Die öffentliche Hinrichtung der ermordeten Irina A.
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Um Missverständnissen vorzubeugen: Sich eine Straftat auszudenken, ist eine … Straftat. Wer dieses Vergehens beschuldigt und überführt wird, ist dafür juristisch zu belangen. Einen "Sexmob" zu erfinden und sich in einschlägigen Medien öffentlichkeitswirksam als dessen Opfer zu inszenieren, ist ein mieses Spiel. Mies gegenüber den zu Unrecht beschuldigten Migranten, in dem Bewusstsein oder gar mit der Absicht, damit letztlich allen Flüchtlingen und Migranten zu schaden.
Zudem den Frauen gegenüber, die tatsächlich Opfer von Sexualdelikten wurden. Denn die größte Gefahr, der sie nach der Tat in einem Gerichtsverfahren ausgesetzt sind, ist, dass ihnen nicht geglaubt wird. Bis heute darf über die Kölner Silvesternacht nicht laut gesprochen werden, und der erfundene Vorfall aus Frankfurt hat medial ein weitaus größeres Echo gefunden als die Silvesternacht 2015/16, in der bundesweit, vor allem in Köln und Hamburg, aber auch in Frankfurt, etwa 1.200 Frauen Opfer von Sexualdelikten wurden, an denen geschätzt 2.000 Männer beteiligt waren - und zwar zu ca. 90% nicht-deutscher Herkunft.
Niemand fragt nach diesen Opfern. Nicht danach, wie sie die Angriffe verarbeitet haben, ob ihnen professionelle Hilfe zuteil wurde, oder ob sie, wie so viele, die diese dringend benötigen, mit der Krankenkasse um jede Therapiestunde feilschen müssen.
Jetzt fragt niemand nach Irina A. Dafür wird ihr Lebenswandel genüsslich in den Gazetten ausgebreitet. Wenn ein Mann es in der Organisierten Kriminalität zu Reichtum und Ansehen gebracht hat, unterhalten hochrangige Politiker beste Kontakte zu ihm. Handelt es sich um eine Frau, dann ist die erste Frage, die gestellt wird: Wie viele Männer haben ihr ihren ausschweifenden Lebensstil finanziert?
Es wird über verschiedene Tatmotive spekuliert: Entweder tötete Jan M. sie demnach, weil sie ihn in dem in Kürze beginnenden Prozesses wegen der erfundenen Silvestergeschichte belasten wollte oder aber aus Habgier, weil er scharf auf ihren wertvollen Schmuck war, den er entwendet haben soll. Auch Eifersucht wurde genannt und zuletzt Geldforderungen von Irina A. an Jan M., die dieser nicht bezahlen wollte.
Niemand fragt nach den Kindern. Was wird aus ihnen? Haben sie jemanden, der sich um sie kümmert? Wo leben sie? In Deutschland? Oder in Moldavien, dem Geburtsland von Irina A.? Haben sie einen deutschen Pass? Ein Bleiberecht? Oder werden sie womöglich zu dem unerträglichen Verlust der Mutter noch damit gequält, dass sie aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen und in ein Land abgeschoben werden, welches sie nicht kennen?
Niemand fragt nach den anderen Opfern von Frauenmorden, oder Opfern von Messerstechereien. Das Presseportal der Polizei "Blaulicht" weist 1.540 Sucherergebnisse unter dem Stichwort "Messer" für 2018 aus.
Eine Auswertung von Medienberichten, die ich für das Jahr 2018 vornahm, ergab bislang 22 Todesopfer aufgrund von Messerattacken; davon 13 Frauen und 9 Männer - obwohl Frauen insgesamt etwa 1/5 der Opfer stellen und ca. 5% der Tatverdächtigen. Diese Presseauswertung von insgesamt knapp 100 Vorfällen ist nicht repräsentativ, aber sie offenbart eine Tendenz. Und zwar eine, von der die Kanzlerin sagen würde: "Das ist nicht gut." Und dieses "das ist nicht gut" kommt bei der Bevölkerung an.
Niemand fragt danach, was es mit anderen Frauen und durchaus auch Männern - macht, wenn in einem beliebten Naherholungsgebiet in einer Großstadt ein solch bestialisches Verbrechen geschieht. Folgen wir einmal kurz der Logik, Jan M. habe Irinia A. umgebracht, weil sie ihn in dem bevorstehenden Prozess belasten wollte. Angeblich hat der Tatverdächtige sich mit dem Opfer zu einem Spaziergang verabredet, den Irina A. nicht überlebte.
Was hätte der Täter gemacht, wenn zufällig eine andere Person des Wegs gekommen und auf das Verbrechen aufmerksam geworden wäre? Was hätte dieser Person wohl geblüht? Wer eine Zeugin beseitigt, wird vermutlich nicht davor zurückschrecken, es auch mit einer weiteren zu tun.
Wie viele Frauen werden - zumindest in der nächsten Zeit - wohl vermeiden, sich allein in diesem Park zu bewegen? Vermutlich auch so mancher Mann. Vorwiegend nach Einbruch der Dunkelheit. Nicht nur Frauen wird ein Stück Bewegungsfreiheit genommen, durch ein solches grausames Verbrechen.
Das ist die Realität, die hinter den nüchternen Zahlen steht, die alljährlich vom Bundeskriminalamt (BKA) erstellt und vom Bundesinnenminister der Öffentlichkeit präsentiert werden. Eine Realität, die gern als Gänsefüßchen-Befindlichkeit "gefühlte Sicherheit" abqualifiziert wird.
Das ist die weit verbreitete Wahrnehmung, die im krassen Gegensatz steht zu Horst Seehofers (CSU) froher Botschaft, "das Land ist sicherer geworden". Eine Behauptung, die auch ansonsten viel Anlass zu Widerspruch böte - doch das ist ein anderes Thema.