EU-China-Streit: Woran sich die deutsche Kommissionspräsidentin erinnern sollte

Der EU-China-Gipfel am 7. Dezember fand in Beijing statt. Bild: EU-Kommission / Public Domain

Von der Leyen mit Anhang zu Besuch in Beijing. Es ging vor allem um Handel und Russland. Warum der EU-Konfrontationskurs unehrlich ist. Ein Kommentar.

Wenig Annäherung hat am Donnerstag ein sino-europäischer Gipfel in Beijing (Peking) gebracht. Die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen war gemeinsam mit dem Ratspräsidenten Charles Michel und dem Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell in den Fernen Osten gereist.

Dort führte das Trio mehrere Gespräche mit Chinas Präsidenten Xi Jinping, dem neuen Premierminister Li Qiang und dem neuen alten Außenminister Wang Yi.

Die Plattform Euractive berichtet, dass sich die Gespräche vor allem um Strafzölle und die unausgeglichene Handelsbilanz der Union drehten. Von der Leyen sprach von unfairem Wettbewerb, der die Position der europäischen Industrie untergrabe. Das könne nicht toleriert werden.

In Deutschland war es allerdings 2011 eher die eigene Regierung, die der heimischen Solarindustrie mit einer abrupten Kehrtwende in der Förderpolitik den Binnenmarkt zerschoss und damit deren Niedergang erheblich beschleunigte. Insofern sollte sich die Kommissionspräsidentin, die seinerzeit im zweiten Kabinett Merkel die Hand für den Kahlschlag gehoben hatte, nicht wundern, dass heute China der unangefochtene Weltmarktführer in Sachen Solarzellen und -panele ist.

Daten der EU-Statistikagentur Eurostat zeigen, dass die Importe der EU-Mitgliedsländer aus China in den letzten Jahren viel schneller zugelegt haben, als die Ausfuhren ins Land der Mitte. Entsprechend ist das Handelsbilanzdefizit der EU im Warenaustausch mit der Volksrepublik bis 2022 auf knapp 400 Milliarden Euro angewachsen.

Zum Vergleich: Deutschland hatte 2022 insgesamt einen Überschuss im Außenhandel von nicht ganz 89 Milliarden Euro. Das ist ziemlich viel, war aber der niedrigste Wert seit dem Jahr 2000. Zeitweise waren in den letzten Jahren gar Waren im Wert von über 200 Milliarden Euro mehr aus- als eingeführt worden.

Insbesondere viele EU-Staaten leiden an ungleichen Handelsbeziehungen mit der Bundesrepublik. Insofern hat es schon ein gewisses Geschmäckle, wenn sich die deutsche Kommissionspräsidentin in Beijing über Chinas Überschüsse beklagt.

Die chinesische Seite kritisierte ihrerseits die laufenden Prüfverfahren für Strafzölle unter anderem für Solaranlagen und Elektroautos und mahnte Augenmaß an. Xi betonte, dass sein Land gewillt sei, die EU zu einem Schlüssel-Handelspartner zu machen. Die beiden Seiten sollten einander nicht als Rivalen sehen und nicht konfrontativ begegnen.

Neben dem handelspolitischen Streit treibt die EU auch Chinas Beziehung zu Russland um. Trotz eindeutiger Distanzierung von Russlands Krieg gegen die Ukraine und trotz Beijings Bemühungen zur Vermittlung wirft die Brüsseler Kommission der Volksrepublik weiter Unterstützung Russlands vor.

Es hat den Anschein, als wären EU-Kommission und die Berliner Regierung erst zufrieden, wenn China seine Beziehungen zu Russland infrage stellt und sich den Sanktionen der Nato-Staaten gegen Moskau anschließt.

Damit würde es allerdings nicht nur die Energiepreise im Inland wie auch auf dem Weltmarkt in schwindelerregende Höhen treiben, sondern sich auch dem Westen unterordnen. Erwarten kann Letzteres eigentlich nur, wer vollkommen ahnungslos in Sachen chinesischer Geschichte und europäischer – nicht zuletzt deutscher – Kolonialverbrechen in Ostasien ist.

Erwartungsgemäß gab es also in der „Russland-Frage“ keine Annäherung. Nicht bekannt ist in diesem Zusammenhang, ob die EU-Delegation nicht zumindest versucht hat auszuloten, ob mit chinesischer Hilfe ein Vermittlungsversuch im Ukraine-Krieg lanciert werden könnte.