Deutschland hat sich in der Ukraine verrannt – eine Suche nach dem Ausweg

Auch die Ukraine steht nicht über globalen Problemen. Foto: Earth Science and Remote Sensing Unit, NASA Johnson Space Center / CC0 1.0

Die Zerstörung Russlands kann für Europa keine Option sein – eine Verlängerung des Krieges geht auf Kosten der Zukunft des Planeten.

Es ist unübersehbar: Unsere Regierung hat den Kompass verloren. Sie sucht einen Weg, weiß aber nicht, wo sie eigentlich hin will. Deutschland liefert trotz nicht ausgeräumter Bedenken schwere Waffen an die Ukraine und ist außerdem Vorreiter bei Sanktionen, die dem eigenen Land am meisten schaden. Das Volk erwartet von seiner Regierung zurecht, dass sie ihre Politik erläutert. Unglücklicherweise gilt die Orientierungslosigkeit für die Opposition erst recht.

Waffenlieferungen und Elend

Man muss kein Militärexperte sein, um zu wissen, dass die Lieferung von schwerem Kriegsgerät den Krieg in der Ukraine nicht beenden wird. Diese Waffen werden die Ukraine auch nicht zum Sieg führen. Das sagen Militärs, die ihrer Analyse nicht politische Wunschträume, sondern Erfahrung zugrunde legen. Es ist deshalb zu erwarten, dass der Krieg andauern wird – mit mehr Blutvergießen, mehr Zerstörung und mehr Menschen, die in die Flucht getrieben werden. Das Elend wird sich noch vergrößern.

Embargo und Verzweiflungsvorschläge

Das groß angekündigte Energieembargo gegen Russland erweist sich als Schuss ins eigene Knie. Russland verdient heute mit weniger Ölexporten mehr Geld als jemals zuvor. Wie kurzsichtig das Embargo von Anfang an war, zeigt sich in diesen Tagen. Ursprünglich wollte man Russland mit wegfallenden Geldzahlungen zur Beendigung des Krieges zwingen.

Heute ist man heilfroh, wenn Russland nach Abschluss von Wartungsarbeiten an der Pipeline wieder zu größeren Liefermengen zurückkehrt. Offensichtlich sitzt Putin - zumindest noch - am längeren Hebel. Das hätte man eigentlich wissen können. Denn die Erfahrung lehrt, dass es nicht funktioniert, wenn der Schwanz mit dem Hund wedeln will.

Außerdem zeichnet sich ab, dass ausbleibendes russisches Gas nicht durch eigene regenerative Energien ersetzt werden kann. Es rächt sich bitter, dass die Nutzung von Wind und Sonne jahrelang durch Lobbyisten der Atom-, Öl- und Gaswirtschaft und deren politische Marionetten behindert worden ist. Die prekäre Lage von 2022 ist der Kurzsichtigkeit derer geschuldet, die sich heute am lautesten über zu erwartende Versorgungsschwierigkeiten beklagen.

Zur Abhilfe verlangen die Dauerwahlkämpfer Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU) sowie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Weiterbetrieb der noch am Netz befindlichen drei Atomkraftwerke. Abgesehen von Problemen der praktischen Realisierbarkeit wäre das ein schlimmer Rückfall in die Nullerjahre. Damals wurde in einem gesellschaftlichen Kraftakt der planmäßige Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen, was dem nach Tschernobyl und Fukushima aufgewühltem Land Ruhe und Zuversicht brachte.

Schwerer Rückschlag für den Klimaschutz

Da die rückwärtsgewandten Politiker offensichtlich selbst nicht an den Erfolg ihres atomaren Geistesblitzes glaubten, propagierten sie den nächsten Verzweiflungsschritt: Wenn weniger Gas aus Russland kommt, muss durch Verbrennung von Kohle mehr Strom erzeugt werden. Es schert diese Leute nicht, dass Bundestag und Bundesrat 2020 durch Gesetz den Ausstieg aus der Kohleverstromung beschlossen haben.

Dass diese Kehrtwende ein schwerer Rückschlag für den Klimaschutz ist, weiß heute jeder Hauptschüler. Doch damit ist mit den klimapolitischen Grausamkeiten noch nicht Schluss. Um das böse Russengas zu vermeiden, will der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck das teurere und umweltschädlichere Fracking-Gas (LNG-Gas) in Katar und in den USA kaufen.

Klimaschutz verkommt damit endgültig zur Worthülse. Die US-Amerikaner reiben sich die Hände, weil sie ihr wirtschaftliches Ziel – dem Ukraine-Krieg sei Dank! – endlich erreicht haben. Dummerweise gibt es in Deutschland bisher keine LNG-Terminals. Egal, dann müssen sie eben im Hauruckverfahren gebaut werden. Allerdings dauert der Bau zwischen einem und vier Jahren, je nachdem, wie ernst man die Umweltprüfung nimmt.

Die Terminals werden voraussichtlich betriebsbereit sein, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Andere Stimmen fordern neuerdings sogar, dass in Deutschland das aus Gründen des Umwelt- und Trinkwasserschutzes bestehende Fracking Verbot sofort aufgehoben werden soll. Das ist gewissermaßen der Volkssturm in einem verlorenen Energiekrieg.