Die Heiligsprechung der Angela Merkel im grünen Milieu

Seite 3: Kommt nach Merkel die "Politik der breiten Beine?"

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Doch die Hoffnung, nach Merkels Abgang wird sich das grüne Milieu wieder mehr auf Kritik am Bestehenden als auf Heiligsprechungen von Kanzlerinnen besinnen, ist gering. Martin Kaul, der bisher in der taz eigentlich eher für das Außerparlamentarische zuständig war, warnt vor der Rückkehr der berüchtigten "alten, weißen Männer":

Merz, Spahn, Kramp-Karrenbauer: Wenn die CDU Merkels Nachfolge klärt, geht es auch darum, ob Politik wieder zum Gockelspielplatz wird.

Martin Kaul, taz

Die geschmäcklichere Kritik geht dann in dem Ton weiter:

Beine auseinander, breiter Stand, Ansagen machen: Das kann Jens Spahn jetzt schon ganz gut.

Martin Kaul, taz

Dann kommt der Autor zum eigentlichen Anliegen seiner Kritik:

Das baldige Gezerre um die Neuausrichtung der CDU, das in erster Linie ebenfalls von Männern alten Schlages repräsentiert werden könnte, zielt auf diese Frage ab. Wird die Union künftig eher eine Partei, die die bürgerliche, aber liberale Mitte integriert? Mit diesem Kurs hat Angela Merkel zwar Wählerinnen nach rechts verloren, aber eine strategische Stelle besetzt, die der Union auf Jahre hinfort die Kanzlerschaft sichert - und weiterhin sichern könnte. In den kommenden Wochen wird geklärt, ob sich die Funktionäre der CDU wieder nach der herrischen Vergangenheit sehnen, die durch niemanden so gut repräsentiert wird wie durch den gerne geifernden Friedrich Merz.

Martin Kaul, taz

So wichtig und sinnvoll eine Patriarchatskritik ist, so deutlich wird hier aber, dass sie Kaul in dem Artikel nicht leistet. Die zentrale Frage, wie das Patriarchat in der Ära Merkel-Schäuble ungebrochen herrschte, stellt der Autor erst gar nicht.

Schäuble wird erst gar nicht erwähnt, wohl weil er nun auf einen Rollstuhl angewiesen, eben kein gutes Beispiel für die Gesäß-und Gebärdenkritik ist, die für Kaul wohl für das Patriarchat steht.

Dabei hat er in seinem Text eigentlich das Problem benannt, aber nicht erkannt. Merkel hat mit der Gebärde der Raute die bürgerliche und linksliberale Mitte integriert. Sie hat vergessen gemacht, dass Schäuble als Mann für das Grobe dabei eine wichtige Rolle spielte.

Und Kaul vergisst, das moderne Patriarchat und Kapital mit Raute genauso gut repräsentiert wird wie mit breiten oder engen Beinen. Das zumindest hat die Ära Merkel-Schäuble gezeigt.