Dreiweg-Handy - Ich, Du und Big Government hört zu

Die American Civil Liberties Union (ACLU) startete eine Inseratenkampagne gegen ungewollte Lauscher

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Ein Handy. Ein Slogan: "Now equipped with 3-way calling. You, whoever your’re dialing, and the Government." Dieses Inserat erschien am Osterwochendene in den US-Printmedien "The New Yorker" und "The New York Times Magazine". Gestartet wurde die Kampagne von der American Civil Liberties Union aus Protest gegen neue Überwachungstechnologien.

Der Begleittext klärt die amerikanischen Bürger über das Spionagenetzwerk "Echelon" und das Schnüffelprogramm "Carnivore" auf. Nach Meinung der ACLU geht es nicht mehr nur darum, andere Geheimdienste zu überwachen, sondern auch die Zivilbevölkerung. TelepolisleserInnen ist Echelon hinlänglich bekannt. Bei "Carnivore" handelt es sich um ein vom FBI entwickeltes Email-Überwachungsprogramm, das Emails und Chats, die über einen Internetprovider laufen, auffangen und auf FBI-Computern speichern kann (Carnivore im FBI-Test). Carnivore, was übersetzt Fleischfresser bzw. Raubtier heißt, läuft inzwischen unter dem dezenteren Namen DCS1000 (Zerrissen zwischen Schutz vor Kriminalität und Schutz der Privatsphäre).

Die American Civil Liberties Union sieht im Einsatz von "Carnivore" einen Verstoß gegen die Privacy Rights. Mit der Wahl des Handys als Bild und dem Slogan für das Inserat spielt man offensichtlich auch auf die neue Generation der Dreiband-Handys an und auf die neuen Möglichkeiten des mobilen Internetzugangs. Spitzelsysteme würden die mit den neuen Technologien gewonnenen Freiheiten aber massiv einschränken, meint man bei ACLU. "Der Kongress muss Carnivore unterbinden", fordert deshalb Gregory T. Nojeim von ACLU in einer Presseaussendung.

Auf der ACLU-Hompage finden sich Begleitmaterialien zu der Kampagne. Außerdem werden die amerikanischen Bürger und Bürgerinnen aufgefordert, sich an einer Email und Fax-Aktion zu beteiligen. Dabei kann jeder Interessierte auf vorgefertigte Schreiben zurückgreifen und diese gratis an seine Repräsentanten im Kongress schicken. Die Briefe fordern volle Aufklärung über Echelon sowie die Abschaffung von "Carnivore". Wie viele Menschen dem Aufruf Folge leisten, bleibt noch abzuwarten. Ein großer Prozentsatz der Amerikaner akzeptiert nämlich aus Furcht vor Kriminalität Überwachungstechnologien, wie im Rahmen der Umfrage "Fear of Online Crime" (Zerrissen zwischen Schutz vor Kriminalität und Schutz der Privatsphäre) festgestellt wurde, obwohl sie den Behörden eigentlich nicht trauen und Schnüffeln auch nicht sonderlich sympathisch finden.

Wie auch immer, gelungen ist die Kampagne allemal. Für die ästhetische Ausführung zeichnet die Agentur DeVito/Verdi verantwortlich. Ganz billig war die Aktion sicher nicht. Allerdings verfügt die Organisation mit 275.000 Mitgliedern auch über ein Budget von 40 Millionen Dollar im Jahr. Von einem so hohen Spendenaufkommen können Privacy-Organisationen hierzulande nur träumen.