Die Spuren der ersten Sterne
Wenn die Urahnen der Sonne starben, wurden sie von Explosionen zerrissen, die anders als eine gewöhnliche Supernova nicht einmal ein Schwarzes Loch als Rest hinterließen
Schon in der Frühzeit des Universums verstärkte Dunkle Materie Inhomogenitäten in seiner Struktur derart, dass es Bereiche mit einer höheren Konzentration an Wasserstoff gab. Es kam zur Bildung riesiger Blasen, so genannter Halos. Je näher sich die Teilchen darin kamen, desto mehr stieg der Druck in dem Gas - bis sich Druck und Gravitation im Gleichgewicht befanden. Kühlte sich die Wolke durch die bei Teilchenkollisionen abgegebene Strahlung ab, sank der Druck, und sie konnte sich weiter zusammenziehen.
Doch je mehr Masse sich auf kleinem Raum sammelte, desto stärker wirkte diese anziehend auf die Atome im Umkreis. Erneut wuchsen Temperatur und Druck im Inneren der Wolke, bis sie zunächst im Infrarotbereich zu strahlen begann und schließlich etwa 100 Millionen Jahre nach dem Urknall die ersten Fusionsprozesse zündeten.
Mit unserer Sonne sind diese allerersten kosmischen Leuchtfeuer, die man heute als "Population III" bezeichnet, kaum vergleichbar. Sie müssen vor allem aus Wasserstoff und Helium bestanden haben - schon deshalb, weil es im frühen Universum gar keine anderen Elemente gab. Daran sollten diese Sterne auch zu erkennen sein.
Demgegenüber bestehen etwa 1,8 Prozent der Masse unserer Sonne aus schweren Elementen. Wegen der geringeren Masse der Bestandteile musste ein Stern der Population III jedoch viel größer sein als die Sonne - Computersimulationen zeigen, dass die frühen Sterne wenigstens 100 Sonnenmassen gewogen haben müssen. Sie brannten schnell und heiß und dürften deshalb inzwischen längst in einer Supernova vergangen sein.
Das macht die Urahnen der Sterne allerdings auch besonders schwer nachweisbar. Denn die Explosionen, in denen sie vergingen, waren aufgrund ihrer Masse wohl keine gewöhnlichen Supernovas, bei denen ein Schwarzes Loch als Beweis zurückbleibt.
Bei über 130 bis 250 Sonnenmassen kam es unter den Bedingungen der Frühzeit des Universums zu einer Paarinstabilitäts-Supernova. Weil die Sterne so arm an schweren Elementen waren, reichte trotz der hohen Masse der Druck im Kern nicht aus, nach dem Verbrennen von Helium mit dem Synthetisieren weiterer Elemente zu beginnen.
Die Annahme der Paarinstabilitäts-Supernova
Stattdessen stieg die Temperatur im Kern weiter und weiter, bis die entstehenden Photonen energiereich genug waren, dass es zur Entstehung von Elektron-Positron-Paaren kommt. Diese annihilierten sich zwar schnell wieder, der Prozess hatte aber zur Folge, dass die Strahlung nicht schnell genug das Innere des Sterns verlassen konnte. Der Kern heizte sich dadurch weiter auf, es kam zu noch mehr Elektron-Positron-Reaktionen, bis die Feedback-Schleife irgendwann dazu führte, dass der Stern komplett zerrissen wurde.
Die komplette Masse des Sterns wurde dabei ins All geschleudert. Eine Paarinstabilitäts-Supernova setzte hundertmal mehr Energie frei als eine normale Supernova (die selbst auch kein gewöhnliches Lagerfeuer am Himmelszelt ist). Mangels vorzeigbarer Überreste war es den Forschern bisher allerdings nicht gelungen, diese Theorie zu überprüfen.
SDSS J0018-0939
Als Indiz bleibt ja nur das Material, das die Paarinstabilitäts-Supernova ausgeworfen hat. Im Kreislauf der Sterne befindet es sich nun in der nächsten Sternen-Generation, der Population II. Von dieser Population leuchten noch immer Exemplare am Himmel - und nun ist es japanischen Forschern gelungen, bei einem Exemplar Merkmale zu finden, die eine Entstehung aus den Überresten eines der ersten Sterne wahrscheinlich machen.
SDSS J0018-0939 ist etwa halb so schwer wie die Sonne und gehört zu den kühleren Hauptreihensternen. Trotz seiner Entfernung von fast 1000 Lichtjahren gelang es den japanischen Astronomen, im Spektrum des Sterns eine auffällige Ungleichverteilung bestimmter schwerer Elemente nachzuweisen, die sich von der anderer, ähnlicher Sterne unterscheidet und für eine Paarinstabilitäts-Supernova typisch wäre.
Der Vorgänger-Stern, aus dessen Überresten SDSS J0018-0939 entstand, müsste demnach mindestens 130 Sonnenmassen gehabt haben. Vermutlich war er aber noch weitaus schwerer. Eine Masse von mehr als 300 Sonnenmassen würde das Spektrum des Sterns nämlich noch genauer erklären.
Ein solcher Riesenstern wird nicht von der Elektron-Positron-Reaktion auseinandergerissen, sondern kollabiert weiter, bis es zu einer Eisen-Photodesintegration kommt. Dabei nimmt der Atomkern energiereiche Photonen auf und teilt sich dabei in mehrere leichte Helium-Kerne und einzelne Neutronen. Dabei werden also in kurzer Zeit Hunderttausende Jahre Kernfusion rückgängig gemacht - unter Abgabe größter Energiemengen.