Drohnenabschuss: Iranische Revolutionsgarden kündigen Gegenbeweis an
US-Präsident Trump bringt einen neuen Zwischenfall im persischen Golf an die Öffentlichkeit, der die Aggressivität Irans und eigene Schlagkräftigkeit demonstrieren soll. Iran kontert
Das US-Marineschiff USS Boxer hat gestern, wie US-Präsident Trump bekannt gab, bei einem "Zwischenfall in der Straße von Hormuz" eine iranische Drohne zerstört. Das unbemannte Fluggerät soll sich bis auf fast 1.000 Yards (entspricht etwa 940 Meter) dem amphibischen Angriffsschiff (mit über 250 Meter Länge nicht gerade eine "Nussschale") angenähert haben und die Sicherheit des Schiffs und der Crew bedroht haben.
Nach mehreren Warnungen, die ignoriert worden seien, so Trump, habe die USS Boxer eine Abwehrmaßnahme durchgeführt: "Die Drohne wurde umgehend zerstört."
Dem widersprechen Vertreter Irans. Zunächst das Außenministerium: Dessen Leiter Zarif wie auch sein Stellvertreter Abbas Araghchi (deutsche Transkription: Arakchi) teilten mit, dass sie keine Informationen über den Verlust einer Drohne hätten. Araghchi fügte dem noch die Stichelei hinzu, dass das amerikanische Kriegsschiff möglicherweise "versehentlich ein eigenes unbemanntes Fluggerät abgeschossen habe".
Am heutigen Freitag bestätigte der Sprecher der iranischen Streitkräfte, General Abolfazl Shekarchi, laut der iranischen Nachrichtenagentur IRNA, dass es zwar die Drohne gibt, die Trump erwähnt habe, dass sie aber wie alle anderen auch, die Iran gehören und in der Region des persischen Golfs und in der Straße von Hormuz Aufklärung "in kontrollierten Missionen" betreiben, intakt zu ihrer Basis zurückgekehrt sei. Und dass es darüber hinaus keinerlei Berichte über eine Konfrontation zwischen der USS Boxer und iranischen Drohnen gebe.
Bildbeweise angekündigt
Das vom Staat finanzierte Medium Press TV legte mit einer Mitteilung der Revolutionsgarden (IRGC) weiter nach. Deren PR-Abteilung habe Bildmaterial, das einmal zeige, dass die Drohne in der Region schon vor dem Eintreten des amerikanischen Kriegsschiffes in die Straße von Hormuz operiert habe, zum anderen, dass die Drohne unbeschädigt zurückgekehrt sei.
Angekündigt werden von der IRGC Bilder der Drohne, die sie von der USS-Boxer gemacht habe und zwar "vor und nach der Zeit, für die die Amerikaner behaupten, dass sie die das unbemannte Flugobjekt abgeschossen haben". Wann genau dies stattgefunden hat, ist ebenso wenig bekannt wie der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Bildbeweise. "Bald", heißt es von den Öffentlichkeitsarbeitern der Revolutionsgarden. Man darf gespannt sein, ob sie Wort halten.
Beschlagnahme eines Schiffes
Zu diesem Zwischenfall kommt noch ein zweiter. Die iranischen "Revolutionswächter" sollen nach eigenen Angaben einen "ausländischen Öltanker" beschlagnahmt und die zwölfköpfige Crew festgesetzt haben, wird von der NZZ berichtet. Begründet wird die Aktion mit dem Vorwurf des Schmuggels von iranischem Erdöl vor. Angeblich soll das Schiff mit einer Million Liter iranischem Erdöl beladen sein, "das für ausländische Abnehmer bestimmt war". Die Aktion soll am Sonntag stattgefunden haben.
Wie bei dem eben erwähnten Fall und bei den vorgängigen Meldungen über Zwischenfälle mit Tankern ist einiges strittig oder offen. Weder der Name des Schiffes, das laut Außenminister Zarif nicht die Größe eines Tankers habe, noch die Nationalität noch der Ort der Beschlagnahmeaktion ist verbürgt. Einem Video von Press-TV zufolge könnte es sich um ein Schiff namens Riah handeln.
Laut Tanker Trackers könnte es sich dabei um jenes Schiff handeln, von dem kürzlich offiziell mitgeteilt wurde, dass Iran ihm in einer schwierigen Lage zu Hilfe kam. Nach Informationen der AP fährt die Riah unter der Flagge Panamas (wie übrigens auch der vor Gibraltar beschlagnahmte iranische Tanker Grace 1) und wird den Vereinten Arabischen Emiraten zugeschrieben.
