Der erste grüne Staatspräsident der EU
In Lettland tritt mit dem bisherigen Verteidigungsminister ein olivgrüner Präsident an, mit dem sich auch Russland zufrieden gibt
Das lettische Parlament hat am Mittwoch mit dem Verteidigungsminister Raimonds Vejonis einen Sicherheitsexperten mit 55 von 100 Stimmen zum Präsidenten gewählt. "Meine erste Priorität wird die Sicherheit sein, im Innern wie im Äußeren", erklärte der Vorsitzende der Partei "Grüne und Bauern", die an der Koalition der Mitte-Rechts-Regierung unter Laimdota Straujuma beteiligt ist. Der 73-jährige Amtsinhaber Andris Berzins wollte nicht zum zweiten Mal antreten.
Das auf vier Jahre gewählte Staatsoberhaupt hat in dem Land mit 2,1 Millionen Einwohnern primär protokollarische Funktion. Er kann jedoch beschlossene Gesetze des Parlaments ablehnen und wirkt als Oberhaupt der Streitkräfte. Der 48-jährige gilt als Pragmatiker, der sich einen Dialog mit dem Nachbarn Russland weiterhin vorstellen kann, wie er sich gegenüber der russischsprachigen Zeitung in Lettland "Vesti Segodnja" äußerte.
Gleichzeitig hat sich Vejonis als Verteidigungsminister angesichts der Ukraine-Krise für eine erweiterte NATO-Präsenz und die Anwesenheit amerikanischer Truppen stark gemacht. Die lettische Armee wurde durch seine Anweisung ab Februar mittels ständiger unangekündigter Kontrollen und vermehrten Manövern auf einen möglichen Grenzkonflikt vorbereitet. "Wir werden auf die grünen Männchen schießen", sagte Vejonis in Anspielung der Krim-Annexion mittels ungekennzeichneter Uniformierter aus Russland. Lettland registrierte in jüngster Zeit immer wieder die Verletzung seiner See- und Luftgrenze von russischer Seite.
Die staatseigene russische Zeitung "Russiskaja gaseta" begrüßte am Donnerstag dennoch die Wahl. Zwar wird Vejonis Vorhaben missbilligt, amerikanische Luftabwehrraketen des Typs Stinger zu erwerben, doch habe der Politiker sich bislang "beleidigenden und erniedrigenden Äußerungen" gegenüber Russland enthalten. Eine Anspielung auf nationalistische und konservative Politiker in Lettland. Zudem würde der im russischen Pskow geborene Lette mit der russischen Minderheit vorbehaltlos auf Russisch sprechen - ein wichtiger Punkt.
In Lettland leben etwa 25-30 Prozent russischsprachige Einwohner, wovon viele aufgrund mangelnder Lettisch-Kenntnisse nicht die volle Staatsbürgerschaft besitzen. Die Partei "Zentrum der Harmonie", die vornehmlich von ihnen gewählt wird, erreicht in der Regel die meisten Stimmen, wurde bislang von einer Regierungsbildung aber ausgeschlossen. Darüber berichten die russischen Medien immer wieder - teils im aggressiven Ton und mit Halbwahrheiten und Übertreibungen, so dass lettische Politiker fürchten, die Minderheit könne aufgewiegelt werden.
Vejonis, der in den neunziger Jahren noch als Biologie-Lehrer gearbeitet hat, ist der erste grüne Staatspräsident innerhalb der EU. Der Politiker, der von 2002 bis 2011 als Umweltminister wirkte, will sich neben der Verteidigungspolitik für mehr ökologische Gesetze und ein vereinfachtes Steuersystem engagieren.