Die Präsidentschaftskandidatin der Wall Street

Seite 3: "Gefahr, in einen dritten Weltkrieg zu stolpern"

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Wie schätzen Sie, würde die politische Agenda einer Präsidentin Clinton aussehen?

Diane Johnstone: Ein Grund für einen gebremsten Optimismus ist im oft demonstrierten Opportunismus dieser Frau zu suchen. Obwohl ihre bisherige außenpolitische Vorgehensweise auf die Gefahr hinweist, in einen dritten Weltkrieg zu stolpern, ist zu hoffen, dass eine starke einheimische und europäische Opposition sie überzeugen könnte, realistischer zu agieren.

Aber zweierlei Umstände sprechen gegen so einen Optimismus: Da wäre einmal der Faktor, dass sie seit ihrer Unterstützung als Jugendliche für den republikanischen Rechtsaußen Barry Goldwater von der exzeptionellen Rolle der USA überzeugt ist - dem von Gott gegebenen Recht, über den Regeln und Gesetzen zu agieren, die aber für die anderen Nationen gelten, um die Macht der USA ausbauen zu können.

Der zweite Faktor ist, dass sie als Präsidentin von mächtigen Gruppen von Kriegs-Befürwortern umgeben wäre: den Neokonservativen, den liberalen Interventionisten und dem militärisch-industriellen Komplex. Im August 2012, als Libyen im Chaos versank, schwadronierte sie von einer Welt, die sie gerne sehen würde, wo es zu Allianzen zwischen der NATO und arabischen Staaten kommen würde und nicht allein die USA die Kosten und Opfer für eine solche Art von Politik schultern müsste. Es wäre also eine Welt im Kriegszustand, mit den USA in einer Führungsrolle, um die Welt nach ihren Werten umzugestalten.

Steht Hillary Clinton womöglich George Bush jr. politisch näher als Barack Obama?

Diane Johnstone: Sie ist streitlustiger als Obama, aber auch smarter als George W. Bush. Sie wird keinen Dick Cheney brauchen, um in Konflikte zu geraten. Die Neokonservativen sind ja nicht verschwunden, als Bush durch Obama ersetzt wurde - und die Riege der Kriegsbefürworter besitzt weiterhin Einfluss, ganz egal ob der Präsident ein Republikaner oder Demokrat ist. Die Republikaner präferieren Terrorismus und Massenvernichtungswaffen als Vorwand, um sich aktiv in die Angelegenheiten anderer Länder zu mischen, die Demokraten tun das vermeintlich wegen der Menschenrechte und um die Menschen vor "Diktatoren zu schützen, die Resultate sind aber so ziemlich die gleichen.

"Verbitterung der Bevölkerung über das Zweiparteiensystem"

Was sagen die Überraschungserfolge von Bernie Sanders über den politischen Zustand der USA aus? Wie beurteilen Sie überhaupt den Vorwahlkampf in den USA?

Diane Johnstone: Das unerwartete Auftauchen von Bernie Sanders auf der linken und von Donald Trump auf der rechten Seite sind Ausdruck der verbreiteten Verbitterung der Bevölkerung mit beiden Hälften des herrschenden Zweiparteiensystems in den USA.

Bernie Sanders hat durch seine Brandmarkung der Machtübernahme des Wahlsystems durch riesige Firmen, Banken und Milliardäre Unterstützung in der Bevölkerung gewonnen. Seine Popularität ist auch durch das Internet möglich geworden, denn Bernie hat eine große Anhängerschaft in den jüngsten Wählern, die sich nicht auf die Mainstream-Medien verlassen.

Durch das Internet konnte auch Hillary Clinton regelmäßig der Lüge überführt werden, indem man zeigte, was sie früher sagte - und was heute. Durch das Internet konnte auch ihre Behauptung, sie wäre in Bosnien nach Ende des Krieges unter Scharfschützenfeuer gelandet, als offensichtliche Unwahrheit entlarvt werden.

"Bernie hat sich sehr gut geschlagen"

Hat denn Sanders tatsächlich Chancen, Präsident der USA zu werden?

Diane Johnstone: Falls die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten mit einer einfachen landesweiten Mehrheit gewonnen werden könnten, wäre Bernie der Favorit - aber so funktioniert es nicht. Der Umstand, dass Hillary Clinton den "Super Tuesday" der demokratischen Partei am ersten März gewonnen hat ist ohne große Bedeutung, denn sechs der elf US-Staaten, die für sie gegen Sanders gestimmt haben, werden sie im November ziemlich sicher nicht wählen. Bernie Sanders hat sich hingegen in Staaten, die in der Überzahl demokratisch wählen werden, sehr gut geschlagen. Umfragen zufolge, wäre er der Kandidat, der am ehesten Donald Trump schlagen könnte.

Allerdings sind von den 2383 Delegierten, die es braucht, um bei den Demokraten nominiert zu werden, ein Drittel nicht gewählte "Super-Deligierte", die in der Regel loyal zu Clinton stehen. Dieses Hindernis zu überwinden käme einem Wunder gleich.

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