Deutsche Internet-Wirtschaft fordert: Keine Sondersteuern auf das Internet
Internet-Steuern kosten über eine halbe Million Arbeitsplätze
In einer Presseerklärung fordert der Verband der deutschen Internet-Wirtschaft, eco Electronic Commerce Forum e.V., Köln, daß es keine Sondersteuern auf das Internet geben dürfe. Internetsteuern würden die deutsche Wirtschaft über eine halbe Million Arbeitsplätze kosten und den auf 40 Mrd DM geschätzten Zukunftsmarkt des ECommerce nachhaltig gefährden.
Eco wendet sich in deutlichen Worten an den designierten Bundeskanzler Gerhard Schröder. Die neue Bundesregierung solle die Empfehlungen der OECD-Konferenz über Electronic Commerce vom 7.-9. Oktober im kanadischen Ottawa künftig schrittweise in deutsches Recht umsetzen, erklärt eco-Geschäftsführer Harald A. Summa, der die deutschen Interessen auf der Ottawa-Konferenz vertritt. Der Verband fordert die neue Bundesregierung auf, sich intensiver um die internationalen OECD-Gespräche zum Thema Electronic Commerce zu kümmern.
Dort werden zentrale politische und wirtschaftliche Grundlagen für die Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts geschaffen. Man muß wohl davon ausgehen, daß andere Staaten und hier insbesondere die USA dieses Thema an sich reißen werden. Ich bin aber sehr hoffnungsvoll, daß die neue Regierung künftig für eine stärkere Präsenz deutscher und europäischer Interessen beim elektronischen Geschäftsverkehr sorgen wird.
Harald A. Summa, eco-Chef
Insbesondere wendet sich der Verband gegen bisherige Überlegungen im Bundesministerium für Finanzen (BMF) zur Änderung der Steuergesetzgebung und der Erhebungsverfahren, um verstärkt Steuereinnahmen aus dem Internet-Geschäft der Wirtschaft abzuschöpfen. Die Schröder-Regierung solle diese Pläne einfach "einstampfen", meint Summa. Ein besonderer Dorn im Auge ist der im Firmensteuerrecht zentrale Begriff der Betriebsstätte, so daß ein im Ausland betriebener Internetserver für Electronic Commerce nicht als Betriebsstätte anerkannt wird. Das hätte zur Folge, daß alle elektronischen Geschäfte in Deutschland zu versteuern wären, selbst wenn die gesamten Vertriebsaktivitäten (Werbung, Entgegennahme von Bestellungen, Zahlungsverkehr, Dienstleistung oder Lieferung) über den Auslandsserver abgewickelt werden.
Ebenso lehnt der Verband der deutschen Internet-Wirtschaft Überlegungen ab, daß sich Online-Shops künftig registrieren lassen müssen, damit die Finanzämter Einblick in die Transaktionsprotokolle und Abrechnungsdaten der Internet Service Provider und der Zertifizierungsstellen für digitale Signaturen nehmen können. "Das hätte eine Auswanderungswelle deutscher Firmen in noch nie gekanntem Ausmaß zu Folge", ist sich eco-Chef Summa sicher. Sein Argument: "Ein Online-Shop läßt sich binnen 24 Stunden an jeden beliebigen Ort der Welt verlagern. Während sich andere Staaten zunehmend um die Ansiedlung elektronischer Läden bemühen, würde sie der deutsche Fiskus mit einer solchen Maßnahme aktiv aus dem Land treiben - mit unabsehbaren negativen Folgen für die Wirtschaft und damit auch für die Menschen in Deutschland".
Um dieser Entwicklung vorzubeugen, fordert der Verband der deutschen Internet-Wirtschaft die neue Schröder-Regierung auf, nationalstaatliche Regelungen zurückzustellen, bis sich die Staatengemeinschaft auf globale Rahmenbedingungen für Electronic Commerce geeinigt hat.
Nicht nur die OECD Konferenz in Ottawa gibt den Rahmen ab, innerhalb dessen sich die deutsche Internet-Wirtschaft zu Wort meldet. Zugleich wird dieser Tage im US-Senat der "Internet Tax Freedom Act" diskutiert. Wie schon mehrfach angekündigt, will die Clinton-Regierung eine zweijähriges Moratorium auf alle Internetsteuern. In diesem Zeitraum sollen keine neuen Steuern eingeführt werden, stattdessen soll sich eine Kommission damit beschäftigen, ob und in welcher FDorm in der Zukunft Steuern auf Internettransaktionen erhoben werden sollen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die USA diese "steuerfreie" Linie auch bei der OECD, ebenso wie bei den WTO-Verhandlungen beibehalten werden.
Siehe dazu auch: ECommerce einmal aus Verbrauchersicht, von Karl Kollmann.