Der ewige Streit um das Kopftuch
Der Hijab - ein Kleidungsstück der Unterdrückung?
Das Kopftuch (oder der Hijab) sorgte in den letzten Tagen mal wieder für viele Schlagzeilen. Grund dafür ist eine Barbie-Figur, die einen Hijab trägt, veröffentlicht vom Spielzeughersteller "Mattel". Als Vorlage dieser Puppe diente die US-amerikanische Olympionikin und Säbelfechterin Ibtihaj Muhammad, die als erste muslimische Athletin für die Vereinigten Staaten eine Medaille bei den Olympischen Spielen im Jahr 2016 gewonnen hat.
Aber auch in Österreich sorgte das Kopftuch für Headlines. Die 16-Jährige Rayouf Alhumedhi, eine Schülerin der Vienna International School, wurde vom Time Magazin unter den 30 einflussreichsten Teenagern der Welt gewählt, weil sie es mit ihrer Kampagne geschafft hat, Apple zu überzeugen, ein kopftuchtragendes "Emoji" einzuführen.
In Österreich gab es von Seiten der FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) für die Würdigung der beiden Musliminnen heftige Kritik. Die Auszeichnung für die Durchsetzung eines Emojis mit Kopftuch sei "irrsinnig", da dieses Kleidungsstück ein Zeichen der Unterdrückung der Frau und Symbol des "politischen Islams" sei. Der Begriff "politischer Islam" wird von der FPÖ, aber auch von anderen österreichischen Parteien sehr gerne verwendet. Dies wurde auch in den Wahlkampagnen und TV-Auftritten der Parteien im Rahmen der Nationalratswahl 2017 ersichtlich. Was der politische Islam konkret sein soll, wurde allerdings nicht geklärt.
Das Vorurteil, dass der Hijab ein Symbol der Unterdrückung gegenüber der Frau sei, ist nichts Neues. Paradoxerweise glaubten bereits einige Kolonialherren um 1900, dass es ihre Aufgabe sei, die Frauen vor dieser Unterdrückung in den Kolonien zu befreien.
Ein Name, der dabei heraussticht, ist jener des britischen Kolonialisten Evelyn Baring, der von 1883 bis 1907 Generalkonsul in Ägypten war. Ein Mann der sich im eigenen Land allerdings später als Verfechter gegen das Frauenwahlrecht stark gemacht hat.
Es ist häufig der Fall, dass zu undifferenziert mit dieser Thematik umgegangen wird. Es gibt zu viele unterschiedliche Interpretationen, als dass man pauschal sagen könnte, der Hijab sei ein Symbol der Unterdrückung oder der Freiheit.
Der Stellenwert des Hijabs im Islam
Im Koran gibt es einige Verse, aus denen die Pflicht des Tragens eines Kopftuches abgeleitet werden kann. So heißt es beispielsweise in Sure 24, Vers 31: "Und sprich zu den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Scham bewahren, ihren Schmuck nicht offen zeigen, mit Ausnahme dessen, was sonst sichtbar ist. Sie sollen ihren Schleier auf den Kleiderausschnitt schlagen [...]"
Im Koran wird allerdings nicht darauf eingegangen, wie genau die Form der Bekleidung sein soll, weshalb sich eine Fülle von unterschiedlichen Kleidungsstilen über die Zeit bemerkbar gemacht hat. Für viele Muslime ist das Tragen eines Kopftuches ein Muss, andere behaupten, es reiche, wenn die Frau den Busen verdeckt hält und sich nicht allzu freizügig zeigt. Wieder andere sind davon überzeugt, dass die Vollkörperverschleierung verpflichtend ist. Letzteres ist in Österreich seit dem ersten Oktober verboten.
Das Kopftuch ist allerdings nicht erst durch den Islam eingeführt worden, sondern war auch in vorislamischer Zeit präsent. Christen und Juden trugen ebenfalls Kopftücher, lange vor der Zeit des islamischen Propheten Mohammads. Dennoch haben Frauen nach dem Übertritt zum Islam aus den unterschiedlichsten Gründen angefangen, ein Kopftuch zu tragen, nicht zuletzt auch, um ihre Zugehörigkeit zur islamischen Religion erkennbar zu machen. Das Kopftuch gehört demnach zum Teil zur muslimischen Identität. Auch die junge Schülerin Rayouf Alhumedhi hat in einem Interview gemeint, dass sie sich durch das Tragen des Hijabs, Gott näher fühle.
Manche tragen das Kopftuch mit der Begründung, sich nicht vom Äußeren abhängig machen zu wollen. Der Hijab könnte also auch den Zweck einer Uniform erfüllen, aus dem nicht sichtbar wird, welchen sozialen Rang die Frau angehört. Es ist auch häufig die Meinung vertreten, dass sowohl Mann als auch Frau ihre volle Schönheit nur den engsten Familienangehörigen zeigen dürfen. Allerdings sind auch banalere Gründe keine Seltenheit. Einigen ist es schlicht und einfach zu umständlich, sich jeden Tag die Haare stylen zu müssen, weshalb sie auf den Hijab zurückgreifen.
Wie man sehen kann, gibt es also die unterschiedlichsten Begründungen für das Tragen dieses Kleidungsstücks. Die Aussage zu tätigen, dass das Kopftuch ein Symbol der Unterdrückung und des Rückstandes sei, ist viel zu einfach und schwarz-weiß gedacht. Natürlich gibt es auch Ehemänner oder Familien, die die Frauen dazu zwingen, einen Hijab oder eine Ganzkörperverschleierung zu tragen. Allerdings gibt es eben auch zahlreiche Frauen, die sich freiwillig dazu entscheiden, diesen Kleidungsstil zu wählen.
Oft bekommt man den Eindruck, dass eine muslimische Frau erst frei ist und akzeptiert wird, wenn sie kein Kopftuch trägt und sich dem westlichen Kleidungsstiel anpasst. Wie sich jemand anzieht, ist eine sehr persönliche Sache und sollte nicht von jemand anderen erzwungen werden. Auch das Aufzwingen eines Kopftuchs ist natürlich falsch und es widerspricht auch den Lehren des Islams, denn im Koran heißt es in Sure 2, Vers 256: "Es gibt keinen Zwang in der Religion."