US-Vertreter gaben der Nachrichtenagentur gegenüber vor ein paar Tagen an, dass es zwar den Verdacht gebe, dass das Schiff "übernommen wurde", dass man aber den Grund dafür, ob eine Hilfeleistung sei oder anderes, noch nicht kenne. "It’s going to be a concern", es gebe Anlass zur Sorge … Auch hier wird interessant sein, wie die Aufklärung durch Iran aussieht. Man arbeitet im persischen Golf angesichts der Sanktionen mit einigen Tricks.
"Abgestufte Erwiderung" und Glaubwürdigkeit
Beobachten lässt sich derzeit, dass Iran die jüngsten Konfrontationen in der Öffentlichkeit mit Kontern abfängt, die auf die Unglaubwürdigkeit der USA in der Region setzen. Die praktizierte "abgestufte Erwiderung" demonstriert, dass man sich wehrhaft auf die Konfrontation einlassen kann, ohne seinerseits zu eskalieren. Iran reagiert. Bislang fällt es Trump schwer, die größere internationale Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Iran sich bei den Streitigkeiten im persischen Golf als Aggressor benimmt.
Großen Teilen der Öffentlichkeit, insbesondere in der Region, dürfte klar sein, dass sich die Ereignisse in unmittelbarer Nähe Irans stattfinden. Man weiß sehr wohl, wie sich die USA verhält, wenn es um Interessen oder Konflikte geht, die vor "ihrer Haustüre" stattfinden.
Am Ende der eingangs erwähnten Mitteilung über den Zwischenfall wiederholt Trump, dieses Mal in ungewohnt leiserem Ton, dass die USA im Golf Partner brauchen gegen die Aggressionen Irans. Bislang ist die Unterstützung für eine Flotte, die sich die USA wünschen, ebenfalls nicht sehr lautstark. Den Golfstaaten, mit Ausnahme vielleicht von Saudi-Arabien, ist anscheinend nicht an einer weiteren Eskalation gelegen, die sich aus der verstärkten Präsenz von Kriegsschiffen ergeben könnten.
Für Trump bedeutet dies, dass er in einer Bredouille steckt, da er mit seinen Handlungen - aus gutem Grund - weit hinter seiner noch vor Kurzem lautstark vorgetragenen Rhetorik der Drohungen zurückbleibt und anderseits Iran ihm den Erfolg seiner Einschüchterungen und Maximaldruck-Taktik verweigert.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Inhalt geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Teheran signalisiert, auch hier abgestuft vorgehend, prinzipiell Gesprächsbereitschaft unter der Bedingung, dass zuvor alle Sanktionen beendet werden, und mit Forderungen, die die USA nicht akzeptieren können. "Ende der Waffenlieferungen an Saudi-Arabien" ist ein Beispiel dafür.
Jedes Mal aber, wenn in US-Medien übermittelt wird, dass Iran doch zu Gesprächen bereit sei und dies als Erfolg des Drucks der amerikanischen Regierung dargestellt wird, erfolgt postwendend ein klares "Nein" aus der iranischen Regierung: "Es gibt keine Nachverhandlungen zum JCPOA." - "Es gibt keine Verhandlungen zu den Raketen."
Das letzte Wort?
Man erwartet Kooperation in Iran. Solange das Weiße Haus auf Siegesposen und Unterordnung setzt, wird es wahrscheinlich beim "Nein" bleiben. Kritiker Irans kalkulieren, aus unterschiedlichen Interessenslagen heraus - auch Experten werden für Positionen bezahlt - damit, dass es im Land durch die Wirtschaftskrise und die Sanktionen, die deren Wirkung verstärken, zu Protesten kommt, die über kurz oder lang eine Wende herbeiführen.
Landeskenner zweifeln an dieser vereinfachten Sicht auf sehr komplexe Machtverhältnisse in Iran, auf ein ausgeprägtes politisches Immunsystem gegen arrogant auftretende auswärtige Mächte und einer politischen Kultur, die nicht so simpel und schablonenhaft aufzuschlüsseln ist, wie dies etwa der Nationale Sicherheitsberater der USA, Bolton, vor den Mitgliedern der MEK-Organisation zelebrieren kann.