Kommunikation mit betroffenen Menschen, Firmen, Ämtern in Norddeutschland suchen.
Wir wollen erstens wissen, was denn die Sorgen der Menschen, Firmen etc. sind. Was wollen die eigentlich wissen? Welche Vorstellungen haben die? Viele dieser Ängste sind gehen an den realen Bedingungen vorbei, aber diese falschen Vorstellungen sind ja trotzdem da und somit sozial real. Die Aufgabe des Klimabüros ist daher festzustellen was wird überhaupt gefragt und wie können wir auf diese Fragen eingehen.
Zweitens versuchen wir unseren Adressaten zu erklären, welche Antworten wir haben und wieweit diese Antworten reichen, wie stabil oder unsicher sie sind. Hintergrund dieses Zugangs ist, dass wir feststellen müssen, dass zum einen die Wissenschaft die Sorgen der Öffentlichkeit nicht versteht und zum anderen auch die Öffentlichkeit die Wissenschaft in ihrer Unvollkommenheit nicht versteht.