Die AfD nach dem Kölner Parteitag: "Und dann rocken wir Deutschland"

Seite 2: Petry will AfD salonfähig und koalitionsfähig machen

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Frauke Petry scheiterte auf dem Parteitag mit zwei Anträgen. Mit ihrem als "Zukunftsantrag" bezeichneten Antrag zur Einschwörung auf eine realpolitische Linie und mit ihrem Antrag, dass die AfD keine rassistischen und ausländerfeindlichen Äußerungen mehr tun solle, ebenfalls. Die Delegierten wollten sich damit nicht befassen.

Petry strebt an, dass die AfD sich als möglicher Koalitionspartner profiliert realpolitisch wird, um in zwei Legislaturperioden mehrheitsfähig und koalitionsfähig zu werden, d.h. ihr Programm schneller durchsetzen zu können. Damit ist sie nicht weit von der Einstellung Weidels entfernt. Petrys innerparteilicher Gegner Alexander Gauland, der namentlich in ihrem Antrag genannt wird, setze auf eine Verschiebung des gesellschaftlichen Diskurses durch zunehmenden Druck auf die CDU. Das dauere zu lange.

Hier einige Auszüge:

Die AfD entscheidet sich für den realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei, um innerhalb der kommenden Jahre grundsätzlich in der Lage zu sein, relative Mehrheiten auf allen politischen Ebenen erzielen zu können und damit als stärkster oder mindestens gleichrangiger politischer Partner in Parlamenten richtungsweisende Politik umsetzen zu könne (…)

1. Fundamentaloppositionelle Strategie

Die JF zitiert Alexander Gauland am 16.03.2017 wie folgt: Er habe die AfD mitgegründet, um die CDU von außen zu beeinflussen, denn von innen sei dies nicht mehr möglich gewesen.

- Kernpunkt dieser Strategie ist die Öffnung des Diskursraumes in die von uns bevorzugte Richtung und zwar so weit, dass langfristig unsere Kernpositionen als mittige Positionen, des dann zur Verfügung stehenden politischen Diskursraumes erscheinen.

- Dazu bedient man sich auch abseitiger Meinungen und Standpunkte, ist also möglichst offen gerade auch für Äußerungen außerhalb des bürgerlichen Korridors. Ein Verschrecken dieser oftmals mutlosen Klientel wird bewusst in Kauf genommen.

- Sie birgt das Risiko des Verlusts von gesellschaftlicher Verankerung über gesellschaftliche Multiplikatoren. (…)

- Diese Strategie ist wesentlich bei den Grünen zur Anwendung gekommen und benötigt für ihre Wirksamkeit ungefähr eine Generation, also 20-30 Jahre, wenn die Partei sich über diesen langen Zeitraum im politischen Spektrum behaupten kann.

2. Realpolitische Strategie


"Die AfD wurde gegründet, weil die Hoffnungen in die etablierten Parteien nicht mehr vorhanden waren. Nur die inhaltliche und personelle Neuausrichtung deutscher Politik durch die AfD kann dies in der notwendigen Klarheit in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit leisten."

- Der Kernpunkt dieser Strategie zielt auf die emotional heimatlosen, und immer noch konservativen Wähler gerade der CDU, aber auch die anderer Parteien. (...)

- Ziel ist es, ab der zweiten Legislaturperiode relative Mehrheiten in den Parlamenten zu realisieren.

- Dabei legt man es auf die Entkernung und Schwächung von CDU, FDP sowie anderer Parteien an. Es gilt neben breiten Bevölkerungschichten auch Intellektuelle und leistungsstarke Stützen der Gesellschaft für die AfD zu begeistern und dem politischen Gegner so die inhaltliche und personelle Erneuerung noch schwieriger zu gestalten, als ihnen dies durch ihren bisherigen Werdegang ohnehin fallen sollte.

Frauke Petry

Der Streit zwischen den Flügeln wird jetzt zugekleistert, aber er ist nicht beigelegt. Die Medien spekulieren im Moment über Spaltungsmöglichkeiten.

Keine Koalition mit "diesen Figuren"

Jörg Meuthen, Petrys Co-Vorsitzender im Bundesvorstand und zugleich einer ihrer schärfsten Gegner, erklärte, es sei höchste Zeit, dass die "schon länger hier Lebenden" - das war eine Anspielung auf Merkels Spruch zur Integration von Flüchtlingen - "die schon länger Regierenden aus ihren Ämtern im Dienste des deutschen Volkes verabschieden und das nachhaltig".

Er meinte damit Angela Merkel, Martin Schulz, Claudia Roth und Katrin Göring-Eckhard und die von diesen repräsentierten Parteien. Koalitionen mit "diesen Figuren" - wie Petry es anstrebt - erteilte er eine klare Absage. Dies sei kein Fehlen von Realpolitik, sondern "das kluge und notwendige Zuwarten, bis unsere Positionen - und da tut sich was - endgültig mehrheitsfähig sein werden. So machen wir das, so und nicht anders". Er wurde mit Jubel und stehenden Ovationen des ganzen Saales belohnt.

Eine kleine Kostprobe, wie noch kurz vor dem Parteitag die Flügel aufeinander einschlugen, gibt eine Rede, die Rechtsanwalt Roland Ulbricht aus Sachsen, der in 2016 zur "Patriotischen Plattform" gehörte und Anfang 2017 ein neues Patriotenforum, nämlich die Freiheitliche Patriotische Alternative gegründet hat, in Weinböhla hielt. Er trieb Frauke Petry Tränen in die Augen. Die "Freiheitliche Patriotische Alternative" versteht sich als "Basisbewegung gegen hierarchische Strukturen in Staat, Gesellschaft und der AfD".