EU und Ukraine-Krieg: Lieferung von Munition an Kiew nur erster Schritt?

Seite 4: Wo steht die EU?

Schon länger fordern namhafte Politiker wie der ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, oder der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber, die Umstellung auf eine Kriegswirtschaft.

Sicher ist die Europäische Union davon noch ein gutes Stück entfernt.

Aber gerade mit dem ASAP-Plan werden wichtige erste Versatzstücke – etwa die Neuausrichtung von Teilen der Produktion auf die Herstellung von Rüstungsgütern, die Umwidmung ziviler Fonds oder die Möglichkeit für Eingriffe in die Marktwirtschaft – vorgeschlagen, die deutlich in diese Richtung weisen.

Und sind hier erst einmal die ersten Schritte getan, ist davon auszugehen, dass weitere folgen werden.

Auch im ASAP-Plan missbraucht die Kommission im Übrigen erneut rechtswidrig Artikel 173 AEUV als Kompetenzgrundlage für das neue Gesetz – das bedeutet, dass das Instrument ebenfalls in die Zuständigkeit der Industriepolitik gerückt wird.

Dass er hier aber völlig falsch verortet ist, machen allein die Ausführungen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Vorstellung des ASAP-Gesetzesvorschlages mehr als deutlich:

Wir werden die rüstungsindustrielle Produktion von Munition in Europa hochfahren und beschleunigen. Dies wird dazu beitragen, mehr Munition für die Ukraine zu liefern, damit sie ihre Bürger verteidigen kann, und es wird auch unsere europäischen Verteidigungsfähigkeiten stärken.

Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten werden wir eine weitere Milliarde Euro mobilisieren, um die Kapazitäten in ganz Europa zu erhöhen. Dies ist ein entscheidender Teil der strategischen Fähigkeit Europas, seine Interessen und Werte zu verteidigen und zur Erhaltung des Friedens auf unserem Kontinent beizutragen.

Ursula von der Leyen, 3.5.2023

Eindeutig stehen hier nicht industrielle, sondern militärische und strategische Erwägungen im Vordergrund. Wie nun schon mehrfach erwähnt, dürfen aber Maßnahmen, die vorrangig militärischen Zwecken dienen, eigentlich nicht aus dem EU-Haushalt finanziert werden.

Doch wer sich ohnehin mit zielstrebig in Richtung Kriegswirtschaft bewegt, dem dürften derlei rechtliche Feinheiten dann ohnehin auch vollends egal sein.