Der Terror nützt der herrschenden Elite

Der Terrorismus fragmentiert den Klassenkonflikt und lässt die Knechte sich gegenseitig bekämpfen

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Und sofort ist es Terror. Wieder einmal. Immer wieder, in stets gleichbleibender Weise. Fast so, als ob es sich um ein bereits geschriebenes Drehbuch handele, ein schreckliches Drehbuch, das in regelmäßigen Abständen inszeniert werden soll. Diesmal war Berlin an der Reihe. Erlauben Sie mir einige sehr allgemeine Bemerkungen zum Terrorismus und seiner Funktion im historischen Rahmen nach dem Jahr 1989.

1. Die Angriffe werden immer einzig auf die untergeordneten, prekarisierten, unterbezahlten und mehr als ausgenutzten Massen ausgeübt. Seltsamerweise wird der rasende Zorn von Terroristen nie an den wirklichen Orten der westlichen Macht ausgelassen: Banken, Finanzzentren usw. Niemals werden die Herren der Globalisierung auch nur gestreift.

Die Terroristen haben angeblich den Krieg erklärt und dann greifen sie nur die geknechteten Massen an, um somit - rein zufällig - den Herren der Globalisierung und der entwurzelten Finanzelite einen guten Dienst zu leisten: die zusehen, wie ihr Klassenfeind (die lumpenproletarischen, prekarisierten und verarmten Massen) buchstäblich bombardiert wird und durch Dritte explodiert.

2. Der Terrorismus erzeugt eine grandiose Blickverschiebung, weg vom Hauptwiderspruch, dem Zusammenhang der klassistischen, zum Finanzkapitalismus gewordenen Macht. Alle Medien machen uns glauben, dass unser Feind der Islam sei und nicht der tägliche Terrorismus des Finanzkapitalismus (imperialistische Kriege, Massaker von Arbeitern, Selbstmorde von Kleinunternehmern, in den Ruin getriebene Völker).

3. Sie wollen uns jetzt glauben machen, der Feind des jungen christlichen Arbeitslosen sei der junge islamische Arbeitslose, und nicht der Vertreiber, nicht der Finanzmagnat, nicht der staatenlose und entwurzelte Herr des Globalismus, der die Welt in der Ungleichheit des freien Marktes gleichmacht. So bleibt der Konflikt zwischen Knechten und Herren wieder einmal an der Basis fragmentiert. Es handelt sich um einen weiteren Krieg unter Armen, von dem nur diejenigen profitieren, die nicht arm sind. Der Terrorismus fragmentiert den Klassenkonflikt und lässt die Knechte sich gegenseitig bekämpfen (Muslime gegen Christen, Morgenländer gegen Abendländer).

4. Der Terrorismus ermöglicht die Aktivierung eines Sicherheitsparadigmas, das wiederum nur dem globalisierten Herrn der Finanzmacht nützt. Es wird das amerikanische Modell "Patriot Act" aktiviert: Zur Gewährleistung von Sicherheit, wird Freiheit entzogen. Weniger Protestfreiheit, weniger Organisationsfreiheit, mehr Kontrollen, mehr Untersuchungen, mehr Einschränkungen. Die verängstigten Massen akzeptieren, was sie unter normalen Umständen niemals akzeptieren würden: den Verlust der Freiheit im Namen der Sicherheit.

5. Stellen wir uns darauf ein - es werden die Weichen für neue Kriege gestellt: terroristische und kriminelle Kriege gegen die Verbrechen des Terrorismus. Wie es in Afghanistan geschah (2001) und vor kurzem in Syrien. Der Terrorismus rechtfertigt den westlichen Imperialismus, den humanitären Interventionismus, ethische Bombardierungen, die gerechten Kriege und tausend andere Praktiken à la Orwell, die mit ihrem Namen genannt selbst unter die Kategorie Terrorismus fallen würden. Der dem kapitalistischen Regime wesensgleiche westliche Imperialismus wird von den terrorisierten und unterjochten Massen gerechtfertigt und akzeptiert.

Im Gegensatz zu Pasolini kenne ich nicht die Namen. Ich glaube allerdings zu wissen, was Terrorismus wirklich ist. Er ist der Höhepunkt eines Kapitalismus, dessen Hegemonie (um es mit Gramscis Worten auszudrücken) in einer Krise steckt, in der alles unternommen wird (buchstäblich: alles), um den Konsens zu fördern, um die Massen gleichzuschalten, um abweichenden Meinungen Ungemach zu bereiten, um das Bewusstsein zu synchronisieren, um sicherzustellen, dass die Liebe und der Hass der Massen in geeigneter Dosis dorthin gelenkt werden, wo die Herren des Globalismus sie hinlenken wollen.

Übersetzung Jenny Perelli

Diego Fusaro, 1983 in Turin geboren, lehrt Philosophie an der Mailänder Universität. Als unabhängiger Freidenker, intellektueller Dissident, der politisch weder rechts noch links anzusetzen ist, verblüfft er seit geraumer Zeit ganz Italien mit seiner eigenwilligen, neoidealistischen Auslegung des Marxschen Gedanken. In seinen Büchern beschreibt er die Widersprüche des Systems und des Lebens des postmodernen Menschen. Fusaro betreibt die Website filosofico.net.