Der rechte Block hat zugelegt
Monatelang beherrschte die Bayernwahl die Schlagzeilen. Nur hat sich erwartungsgemäß wenig geändert
Unrealistische Erwartungen haben in den letzten Wochen viele Medienvertreter in Bezug auf die Bayernwahl vertreten. Mindestens eine grünschwarze Koalition sollte das Ergebnis sein. Manche phantasierten gar von einer Regierung ohne die CSU in Bayern. All das hätte natürlich wenig grundsätzlich verändert.
Die reibungslose Kapitalverwertung wäre bei jeder denkbaren Konstellation gewahrt gewesen. Vielleicht hätte sogar manche Stütze der bürgerlichen Gesellschaft der CSU eine Reorganisation in der Opposition oder zumindest ein Korrektiv durch einen Regierungsantritt der Grünen gewünscht.
Schließlich ist diese Partei heute die größte Interessenvertreterin der modernen Kapitalfraktionen, die ausländische Arbeitskräfte ebenso brauchen wie neue Energieformen. Doch dazu wird es wohl nicht kommen.
Freie Wähler als "AfD light"
Der rechte Bürgerblock kann weiterregieren. Denn mit den Freien Wählern steht ein Koalitionspartner bereit, der sicher einige Personalfragen stellen und manche auch an der CSU-Basis umstrittene Großprojekte stoppen wird. Mit ökologischen oder flüchtlingsfreundlichen Forderungen dürften sie die CSU hingegen nicht behelligen.
Schließlich haben sich in dieser Frage führende Politiker der Freien Wähler wie CSU und AfD positioniert. Tatsächlich haben die meisten Medien trotz ihres Overkill an Bayernwahl-Informationen nicht erwähnt, dass die Wähler in Bayern eine rechte Alternative zur AfD hatten, die nicht so offen mit dem ganz rechten Rand kontaminier ist.
So hätte auch der Landshuter Landrat der Freien Wähler, Peter Dreier die AfD-Parole "Wir halten, was die CSU verspricht" plakatieren können. Im Januar 2016 schickte er Migranten, die in seiner Gemeinde aufgenommen wurden, nach Berlin und auch die konservative Presse übernahm das rechte Gerede, er habe die Flüchtlinge zu Merkel geschickt. Die Welt zitiert Dreier so:
Wenn Deutschland eine Million Flüchtlinge aufnimmt, entfallen rechnerisch auf meinen Landkreis 1.800. Die nehme ich auf, alle weiteren schicke ich per Bus weiter nach Berlin zum Kanzleramt.
Peter Dreier, Die Welt
Wenn solche Aktionen von einem AfD-Politiker gekommen wären, hätte es Empörung in der Republik gegeben. Bei einem Politiker der Freien Wähler gilt so etwas als mutige Tat. So konnten also die Wähler mit dieser Formation eine "AfD light" wählen und der Rechtsblock kann weiterregieren.
Die vor den Wahlen rauf und runter diskutierten personellen Konsequenzen in der CSU werden erstmal auf einen Termin nach den Hessenwahlen verschoben. Auch danach wird es weitere Gründe der Verzögerung geben. Das haben wir von der SPD nach der Bundestagswahl gesehen.
Das sozialdemokratische Spektrum - die eigentlichen Verlierer
Die SPD ist die eigentliche Verliererin, kam sie doch der 5% -Hürde bedrohlich nah und muss mit einem Platz neben den Grünen und drei Rechtsparteien vorlieb nehmen. Auch die neue Sozialdemokratie, die Linke, konnte von dem desolaten Ergebnis der SPD nicht profitieren. Das muss für sie in einem Bundesland besonders schmerzlich sein, aus dem führende Gründer der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit, einer der Quellparteien der Linken, kommen.
Das einzige Positive für die Linke ist, dass besonders viele junge Leute den Wahlkampf bestritten, was man noch am Samstag vor den Wahlen in der Aschaffenburger Innenstadt sehen konnte. Dort präsentierte sich die Linke jung und modern, mit frechen Wahlsprüchen und deutlich anders als alle anderen Parteien. Es soll nur niemand sagen, dass man hier sieht, dass die Partei den Anschluss an die Arbeiterklasse verloren hat.
Die jungen Menschen, die dort Wahlkampf machten, haben sicher schon Erfahrungen mit prekären Arbeitsverhältnissen in unterschiedlichen Zusammenhängen gemacht. Es war das neue Gesicht der Lohnabhängigen, das dort zu sehen war. Nur bleibt die Frage, ob es genug Kolleginnen und Kollegen gibt, die das genau so sehen.
Doch nur sie kann das Lager der Solidarität stärken gegen eine Arbeiterbewegung von rechts, die Soziologen in einer Studie vor allem in Teilen der fordistischen Lohnabhängigen ausgemacht haben. Die Konsequenz bedeutet nun nicht, diese fordistische Arbeiterbewegung rechts liegen zu lassen.
Doch die Vorreiterfunktion für eine Entwicklung im emanzipatorischen Sinne liegt bei den Beschäftigten im Caresektor, im Krankenhaus etc. die eben nicht mehr dem Klischee der weißen, männlichen Fabrikarbeiter entsprechen. Diese neuen Segmente der Lohnabhängigen könnten auch Teile der fordistischen Arbeiterklasse mitziehen, wenn sie zeigen, dass sie Arbeitskämpfe gewinnen können.
In den letzten Monaten war viel über Großdemonstrationen gegen rechte Politik, gegen das neue Polizeigesetz und gegen hohe Mieten in Bayern die Rede. Im Wahlergebnis hat sich das aber nicht niedergeschlagen: Der rechte Block hat weiter eine absolute Mehrheit, das sozialdemokratische Lager bleibt insgesamt unter 15 % und die bürgerlichen Grünen müssen weiter auf das Mitregieren warten.
Wirkliche gesellschaftliche Opposition wird es weiter nur auf der Straße und in Arbeitskämpfen geben. Die neue Rechtsregierung aus CSU und Freien Wählern dürfte genug Anknüpfungspunkte liefern. Es wird sich zeigen, ob das von der außerparlamentarischen Opposition aufgegriffen wir und ob es gelingt, längere Arbeitskämpfe zu führen und auch zu gewinnen. Hier und nicht in Parteienkonstellationen und Personaldiskussionen liegt die einzige Chance für eine grundsätzliche Opposition.