Deutschland: Die Industrieproduktion geht zurück
Die Analysten sind fassungslos und pessimistisch: "Die konjunkturelle Talfahrt ist noch nicht beendet"
Was nicht sein darf, kann nicht sein? Die Industrieproduktion in Deutschland geht zurück. Nach Jahren einer wie selbstverständlich gut laufenden Wirtschaft mehren sich die Zeichen, dass es so nicht weitergeht und die Analysten zeigen sich erstaunt, ja schockiert. "Katastrophe", heißt es und dass das Datenmaterial "deprimierend" sei. Es gebe, was die Auftragseingänge angeht, derzeit keine Hoffnung, dass es bald besser wird.
Das Statistische Bundesamt meldet heute für Oktober 2019 einen Rückgang im Produzierenden Gewerbe um 1,7% gegenüber dem Vormonat (real, saison- und kalenderbereinigt) und - das ist vielleicht die bezeichnendere Zahl - von 5,3% zum Vorjahresmonat (real und kalenderbereinigt). Es gibt Beobachter, die schon vor dieser "Schockmeldung" darauf aufmerksam machten, dass es mit den Auftragseingängen schon eine geraume Zeit nicht zum Besten steht.
Ökonomen hatten mit einem Wachstum gerechnet
Ins Auge fällt, dass die Auftragseingänge aus dem Ausland außerhalb der Eurozone um 4,1% gegenüber September 2019 zurückgingen. Zwar erhöhten sich die Auslandsaufträge im Oktober noch um 1,5% gegenüber September, aber die Erwartungen sind nicht gut, wie die Auftragseingänge zeigen. "Die Daten zum Auftragseingang machen nochmals deutlich, dass die konjunkturelle Talfahrt noch nicht beendet ist", heißt es bei Produktion.de zu den Aussichten.
Auch die Meldungen über den Anstieg von Kurzarbeit, die schon vor Wochen auftauchten, ließen ahnen, dass sich ein Abschwung ankündigt. Dennoch erwarteten sich Wirtschaftsanalysten bessere Zahlen für Oktober, die Hoffnung gründete sich unter anderem auf leichte Signale darauf, dass es vielleicht doch keinen Trend nach unten gibt, die im September für Hoffnungen sorgten. Ökonomen hatten laut Reuters dann mit einem folgenden Wachstum von 0,1 Prozent gerechnet.
Nachlassende Auftragseingänge
Dem stehen die Einwände entgegen, die mit einer gewissen Insistenz vom Wirtschaftsmagazin Makroskop kommen. Dort weist man nicht nur mit aller Schärfe Nachrichten zurück, die eine Rezession durch beschönigende Statistik verdecken, man legt dort auch seit längerem schon den Zeigefinger auf wunde Punkte, zum Beispiel den Auftragseingang.
Der ist nach dem Zahlenmaterial, das die Makroskop-Ökonomen beobachten, seinen Höhepunkt längst hinter sich hat. Nach deren Aufzeichnungen zum Auftragseingang nach Quartalen markiert das vierte Quartal 2017 eindeutig den höchsten Punkt. "Danach ging es mit einer einzigen kleinen Ausnahme abwärts."
Da es in der Wirtschaft, die man aufgrund ihrer mathematischen Modelle gerne in die Nähe der exakten Wissenschaften rücken will, doch stärker, als man es zuzugeben bereit ist, auch um ein Stimmungsklima geht, achten die öffentlichen Statements unverkennbar darauf, hier keine "Hysterie" zu zeigen. Kurz man scheut davor zurück, von einem Großtrend oder gar von Schwierigkeiten zu sprechen, die sich in der deutschen Produktion nun offenbaren.
Es überwiegen die Erklärungen, die letztendlich auf den amerikanischen Präsidenten und seine Handelskriege verweisen - an dieser Stelle greifen die Analysten dann doch auf das Klima zurück. Das Durcheinander, das der Disruptor an der Spitze der Wirtschaftssupermacht auslöst, sei schlecht fürs Investitionsklima, lautet ein Erklärungsmuster. Die Unsicherheiten, die dadurch entstehen, würden Investoren zurückschrecken. "Die deutsche Industrie wird seit längerem durch die schwache Weltwirtschaft und die vielen politischen Risiken belastet", wird das in Zeitungsmeldungen verklausuliert.
Entwicklung im Maschinenbau verschlafen?
In Fachblättern wird die Krise etwa im Maschinenbau allerdings auch etwas anders dargestellt. Doch wird das Bild der Gesamtlage dadurch nicht besser, wenn man an die Entwicklung von Arbeitsplätzen denkt. So ist im Bereich Maschinenbau die bekannte Rede davon, dass die deutschen Unternehmen eine Entwicklung verschlafen hätten. Gemeint ist eine effizientere Regelung der Abläufe. Zum Beispiel im administrativen Bereich und bei der Produktion, heißt mehr Software-Lösungen und mehr Roboter, die eingesetzt werden sollen.
Die Zeiten haben sich dramatisch geändert und die Geschwindigkeit der Veränderung wird noch weiter zunehmen. Der klassische Maschinenbau wird von neuen Branchen bzw. Technologien in die Zange genommen und viele Unternehmen wissen noch nicht, wie sie darauf reagieren sollen.
Ingenieur.de
Insgesamt verzeichnen die Hersteller von Investitionsgütern einen Einbruch von 4,4 Prozent, so die bundesamtlichen Statistiker von Destatis. Der Einbruch sei so stark ein wie seit über fünf Jahren nicht mehr, ergänzen Nachrichtenagenturen. Als Lichtblick werden von manchen Zahlen herangezogen, die das statistische Bundesamt den schlechten Nachrichten zu den Investitionsgütern beigesellte: "Innerhalb der Industrie nahmen die Produktion von Vorleistungsgütern um 1,0 % und die Produktion von Konsumgütern um 0,3 % zu."
Als kritische Bereiche im Produzierenden Gewerbe werden wenig überraschend die Automobilindustrie samt Zulieferern genannt, an manchen Stellen auch die Textilindustrie, die zuletzt schlechte Schlagzeilen machte, als Medienberichte von den Mengen an Kleidung berichtete, die vernichtet werden, weil sie sich nicht verkaufen.
In der FAZ heißt es allerdings, dass die industrielle Schwächephase über die Wirtschaftszweige breit verteilt sei: "Zurückgefahren wurde die Erzeugung in gewichtigen Bereichen wie Chemie (-2,3 %), Metallerzeugnisse (-1,6 %), elektrische Ausrüstungen (-2,2 %), Maschinenbau (-0,8 %) oder Kfz und Kfz-Teile (-2,8 %)."