Der tödliche Biss des tasmanischen Teufels

Gesichtsverlust kann das Ende bedeuten

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Er ist eines der Wahrzeichen Tasmaniens, der Teufel, ein kleines Beuteltier, das seinen schauerlichen Namen den markerschütternden Schreien verdankt, die er nachts auf der Jagd ausstößt. Seit zehn Jahren erkranken immer mehr der possierlichen Raubtiere an einem Krebs im Gesichtsbereich, der Devil Facial Tumour Disease. Eine grauenhafte Krankheit, die sich wie eine Seuche ausbreitet. Eine neue Studie australischer Forscher verdeutlicht, dass das bösartige, sich ausbreitende Gesichtsgeschwür wahrscheinlich ansteckend ist.

In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsjournals Nature berichten Anne-Maree Pearse und Kate Swift vom Department of Primary Industries, Water and Environment im tasmanischen Kings Meadows über die Analyse des Erbgutes der Devil Facial Tumour Disease (Transmission of devil facial-tumour disease in: Nature Vol 439|2 February 2006|doi:10.1038/439549a). Sie stellten fest, dass die Chromosomen in den Tumoren sich grundlegend verändert haben und zwar bei jedem untersuchten Tier. Das spricht dafür, dass die tasmanischen Teufel sich bei ihren Kämpfen untereinander infizieren.

Video eines schreienden und ansonsten sehr putzigen tasmanischen Teufels vom Department of Primary Industries, Water & Environment, Tasmania

Der tasmanische Tiger (Thylacinus Cynocephalus), das Wappentier des australischen Bundesstaates, starb wahrscheinlich 1936 aus und wird seither begeistert von Kryptozoologen gejagt (vgl. Fotos nähren Hoffnungen: Beutelwolf doch nicht ausgestorben?). Jetzt sieht es so aus, als könnten auch die letzte Stunde seines kleinen Bruders, des Sarcophilus harrisii oder Beutelteufels gekommen sein.

Fatale Kämpfe

1996 tauchte die Devil Facial Tumour Disease zum ersten Mal auf. Seither hat diese tödliche Krankheit in den von Beutelteufeln dicht besiedelten Gebieten 90 Prozent der Tiere dahin gerafft; insgesamt starb fast die Hälfte des Bestands. Der Krebs beginnt im Mundbereich, schnell entstehen Geschwüre an den Lippen, unter der Zunge und am Gaumen. Von dort aus breiten sie sich in den Nacken, über das ganze Gesicht und die Augenhöhlen aus. Die Tiere verenden erbärmlich, sie verhungern ganz langsam über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten und werden dann tot mit von den Krebsgeschwüren zerfressenen Gesichtern gefunden. Wie die Erkrankung so schnell um sich greifen konnte, darüber rätseln die Wissenschaftler seit Jahren (Teuflische Bedrohung des tasmanischen Teufels). Es handelt sich nicht um einen Virus, wie zuerst vermutet wurde. Aber es könnte sich um eine übertragbare Tumorzelle handelt, die auf eine zufällige Mutation in einem Tier zurückzuführen ist. Durch Bisse gelangt die Zelle in den Mundbereich anderer Tiere und breitet sich dort aus. Die tasmanischen Teufel kämpfen oft miteinander, besonders in der Brunftzeit beißen sie sich dabei gegenseitig blutig, wobei vor allem Verletzungen an der Schnauze entstehen.

Die Teufelchen sind alle sehr eng miteinander verwandt, ihre Gene stimmen weitgehend überein. In der Vergangenheit war der Bestand schon einmal sehr stark reduziert und ihre starke genetische Ähnlichkeit wird ihnen nun zum Verhängnis. Die neuen Analysen von Anne-Maree Pearse und Kate Swift bestätigen diese Annahme.

Ein Jahr lang sammelten die Forscherinnen Proben von verstorbenen Beutelteufeln und sahen sich das Erbgut des veränderten Gewebes genau an. Dabei zeigte sich, dass die Chromosomen stark modifiziert waren und zwar bei allen Tieren in identischer Art und Weise. Normalerweise haben die Sarcophilus harrisii 14 Chromosomen, wovon das siebte Paar das Geschlechtschromosom darstellt. In den bösartigen Gesichtsgeschwüren finden sich dagegen nur 13 abnormale Chromosomen. Die beiden Geschlechtschromosomen fehlen ebenso wie beide Chromosome Nummer 2 und eins von 6. Außerdem wurden vier überzählige, nicht identifizierte Markerchromosomen entdeckt.

a) normaler Chromosomensatz eines männlichen tasmanischen Teufels, b) Chromosomen der Gesichtstumore (Devil Facial Tumour Disease) (Bild: Anne-Maree Pearse)

Bei einem toten Tier entdeckten sie eine genetische Mutation im normalen Gewebe, aber nicht im Tumor – was dafür spricht, dass sich das bösartige Geschwür nicht aus eigenen Zellen entwickelt hat.

Anne-Maree Pearse und Kate Swift vermuten, dass die Beutelteufel sich bei ihren Kämpfen anstecken, indem eine infektiöse Zelllinie von einem Tier auf das andere übertragen wird. Durch ihre enge genetische Verwandtschaft gibt es keine Abstoßungsreaktion des transplantierten fremden Gewebes und der Krebs beginnt sich auszubreiten. Eine wahrscheinliche Erklärung, aus der sich neue Möglichkeiten für die Behandlung der Devil Facial Tumour Disease ergeben könnten. Ein Lichtstreif am Horizont für den tasmanischen Teufel