Der Fleischgerichte-Programmierer
Teuer und ineffizient: Die Webseite der Bundesagentur für Arbeit serviert virtuellen Arbeitsquark
Nach den Querelen um Florian Gerster und seinen Nachfolger Frank Weise ist die Zukunft der Bundesagentur für Arbeit gesichert. Nun besinnt sie sich wieder ihre wahren Stärken: Arbeitslosen keinen Job zu vermitteln. Bei rekordverdächtigen Besucherzahlen zeigt sich, wie altbacken die umfirmierte frühere Bundesanstalt noch ist.
Die Nürnberger Arbeitslosenverwaltung war vor wenigen Jahren noch als inkompetente Behörde verrufen, dies hat sich nachhaltig geändert. Kompetenz wurde extern eingekauft, für viel Geld und über den marktüblichen Preisen. Prompt wurde der ungeliebte "Reformator" Florian Gerster Januar von Gewerkschaftern und Arbeitgebern gemeinsam aus dem Amt gejagt. Doch auch unter dem neuen Chef Frank Weise macht der "Virtuelle Arbeitsmarkt" noch keine gute Figur.
Als großer Wurf sollte sie gefeiert werden, die neue Website der Bundesagentur für Arbeit. Und legte einen klassischen Fehlstart hin, war tagelang so gut wie nicht zu erreichen. Vielleicht auch besser so, denn - mittlerweile ist das 65 Millionen Euro teure Projekt erreichbar - der Praxistest fällt vernichtend aus.
Die Eingabe als Arbeitgeber: "Programmierer / Job / PLZ-Bereich 10" fördert nur wenige Programmierer zutage. Damit überhaupt etwas gefunden wird, wird angeboten, was der Kategorie Job und Postleitzahl entspricht. So bekommen wir einen Betriebswirt, der insbesondere durch die Eigenschaft "Grillgerichte: Hervorragend" besticht. Name "Anonym", Einsatzort "Diverse", Berufsbezeichnung "Diverse". Das sind für die Bundesagentur immerhin 50% Trefferquote. Außerdem bietet man Erntehelfer, Fitnesstrainer und einen immerhin 20 Jahre alten Programmierer "mit über 3 Jahren Berufserfahrung" an. Die Suchumkehrung als Arbeitnehmer bringt uns bundesweit immerhin ein Stellenangebot in Köln ein.
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Woanders gibt es offensichtlich dringenden Bedarf: Die Fähigkeiten der ausführenden Unternehmensberatung Accenture sind doch eher begrenzt. "Aus Sicherheitsgründen" darf der geneigte Besucher nicht die gewohnten Browserbefehle für Vor- und Zurück benutzen, ohne zwangsläufig auf Null zurückzukehren. Eine Disziplinarmaßnahme, über die sich potenzielle Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen freuen.
Zum Glück gibt es Bea
Als besonders innovative Maßnahme präsentierte die Bundesagentur (BA) die Onlinehilfe "Bea", die Arbeitnehmern und Arbeitgebern ohne jede Interaktionsmöglichkeit das Onlineangebot vorstellt. Wie auch bei den Suchalgorithmen ist hier kräftig am falschen Ende gespart worden: Beas Stimme qualifiziert sich sowohl für Telekolleg II-Sendungen zur Kernphysik - als auch für die Sendung mit der Maus. Informativ ist sie dennoch, weist sie Besucher doch darauf hin, dass die Bewerber bis dato ihre Bewerbungsunterlagen nicht über das BA-System verschicken können.
Dass es besser und für einen Bruchteil der Summe geht, haben kommerzielle Anbieter bereits bewiesen. Die Bundesagentur für Arbeit hat mit ihrem "Virtuellen Arbeitsmarkt" nicht nur die Nutzer unterschätzt. Auch moderne Finanzierungstechniken hat die Arbeitsagentur bis dato nicht umgesetzt. Mit einer Million Pageviews pro Tag, doppelt soviel wie von der Bundesagentur angenommen, ist arbeitsagentur.de auch als Werbeplattform im Web interessant. Um wenigstens einen kleinen Teil der 65 Millionen Euro wieder einzuspielen.