EU und Ukraine-Krieg: Lieferung von Munition an Kiew nur erster Schritt?
Seite 2: Stufe 2: Gemeinsame Finanzierung, Stärkung der Waffenindustrie
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Einen Vorschlag zur Finanzierung von Stufe 2, der Finanzierung gemeinsamer Munitionskäufe, legte die Kommission mit dem "Instrument zur Stärkung der Europäischen Verteidigungsindustrie durch Gemeinsame Beschaffung" (EDIRPA) bereits im Juli 2022 vor.
Stärkung der rüstungsindustriellen Basis
Die Kommission sah darin für länderübergreifende Munitionskäufe zunächst einen Betrag von 500 Millionen Euro vor, die Ausschüttung der Gelder wurde aber an diverse Bedingungen geknüpft, die vor allem eine Stärkung der rüstungsindustriellen Basis im Blick haben – im Kommissionsvorschlag heißt es dazu:
Die durch das Instrument bereitgestellte finanzielle Unterstützung durch die EU müsste Verfahren zur kooperativen Beschaffung im Verteidigungsbereich durch die Mitgliedstaaten fördern und der EDTIB [rüstungsindustriellen Basis] zugutekommen, zugleich aber die Handlungsfähigkeit der Streitkräfte der EU-Mitgliedstaaten, die Versorgungssicherheit und eine größere Interoperabilität sicherstellen.
Verordnungsvorschlag zur Einrichtung des Instruments zur Stärkung der Europäischen Verteidigungsindustrie durch Gemeinsame Beschaffung
Als Starttermin wurde ursprünglich noch 2022 anvisiert, was sich allerdings aufgrund von Kompetenzstreitigkeiten diverser parlamentarischer Ausschüsse und anderer Probleme schnell als illusorisch erwies.
In den Verhandlungen zwischen Kommission und Parlament wurde der Betrag schließlich auf eine Milliarde noch einmal deutlich aufgestockt, was dazu führte, dass die zuständigen EP-Ausschüsse ITRE (Industrie) und AFET (Auswärtige Angelegenheiten) am 25. April 2023 grünes Licht gaben.
Die nun anstehenden Trilog-Verhandlungen (Rat, Kommission und Parlament) sollen noch vor der Sommerpause abgeschlossen und damit Stufe 2 des Munitionsplans in trockenen Tüchern sein.
Einfach in die Industriepolitik verfrachten
Die parlamentarische Beteiligung kommt daher zustande, weil EDIRPA im Gegensatz zur EFF kein "haushaltsexternes Budget" ist, sondern mit EU-Geldern gespeist wird. Weil aber auch hier die Gefahr besteht, dass das Instrument mit dem im EU-Vertrag Artikel 41(2) enthaltenen Finanzierungsverbot militärischer Maßnahmen kollidieren könnte, wurde der folgende rechtliche Klimmzug unternommen:
Da die EU aufgrund des Artikels 41 Absatz 1 [sic!] des Vertrages über die Europäische Union nicht direkt Rüstungsgüter finanzieren darf, gilt EDIRPA […] als industriepolitische Maßnahme. […] Auf diese Weise wäre die EU in der Lage indirekt die gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern zu fördern, ohne gegen Artikel 41 Absatz 1 [sic!] zu verstoßen.
Europäische Sicherheit & Technik, 7.2.2023
Indem EDIRPA also kurzerhand auf die Kompetenzgrundlage von Artikel 173 AEUV gestellt und dadurch in den Bereich der Industriepolitik verfrachtet wurde, soll das Ganze nun nach Auffassung von Kommission, Rat und Parlamentsmehrheit rechtlich sauber sein.
Allerdings handelt es sich hier klar ersichtlich primär um eine militärische und nicht um eine industriepolitische Frage und die Kommission kann Maßnahmen eigentlich nicht zwischen unterschiedlichen Politikbereichen hin- und herschieben, wie sie gerade Lust hat.
Dieses Verfahren hat sich jedoch schon bei einem anderen EU-Rüstungstopf, dem seit 2021 existierenden Europäischen Verteidigungsfonds, "bewährt", obwohl in einem ausführlichen Rechtsgutachten herausgearbeitet wurde, dass dieses Agieren illegal ist.
Doch wo kein Richter, da kein Urteil: Die von der Linksfraktion eingereichte Klage liegt bis heute irgendwo unbearbeitet herum.
Und weil die Kommission augenscheinlich mit diesen rechtlichen Tricksereien zumindest bislang durchkommt, wurden sie jetzt bei Stufe 3 des Munitionsplans gleich wieder angewandt.