"Deutschland hat effektiv keine Streitkräfte mehr"
Der frisch nominierte US-Botschafter in Berlin hält die Bundeswehr für "hoffnungslos demoralisiert"
Gestern gab das Weiße Haus bekannt, dass Douglas Macgregor1 neuer US-Botschafter in Berlin werden soll. Der West-Point-Absolvent, der 1987 an der University of Virginia im Fach Internationale Beziehungen promoviert wurde, diente lange Zeit in den US-Streitkräften und arbeitete danach als Autor und Berater.
Der Durchschnittsamerikaner dürfte den designierten Deutschlandbotschafter aber vor allem aus der Fernsehshow des unkonventionellen Konservativen Tucker Carlson kennen, wo er als häufiger Gast politische und militärische Ereignisse kommentierte. Dabei gab er sich ähnlich interventionismuskritisch wie der Moderator und meinte Anfang des Jahres, die USA sollten aus Syrien und aus dem Irak abziehen, weil sie den Krieg dort verloren hätten. Sieger sei der Iran - und das neue Problem die Türkei.
NATO nur mehr ein Zombie
Zur NATO, in der diese Türkei Mitglied ist, meinte Macgregor im letzten Jahr, sie sei seit dem Untergang ihres Gründungsgrundes Ostblock ein Zombie, der nur mit Voodoo am Leben erhalten werde. Das NATO-Mitgliedsland-Deutschland, in dem er Botschafter werden soll, hat seiner Wahrnehmung nach "effektiv keine Streitkräfte mehr", weil die deutsche Bundeswehr "hoffnungslos demoralisiert" sei.
Trumps Kritik an der deutschen Verteidigungspolitik bezeichnete er 2018 als berechtigt, weil sich die Deutschen "dank uns nicht verpflichtet fühlen, sich selbst zu verteidigen". Deshalb habe der Präsident Recht, wenn er der deutschen Staatsführung sage, "sehen Sie, warum sollte der US-amerikanische Steuerzahler Sie verteidigen, wenn Sie nicht willens sind, sich selbst zu verteidigen?" Damit dürfte Macgregor der richtige Mann für ein Vorhaben sein, zu dem im Laufe dieser Woche weitere Details bekannt gegeben werden sollen: Den Abzug von 9.500 der dort noch stationierten 34.500 US-Soldaten aus Deutschland.
Kein General
Aber auch aus anderen Gründen scheint der Mann aus Pennsylvania keine ganz willkürliche Wahl als Botschafter in Berlin: Er war in der Vergangenheit zeitweise in Deutschland stationiert, kann sich Politico zufolge in der Landessprache verständigen und veröffentlichte ein Buch über das militärische Zusammenspiel zwischen Ostdeutschland und der Sowjetunion im Kalten Krieg.
Andere Schriftwerke von ihm scheinen vor allem als Ratschläge an amerikanische Militärs gedacht - darunter auch sein bekanntestes Buch, das 1997 erschienene Breaking the Phalanx - A New Design for Landpower in the 21st Century. Darin fordert er einen grundlegenden Umbau der amerikanischen Streitkräfte, die seiner Ansicht nach als modular zusammengesetzte Organisation besser für die Aufgaben der Zukunft geeignet wären als in ihrem historisch gewachsenen Aufbau. Die traditionsreichen Marines bezeichnete er später sogar als heute ähnlich hilfreich wie die Kavallerie in den 1930er Jahren. Mit solch offenen Worten soll er sich nicht nur Freunde gemacht haben. In jedem Fall nahm er 2004 seinen Abschied, ohne es zum General gebracht zu haben (auch wenn ihn deutsche Medien wie der Stern und der Tagesspiegel unrichtigerweise so bezeichnen).
Hürde Senat
Der Irakkrieg, den er damals noch befürwortete, hatte seiner 2008 veröffentlichten späteren Einschätzung nach ebenso "ernsthafte negative Konsequenzen für die nationale Sicherheit Amerikas" wie der in Afghanistan. Damals beteiligte Generäle wie David Petraeus oder Martin Dempsey stellten der Politik die Geschehnisse seiner Meinung nach falsch dar, um ihre Karrieren nicht zu gefährden.
Zu Donald Trumps Inaussichtstellung, die amerikanischen Soldaten dort abzuziehen, meinte Macgregor 2019: "Deswegen haben wir ihn gewählt." Das amerikanische Vorgehen gegen schiitische Milizen im Irak war seiner Einschätzung nach möglicherweise eine Falle, die dem Präsidenten aus dem Tiefen Staat heraus gestellt wurde, um den Abzug zu sabotieren.
Wegen dieser Positionen ist auch nicht sicher, ob Macgregor tatsächlich Botschafter in Berlin wird. Die Nominierung muss nämlich noch vom Senat bestätigt werden. Dort haben Trumps Republikaner zwar eine Mehrheit - aber in ihren Reihen gibt es auch Interventionisten, die Trumps Außenpolitik als "populistisch" ablehnen. Sie könnten Macgregor in der Anhörung unter anderem seine Kritik an Globalisten wie George Soros vorwerfen.
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