Die Rückkehr der Spanischen Grippe
US-Wissenschaftler wollen mit dem so genannten Killer-Virus Affen infizieren
Es war die verheerendste Seuche des letzten Jahrtausends: die "Spanische Grippe", an der weltweit 1918/19 mindestens 30 Millionen Menschen starben. Allein in Indien forderte der tödliche Virus 20 Millionen Todesopfer, in Deutschland starben etwa 800.000, in ganz Europa etwa zwei Millionen. Und in den USA wurden 700.000 Sterbefälle registriert. Stark betroffen war natürlich auch das öffentliche Leben in den Grippe-Regionen: Während die Krankenhäuser restlos überfüllt waren, wurden Schulen geschlossen. Theatervorstellungen und andere öffentliche Veranstaltungen wurden abgesagt. In einigen Städten der USA war das Tragen von Gesichtsmasken Pflicht. Und sogar das Husten und Niesen stand dort eine Zeitlang in der Öffentlichkeit unter Strafe.
Genau 86 Jahre später erlebt der Virus, der diese tödliche Seuche ausgelöst hat, nun womöglich sein Comeback. Da bis heute noch nicht geklärt werden konnte, warum er so mörderisch gewesen ist, planen jetzt Wissenschaftler der University of Washington (UW) mit ihm Affen zu infizieren. Dies wiederum soll dann die Entwicklung besserer Medikamente und Impfstoffe ermöglichen. Als Grundlage des Experiments dient den Forschern Viren-DNA, die bereits vor einigen Jahren von den exhumierten Körpern von Grippeopfern stammt, die damals in Gebieten beerdigt wurden, wo der Boden permanent gefroren ist.
Dies alles klingt ein wenig nach dem gruseligen Szenario eines Horrorfilms. Und könnte sich im schlimmsten Fall auch zum realen Horror entwickeln, meint zumindest Edward Hammond, Direktor und Mitgründer des Sunshine Projects, das die Entwicklung und Verbreitung von Bio-Technologie und -Waffen weltweit beobachtet. Zwar stellt auch Hammond die hehren Absichten der Wissenschaftler nicht in Frage, gleichzeitig betont er aber, dass in den USA keine nationalen Laborstandards für die Beschäftigung mit diesem hochgefährlichen Virus existieren würden. Und so ist es seiner Meinung nach nicht völlig auszuschließen, dass die Seuche neu ausbrechen könnte, falls sich im Labor jemand mit dem Virus infizieren und dann damit andere anstecken würde.
Hammonds Befürchtungen haben in den USA nun eine Diskussion über den notwendigen Sicherheitsstandard des entsprechenden Labors ausgelöst. Karen Van Dusen, die an der University of Washington für Umweltschutz zuständig ist, sieht sogar Parallelen zu den frühen Tagen der AIDS-Epidemie, als noch nicht bekannt gewesen ist, welche Sicherheitsvorkehrungen für die Erforschung des HIV-Virus notwendig sind. Der von den Experten verlangte Standard, sagt sie, sollte auf jeden Fall eingehalten und sogar übertroffen werden. Doch wenn für die Erforschung des Virus die höchste Sicherheitsstufe, der so genannte Biosafety Level 4, notwendig sei, dann würde sie das geplante Projekt an ihrer Universität ablehnen.