EU setzt Weltparlament auf die Agenda
In einer aktuellen Resolution spricht sich das EU-Parlament für globale Demokratie aus
Weltweit sind autoritäre, nationalistische, rechtsradikale Parteien und Bewegungen auf dem Vormarsch. Auch in der EU, auch in Deutschland. Zunehmend drängen sie sich in den öffentlichen Diskurs und bedrohen demokratische Strukturen, setzen auf Abschottung und Ausgrenzung. Das EU-Parlament hat diesen Tendenzen in einer aktuellen Resolution nun ein starkes Signal entgegengesetzt.
Darin fordern die Parlamentarier die EU-Regierungen dazu auf, sich bei der UN-Generalversammlung für die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung stark zu machen. Als demokratisch gewähltes UN-Organ könnte ein solches Parlament "den demokratischen Charakter der UN erweitern" und außerdem die zivilgesellschaftliche Teilhabe an globalen Entscheidungen verbessern. Ein UN-Parlament in dieser Form wäre eine Vorstufe zu einem Weltparlament, das langfristig auch oppositionellen Stimmen und Minderheiten aus autokratischen Staaten Einfluss verschaffen könnte.
Die EU-Resolution ist auch das Ergebnis jahrelanger intensiver Lobbyarbeit der NGO Democracy Without Borders. Deren Geschäftsführer Andreas Bummel begrüßte in einer ersten Reaktion die Resolution. "Mutilateralismus und Demokratie sind weltweit in Bedrängnis", sagte er. "Eine Stärkung und Demokratisierung der UN muss Teil der Gegenmaßnahmen sein." Bummel engagiert sich seit vielen Jahren für dieses Anliegen, 2007 begann seine Kampagne für ein UN-Parlament, der sich inzwischen rund 1500 Parlamentarier aus aller Welt, darüber hinaus zahlreiche Wissenschaftler und Intellektuelle angeschlossen haben.
Vor wenigen Tagen kündigte der Schweizer Ständerat Daniel Jositsch an, das Thema auch in den Schweizer Bundesrat einzubringen. Ein UN-Parlament wäre "eine Weltrevolution. Eine zweite Kammer neben der UNO-Generalversammlung (…) wäre ein fundamentaler Umbau der Vereinten Nationen."
Im Gespräch mit Telepolis stellte Bummel 2017 klar, dass das Ziel aber keine "zentralistische Weltregierung, in der sich alle Macht bündelt", sei, sondern ein globales System mit Checks and Balances. Kritikern hält er entgegen: "Die Angst vor einer Weltregierung ist insofern paradox, weil es im Prinzip längst eine Art von Weltregierung gibt. Nur ist diese intransparent und es fehlen ihr sichtbare, formale Institutionen, die demokratischer Kontrolle unterliegen. In bestimmten Bereichen haben wir ja schon eine globale Steuerung, die aber eben im wesentlichen nur Eliteninteressen dient."
Als ein Kernproblem der heutigen global governance sieht er, dass in der modernen Welt fast alles globalisiert ist - nur eben nicht demokratische politische Strukturen, weshalb die Politik auf viele Probleme nicht adäquat reagieren kann. Abschottung und Nationalismus würden diese Lage weiter verschärfen: "Würden die Staaten hingegen gemeinsam verbindliche globale Regeln aufstellen, würden sie ihre Souveränität zurückgewinnen, nur eben auf einer anderen Ebene."
Die 73. UN-Generalversammlung wird im September eröffnet. Es bleibt abzuwarten, ob es den Regierungen der EU-Länder bis dahin gelingt, die Resolution umzusetzen und ihren Einfluss bei den Vereinten Nationen auszuüben.
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