Dschihadrückkehrer: "Es sind Feinde"

Das gelte für Männer wie für Frauen - der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian gibt sich entschlossen: "Keine Rückkehr". Dahinter zeigt sich Ratlosigkeit

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Der französische Außenminister hat sich am Wochenende sehr bestimmt zum Problem der französischen IS-Mitglieder geäußert, die in ihr Herkunftsland zurückwollen. Wer in den Reihen von Daesh gekämpft habe, habe gegen Frankreich gekämpft und sei daher ein Feind, so Jean-Yves Le Drian. "Es gibt keine Rückkehr", sagte er in einem Interview mit der Zeitung Ouest France.

Das sei von Anfang an die klare Position Frankreichs gewesen, betonte der Minister, wie es Mitglieder der französischen Regierung schon dutzendfach gesagt haben. Neu ist, dass Le Drian betonte, dass er Frauen und Männer gleichermaßen als Feinde Frankreichs sehe. So eindeutig war dies bislang nicht gesagt worden. Gut möglich, dass hier jüngste Bilder und Meldungen von IS-Fanatikerinnen, die sich im kurdischen Lager al-Hol als eine Art Religionspolizei aufspielen und dabei auch Gewalt gegen Kritiker des IS anwendeten, eine Rolle spielen.

Le Drians Begründung lautet:

Wer in den Jahren 2014, 2015 und 2016 in den Irak oder nach Syrien gegangen ist, hat dies im Allgemeinen getan, um zu kämpfen. Ich stelle fest, dass es eine Art des Mitgefühls von einigen Anwälten der Frauen gibt, aber sie sind Kämpferinnen, militante Aktivisten des Dschihadismus. Also müssen sie als solche behandelt werden.

Jean-Yves Le Drian, französischer Außenminister

So bestimmt Le Drian eine eindeutige Position der Regierung reklamiert wie hier bei den Frauen, so lässt er wichtigen Fragen offen stehen und begnügt sich mit leeren Hülsen, wohl in der Hoffnung, dass ihn der Interviewer in Ruhe lässt. Auch das wird aus seinen Aussagen deutlich. Le Drian hat es einfach mit der Forderung, dass die IS-Mitglieder an Ort und Stelle vor Gericht gestellt werden und ihre Strafe erhalten sollen, wenn es um den Irak geht, weswegen Frankreich auch darauf achtet, dass die IS-Kämpfer möglichst in dieses Land gebracht werden, wie die 13 Männer Ende Februar.

Damit will man sicherstellen, dass sie nicht nach Frankreich zurückkehren, erklärte kürzlich noch die Zeitung La Voix du Nord. Allerdings ist wenig bekannt, dass es auch im Irak Stimmen gibt, die eine Rückkehr fordern - dass Dschihadisten aus westlichen Ländern in ihren Herkunftsländern vor Gericht gebracht werden und darüber hinaus, dass westliche Länder für den Schaden durch die IS-Kämpfer aufkommen.

In Syrien ist die Lage noch etwas komplizierter. Für die dort festgehaltenen IS-Mitglieder, Männer wie Frauen, gibt es die Möglichkeit, dass sie freikommen und zurückkehren, etwa durch die Veränderung der militärischen Situation, weil sei ausbrechen oder weil sie zurückgenommen werden müssen, da die Kurden so viele Festgehaltene nicht weiter versorgen können (Syrien: 70.000 Mitglieder des IS warten auf Abholung). Sicher ist in Syrien nur, dass die Gerichtsbarkeit der kurdischen Verwaltung der Gebiete in Nordsyrien (Rojava) international nicht anerkannt ist.

Die Hilflosigkeit der französischen Regierung hinter der sich nach außen so klar und bestimmt wollenden Position ist hier zu deutlich zu spüren. Wenn es um Syrien geht, verschiebt Le Drian das Problem einfach auf irgendwann später. Syrien sei ein anderer Fall, "weil der Krieg noch nicht beendet ist". Der Außenminister meint damit hauptsächlich den Krieg gegen den IS, wie die folgenden Sätze zu erkennen geben, was soll dann aber wie besser werden? Das Verhältnis Frankreichs zu Baschar al-Assad? Le Drians Formulierungen lassen viel Luft.

