Die Wirkung von Computerspielen

Bio-Feedback-Systeme für Gamer

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Endlich kriegen die Computerspieler, was sie wirklich verdienen. Da bewerfen sie die virtuellen Geister mit allen möglich Gegenständen oder erschießen sie am laufenden Band und bekommen nie die Wirkung ihres Tuns zu spüren. Aber nun wird alles anders. Statt einer Erlebniswelt aus zweiter Hand vermitteln Geräte ein unmittelbar wirksames Erleben und zeigen die Konsequenzen aus dem Handeln in der Spielwelt.

Viele virtuelle Gegner in Computerspielen sind als Opfer der Computerspielgemeinde zu beklagen. Sie sind einer vielfältigen Bewaffnung ihrer Jäger ausgesetzt und müssen sich fortwährend beschießen lassen. Die Jäger haben ihre Bewaffnung inzwischen sogar noch verfeinern können, denn in letzter Zeit sind immer mehr Opfer mit gezielten Bein-, Körper und sogar Kopftreffern zu verzeichnen. Schwerste Verletzungen bis hin zum virtuellen Tod sind immer wieder zu beklagen. Die Opfer müssen viel Blut lassen, mal grünes, mal weißes und sogar rotes Blut. Viele Spielorte sind inzwischen voller blutverkrusteter Gänge, denn die Spieler schlagen immer und immer wieder zu.

Die Opfer haben kaum Schutzmöglichkeiten und kaum Chancen, die Massaker zu überleben, denn durch die Vernetzung zum Beispiel bei LAN-Partys gibt es keinerlei Fluchtmöglichkeiten mehr. Ihre eigene Bewaffnung zur Selbstverteidigung ist immer der der Spieler unterlegen. Zumal sich viele Spieler tage- und wochenlang in Trainingscamps begeben, um ihre Angriffsstrategien und Zielsicherheit zu verbessern. Als besonders dramatisch stellt sich die Tatsache dar, dass die Spieler immer mit mehreren Leben ausgestattet sind und damit unablässig in das Kampfgeschehen eingreifen können. Die Computerspielfiguren stehen dieser verzweifelten Situation bislang hilflos gegenüber. Außer sich so gut wie eben möglich zu wehren und standhaft zu sterben, haben sie bislang noch keine wirksame Waffe zur Rettung ihrer Spezies entwickeln können.

Es gibt wohl nichts Unterhaltsameres, als in einem Zweikampf den menschlichen Gegner zucken zu sehen, wenn man einen guten Treffer landet.

Steven Sandwish, Mad-Catz-Produktmanager

Doch nun soll alles anderes werden, denn die virtuellen Opfer haben durch den amerikanischen Game-Controller-Hersteller Mad Catz eine wirksame Verteidigungswaffe entwickeln lassen. Ein erster Prototyp soll demnächst vorgestellt werden und in die spielerische Erprobung gehen. Hauptziel der Entwicklung ist es, dem Spieler einen Eindruck zu vermitteln, wie es sich anfühlt, wenn man getroffen wird. Die bisherigen Opfer hoffen, dass mit dieser Entwicklung ein Umdenken der Jäger zu erzwingen sei, denn bislang mussten sie eher annehmen, dass den Gamern empathische Fähigkeiten verloren gegangen sind.

"Obwohl der Prototyp des Bioforce mit seinen drei 1,5-Volt-Batterien nur maximal 16 Milliampere Strom liefert, soll die Wirkung ausreichen, um dem Spieler bei einem Volltreffer hin und wieder den Controller aus der Hand zu schlagen", heißt es in den ersten veröffentlichten Berichten einschlägiger Computerspielmagazine.

Diese minimalen Elektroschocks werden vom Controller mittels an Pads befestigten Elektroden direkt auf die Haut ausgeteilt. Diese Pads sind am Unterarm der Spieler befestigt. Das Funktionsprinzip beruht auf der Muskelaufbautherapie beim Physiotherapeuten. Durch die Stromschläge werden die Muskelkontraktionen ausgelöst, die dem Spieler in Zukunft Respekt vor seinem spielerischen Handeln einflössen soll. Jeder Treffer durch die bisherigen Opfer wird ihnen fortan ewig in Erinnerung bleibt und appelliert an ihre verkümmerten Empathiefähigkeiten. Das Gerät soll zunächst für Egoshooter eingesetzt werden. Noch ist nicht bekannt, ob ähnliche Entwicklungen für den Comic-Spielbereich vorgesehen sind, denn auch bei den Pokemon- und Rayman-Opfern regt sich inzwischen der Widerstand gegen die fast immer siegreichen Spieler.

Die bisherigen Opfer dieser Blutschlachten sind sich einig, dass die Entwicklung nicht bei dem "Bioforce-Controller" stehen bleiben darf. Insbesondere ist an ein Feedback-System gedacht, mit dem die Computerspieler endlich auch die Einschusswirkung von Bein-, Körper- oder Kopftreffer zu spüren bekommen. Mit einem Stromschlag oder Stößelfeedback werden sie endlich begreifen, wie sich ein Kopfschuss anfühlt. Ebenso ist an die Entwicklung von Systemen gedacht, die den Einsatz von Flammenwerfern, Blendgranaten oder Splitterbomben zu einem individuellen Erleben der Trefferdynamik führen kann. Möglich wäre auch der Einsatz von Geruchspartikeln oder Blutkonserven, die direkt aus dem Monitor auf den Spieler treffen.

Allerdings will man beim Verkauf der Computerspiele gleich einen Gutschein für eine Putzstunde beilegen. Pädagogen würden wahrscheinlich von einer heilsamen Wirkung entsprechender neuer Geräte sprechen. Besorgte Ergotherapeuten glauben sogar noch an positive Effekte, denn die neuen Geräte würden der latent vorhandenen Bewegungsarmut von Kindern und Jugendlichen durch Muskelstimulation (EMS) entgegen wirken.