Diesel und Benzin auf Rekordhöhe: Gelbwesten sprechen von "heißem Winter"
… und die französische Regierung denkt an Gutscheine, um die Kaufkraft zu erhöhen
Die Benzin- und Dieselpreise sind auch in Frankreich auf Rekordwerte gestiegen. Die französische Regierung überlegt derzeit laut, also über Medien, ob sie nicht Gutscheine verteilt, um Druck aus der Erhöhung der Kraftstoffpreise zu nehmen.
Man wolle bald handeln, teilte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire mit. Es gehe "vor allem darum, dass es die Franzosen, die es brauchen, so schnell wie möglich erreicht". In welcher Höhe die Gutscheine ausgestellt würden, ist noch Thema von Spekulationen. Le Maire betonte lediglich die Präferenzen der Regierung: Dass man Erleichterungen nicht über die Steuersenkungen erreichen will.
Das wäre "ungerecht", so der Wirtschaftsminister, weil eine Steuersenkung nicht auf die Haushalte abziele, die niedrigere Treibstoffpreise am dringendsten benötigen - und weil eine solche Steuersenkung für die Verbraucher an der Zapfsäule kaum spürbar sei, für den Staat allerdings schon. Eine Senkung des Treibstoffpreises um einen Cent koste den Staat "eine halbe Milliarde" an Einnahmen, rechnet der Minister beim Sender Europe 1 vor.
Außerdem käme eine Steuersenkung einer "Subventionierung fossiler Brennstoffe" gleich, was man doch "im Rahmen der Strategie zur Bekämpfung der globalen Erwärmung" vermeiden wolle. Ein häufig wiederkehrender Schlüsselbegriff bei solchen Diskussionen ist in Frankreich die "Kaufkraft" (pouvoir d'achat). Die Regierung setzt offensichtlich darauf, dass eine Gutschrift, die als "chèque carburant" bezeichnet wird, anschaulich für mehr Kaufkraft steht und weniger den Anschein einer Subventionierung von klimaschädlichen Kraftstoffen erweckt.
Sozialen Unruhen vorbeugen
Der stärkste Beweggrund für diese Überlegungen ist wahrscheinlich woanders zu suchen - in der Befürchtung, dass die hohen Treibstoffpreise zu sozialen Unruhen führen könnten, die der politischen Gegenseite nutzen. Die Gelbwesten kündigten bereits an, dass der "Winter heiß" werde. So berichtet es zumindest die Zeitung Le Parisien, die dazu Einzelstimmen sammelte.
"Es ist Zeit für einen Neuanfang". Tristan Lozach, 29, ist überglücklich. Seit ein paar Tagen kennt die Gruppe der Gelbwesten, die er 2018 gegründet hat, eine zweite Jugend. Die 17.000 Mitglieder sind wieder im Einsatz, die Mitgliedsanträge gehen wieder in Strömen ein. "Ich habe sogar einen Freund requiriert! Es gab zu viele Anfragen, um sie zu prüfen", staunt der junge Mann, Teamleiter in einer Maskenfabrik bei Saint-Brieuc (Côtes-d'Armor).
Tristan Lozach ist einer derjenigen, die glauben, dass die soziale Mobilisierung mit ein wenig Hilfe wiederbelebt werden kann. Wie im Jahr 2018 steigt der Benzinpreis und die Kaufkraft sinkt.
Le Parisien
Ob diese Bemerkungen für einen Neuanfang in einem größeren Ausmaß stehen, ist schwer zu beurteilen. Ein Teil der sehr unterschiedlich zusammengesetzten Gelbwesten-Bewegung hatte sich zuletzt auf Proteste gegen den Gesundheitspass und damit verbundenen "Impfzwang" konzentriert.
Nach anfänglich Hundertausenden Teilnehmern ließen die Zahl der Demonstrierenden an den letzten Wochenenden sichtbar nach. Selbst bei den Zählungen der Gruppe Nombre Jaune, die von den offiziellen Zahlen des Innenministeriums abweichen, blieben die samstäglichen Proteste landesweit deutlich unter der Hundertausender-Marke.
Doch sind auch Zigtausende, die sich über Städte in ganz Frankreich verteilen und sich samstags bemerkbar machen, ein Zeichen dafür, dass die Protest-Bewegung lebendig ist. Und wenn Le Parisien ein Gelbwesten-Treibstoffpreise-Revival ankündigt, so zeigt das, selbst wenn die Anzeichen dafür noch eher anekdotisch aussehen, dass entsprechende Befürchtungen in den politischen Zirkeln ebenfalls noch lebendig sind.
Der Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen im kommenden Frühjahr hat begonnen. Dass die Regierung in Paris den Strom- und Gaspreis deckeln will, einen außerordentlichen Energiegutschein in Höhe von 100 Euro für fast sechs Millionen Haushalte mit geringem Einkommen versprochen hat, gehört auch zum Wahlkampfpaket.
Macron hat mit Marine Le Pen und Éric Zemmour, der mit einer Kandidatur liebäugelt (und dies zu seiner Strategie macht) Konkurrenten, die sich gut aufs populistische Fach verstehen.