Möglicherweise passiere in Syrien "morgen", was schon im Irak geschieht, sagt er - dass IS-Milizen vor Ort vor Gericht gestellt werden. "Trotz des Sieges, der gerade in Baghouz errungen wurde, ist es wichtig, dass es nun auch juristische Vorgänge gibt, um die IS-Kämpfer zu richten", appelliert der französische Außenminister an irgendeine unbekannte Vernunftsadresse gerichtet und vergisst hinzuzufügen, wer sich auf syrischem Boden um die juristischen Vorgänge ("procédures judiciaires") kümmern soll.

Die Legitimität dazu haben die amtlichen syrischen Gerichte, wie es die Verfassung des Landes und Souveränitätsrechte vorschreiben, aber Paris hat die diplomatischen Beziehungen zu Damaskus abgebrochen, weil die französische Regierung Baschar al-Assad und Regierungsmitglieder für Verbrecher hält, wie es Le Drian und andere schon unter dem Vorgängerpräsidenten Hollande wiederholt betont haben.

Die Kurden, die enge Verbündete der französischen Regierung sind, hatten wiederholt deutlich gemacht, dass sie mit dieser Menge an IS-Gefangenen, die einen immensen Versorgungsaufwand benötigen, nicht lange zurechtkommen würden. Schon vor Monaten warnten Vertreter der Kurden der von ihnen verwalteten Gebiete in Nordostsyrien, dass die Verhältnisse etwa wegen der beständigen Androhung einer türkische Militäroperation instabil sind und gefährliche Dschihadisten freikommen könnten, weswegen die Herkunftsländer ihre Staatsangehörigen zurücknehmen sollten.

Dazu wollte sich Le Drian nicht äußern, weil es dazu keine einfache Antwort gibt. Probleme wollte der Minister lediglich bei dem extrem schwierigen Thema Kinder von IS-Mitgliedern mit französischer Staatsbürgerschaft einräumen.

Es gibt das Problem mit den Kindern. Und mit Kindern in sehr jungem Alter, bei denen die Mütter möglicherweise auf ihr Sorgerecht verzichten. Das wird sich dann von Fall zu Fall zeigen. Mit viel Wachsamkeit, weil man in solchen Fällen keine gutgemeinte weltfremde Naivität brauchen kann. Weil es hier auch eine Instrumentalisierung gibt und Manipulationen, die das menschliche Mitgefühl nützen. Frankreich wird das Recht respektieren, aber auch die Sicherheit der Franzosen. Das sind die beiden grundlegenden Positionen.

Jean-Yves Le Drian, französischer Außenminister

Momentan gibt es laut Zahlen, die der Figaro aktuell berichtet, etwa 300 minderjährige, also unter-18-jährige Franzosen in den "syrisch-irakischen Konfliktzonen". Aus der Schätzung geht nicht hervor, wie viele in Lagern festgehalten werden oder wo sie Zuflucht gesucht haben und wie viele unter ihnen Kleinkinder oder Teenager sind.

Der Staatssekretär im Inneren, Laurent Nuñez, bekannt für markige Aussagen auch gegenüber Gelbwesten, betonte, dass nicht alle nach Frankreich zurückkehren werden. "Das ist unsere Position. Wir entscheiden von Fall zu Fall bei den Kindern, die in schwierigen humanitären Situationen sind." Nuñez sprach kürzlich noch von bis zu 500 französischen Kindern in Syrien und im Irak. Man wisse nicht wirklich, wo sie sich aufhalten.

Seit 2015 sind 95 Minderjährige nach Frankreich zurückgekehrt. Von den 89, die vor dem 4. Februar dieses Jahres nach Frankreich kamen, so berichtet die Zeitung, sind 81 in einem amtlichen Verfahren der "erzieherischen Hilfe". Bei 74 Minderjährigen sei dies schon angelaufen. Sie sind meist bei einer Gastfamilie untergebracht, eine Minderheit lebt in einem Heim. Sehr selten sei der Fall, dass sie zu ihrer Familie zurückkehren konnten.

Mitte März wurde bekannt, dass zwei Anwälte im Namen von fünf französischen Familien bei den Vereinten Nationen eine Klage gegen Frankreich eingereicht haben, weil sei auf eine Rückkehr der Kinder drängen, die in den Lagern lebensbedrohlichen Umständen ausgesetzt seien.