"Die Iraner sind Südländer"
WDR-Sportchef und Fußballmoderator Steffen Simon äußert sich rassistisch über die Mannschaft des Iran - und löst einen Shitstorm aus
Die Partie Iran-Nigeria (Mo., 16. Juni, 21:00 Uhr) glänzte nicht gerade mit spannendem Fußball, ja, es war wohl das bisher langweiligste Spiel der WM 2014. Die meisten Zuschauer waren gerade am Wegdösen, als der kommentierende Fußballmoderator Steffen Simon in der 39. Spielminute sagt: "Die Iraner sind Südländer und nicht immer ganz perfekt organisiert.".
Nicht "ganz perfekt organisiert" ist wohl das Denkvermögen von Steffen Simon. Es ist schlichtweg eine Schande, dass Kommentatoren im TV solche eindeutig rassistischen Äußerungen in die Welt posaunen dürfen. Der sogenannte "Bildungsauftrag" der Öffentlich-Rechtlichen hinkt bekanntlich des Öfteren. Aber Steffen Simon, dessen Rücktritt bereits Ende Mai 2014 im Feuilleton der FAZ gefordert wurde, schießt mit dieser Stammtisch-Bemerkung den Vogel ab.
Der Shitstorm gegen Simon ließ nicht lange auf sich warten: "Klischeescheisse", "So unglaublich dämlich dieser Kommentar", "tumbe Ressentiments", "Ich zahle #GEZ gebühren für einen #Rassisten", "Jeder vernünftige Sender würde #steffensimon hochkant aus dem Studio verbannen!"
Sanaz Saleh-Ebrahimi - geboren in Teheran, aufgewachsen in Karlsruhe und journalistische Kollegin von Steffen Simon beim WDR - kommentiert auf Twitter: "Interessante Ansicht. Bin etwas sprachlos.".
Und die ARD-Sportschau vermeldet auf ihrer Twitter-Seite ganz nonchalant: "Zur Kritik an Steffen Simon: Wir haben sie direkt an ihn weitergegeben. Es tut uns leid, wenn die Aussage für Verärgerung gesorgt hat."
Plangemäß treten natürlich auch diejenigen auf die digitale Bühne, die angesichts des Shitstorms den vermeintlichen Tugendwahn wittern. Exemplarisch hierfür steht die rechtspopulistische AfD, die die "PC-Wächter" im "Alarmzustand" versetzt sieht.
Es ist die übliche Leier der Rechten - ein klarer Fall von: "Ich bin kein Rassist, aber …" Und: "Das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen, dass die Südländer faul und unorganisiert sind." Genau auf diese Weise schleicht sich der Rassismus à la Thilo Sarrazin in die Gesellschaft und versucht, "salonfähig" zu werden. Der berechtigte Shitstorm hat nichts mit moralisierendem Gutmenschentum zu tun. Erinnern wir uns: Der Aussage, dass zu viele Ausländer in Deutschland leben, stimmen 49,4 Prozent der Deutschen zu, wie das Forschungsprojekt "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" der Universität Bielefeld feststellte.
Die Aussage von Steffen Simon ist glasklar ein Fall von Alltagsrassismus: Hier haben wir ein paar Südländer - und die sind angeblich wirr, unorganisiert und faul aufgrund ihrer genetischen Herkunft oder ihrer Kultur (kommentiert der straff organisierte "Nordländer"). Nebenbei bemerkt ist schon der Begriff "Südländer" problematisch verallgemeinernd - und übrigens beim Iran nicht zutreffend, handelt es sich doch bei einem sogenannten "Südländer" laut Duden um "jemand, der aus einem südlichen, am Mittelmeer liegenden Land stammt".
Ganz übel wird es dann in der 53. Minute bei der bemühten Ausrede, die Steffen Simon in die Wohnzimmer der "Nordländer" spricht:
"Ich habe […] etwas politisch Unkorrektes gesagt. Nämlich dass sie halt Südländer sind und deshalb manchmal etwas schlecht organisiert. Damit wollte ich keinem Südländer auf die Füße treten. Sondern hab lediglich die Iraner zitiert, die mir bei der Vorbereitung auf diesen Auftritt ihrer Nationalmannschaft geholfen haben."
Steffen Simon behauptet hier also noch obendrein, dass die Iraner schließlich selbst schuld daran seien, dass er solche Kommentare formuliert. Die ARD sollte Steffen Simon ohne Wenn und Aber die Rote Karte zeigen. Dann kann er vor seinem privaten Fernseher weiter kommentieren, wenn mal wieder die unorganisierten "Südländer" spielen.
Patrick Spät lebt als freier Journalist und Buchautor in Berlin.