Deplatforming und eine Charta der digitalen Redefreiheit
Seite 2: Die Redefreiheit und ihr Verhältnis zu Fake News
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Wie stichhaltig ist der Protest gebannter oder geblockter Anwender, ihr Grundrecht der freien Rede werde beschnitten? Auf den ersten Blick scheint das Argument nicht belastbar. Das Recht auf freie Rede ist in erster Linie ein Schutzrecht gegenüber staatlichen Eingriffen. Twitter etwa ist ein privates Unternehmen, das nicht verpflichtet ist, die freie Rede jedes einzelnen zu gewährleisten.
Im Gegenteil: Twitter selbst übt sein Recht auf freie Rede aus, indem es sich entscheidet, welche Inhalte der Dienst teilt und welche nicht. Philosophen wie Adriano Mannino weisen auf darauf hin, dass das Recht auf freie Rede durchaus seine Grenzen hat. Nicht jede Art der Aussage ist geschützt. Ein Verbot von Fake News wäre zu rechtfertigen (in eine ähnliche Kerbe schlagen auch Urteile des deutschen Verfassungsgerichtshofs, die unwahre Tatsachenbehauptungen von der Meinungsfreiheit ausschließen). Es scheint also gegebenenfalls angemessen, notorisch die Unwahrheit verbreitende Akteure aus sozialen Netzwerken zu verbannen.
Doch wer soll diese Entscheidungen treffen, und welche Rechte zum Einspruch hat ein Anwender? Aktuell entscheiden die sozialen Netzwerke eigenmächtig, üben sozusagen das digitale Hausrecht aus. Das mag nicht mehr gut genug sein, denn obwohl die Big-Five Privatunternehmen sind, haben sie doch eine Vormachtstellung inne.
Sie unterliegen damit möglicherweise ähnlichen Regeln, wie sie schon seit Jahrzehnten für Presse und Medien allgemein gelten: hier fördert der Gesetzgeber eine pluralistische Struktur sowohl durch eine gezielte Marktsteuerung als auch durch ein duales System privater und öffentlich-rechtlicher Angebote. Es könnte Zeit sein, gleiches auch für die sozialen Medien zu fordern. Ein öffentlich-rechtliches soziales Netzwerk oder eine Zerschlagung der Marktriesen könnte den Weg dorthin weisen.
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