Ein Verein, eine Stiftung oder …?
Der Fall der Gina-Lisa Lohfink - Teil 3
Zu Teil 1: Die Sprungrevision verlief erfolglos
Zu Teil 2: Das Schweigen der Unterstützer
Während des Verfahrens kündigten Gina-Lisa Lohfink und ihr Verteidiger, Burkhard Benecken, an, dass Frau Lohfink einen Verein oder eine Stiftung für Opfer sexueller Gewalt gründen würde. Dies kann als taktisch kluger Schachzug gesehen werden, denn gemeinnützige Vereine oder Stiftungen, die mit den Verfahrensgründen zu tun haben, werden von der Öffentlichkeit nicht selten positiv gesehen. Sie scheinen auf soziales Denken, Güte bzw. Altruismus hinzuweisen.
Nun wäre es unfair, Frau Lohfink und ihrer Verteidigung automatisch zu unterstellen, dass taktische Aspekte für die Vereinsgründung (bzw. deren Ankündigung) vorlagen, ohne hierfür zumindest ein Indiz vorweisen zu können. Ein solches liegt in der Person des Verteidigers sowie dessen bisherigen Handlungsweisen begründet.
Der Spiegel hat sich mit Herrn Benecken und seinen Prozessen beschäftigt und verwies in seinem Artikel "Das seltsame Gebaren des Burkhard Benecken" darauf, dass die Ankündigung eines Vereines, die im Zusammenhang mit dem Prozessgrund steht, nicht neu ist, wenn es um Herrn Benecken geht:
Bei Deniz A. (dem "Promi-Hacker") war es der Verein gegen Internetsucht, der gegründet werden sollte. Herr Benecken führte als Verteidiger damals an, sein Mandant sei internetsüchtig. Muhlis A., als "Mehmet" in den Schlagzeilen gewesen, wurde ebenfalls von Herrn Benecken verteidigt, diesmal wurde ein Verein "Gewaltig gegen Gewalt" in Aussicht gestellt, der von Muhlis A. gegründet werden sollte. Es ist also durchaus ein Muster erkennbar, welches bei etwas Recherche auch Eingang in die Berichterstattung hätte finden können.
Doch dem war nicht so. Vielmehr griffen viele Medien die Ankündigung Frau Lohfinks auf und schrieben über die Pläne. Teilweise behaupteten sie sogar, die Pläne seien bereits umgesetzt.
Sie sehe sich als "Vorkämpferin", so Gina-Lisa Lohfink. "Die Politiker müssen endlich aufwachen ... Im Gesetz muss klipp und klar stehen: Wenn ein Mann sich über das Nein einer Frau hinwegsetzt, dann ist der Sex eine Vergewaltigung." Sie wolle nun einen gemeinnützigen Verein namens "Women are strong" gründen: "Wir wollen Frauen helfen, die Opfer von sexueller Gewalt geworden sind oder in Gefahr. Wir wollen eine kostenlose Erstberatung anbieten, mit Psychologen, Sozialarbeitern und geschulten Anwälten. Ich werde Spenden sammeln.
(Seitenblicke)
Aus der Anklage gegen das einst belächelte It-Girl ist längst ein Politikum geworden. Es geht um die verlorene Ehre der Gina-Lisa L., aber auch um mehr. Die 29-Jährige hat gerade einen Verein gegründet, der Vergewaltigungsopfer in ähnlicher Lage beraten soll. Er heißt: Women are strong.
(Die Welt)
So sieht das Gina-Lisa Lohfink trotz allem offenbar auch. Sie hat den Verein Women are strong gegründet, der Opfer von sexueller Gewalt "kostenlos, psychisch, moralisch und juristisch" unterstützen soll. "Ich möchte Frauen schützen", sagt das It-Girl heute. "Weil es nicht jeder gut mit einem meint.
(Der Standard)
Das "It-girl" Gina-Lisa Lohfink, von Beruf Arzthelferin, kündigte nicht nur an, um ihr eigenes Recht kämpfen zu wollen, sondern hat gerade auch den Verein "Women are strong" gegründet. Der soll Opfer sexueller Gewalt "kostenlos, psychisch, moralisch und juristisch" unterstützen.
(Emma)
Ihr anderer Plan, nämlich einen gemeinnützigen Verein für die Opfer sexualisierter Gewalt zu gründen, erhält wesentlich weniger Aufmerksamkeit.
(Spiegel Online, Kolumne von Margarete Stokowski)
Es ist fast ein halbes Jahr her, dass Frau Lohfink den Verein oder die Stiftung ankündigte, doch auch für jene, die bemängelten, dass die Pläne nicht genug Aufmerksamkeit fanden, war dies kein Grund, nachzuhaken und nachzuforschen.
Bisher findet sich nichts zu einem Verein namens "Women are strong", eine Anfrage bei der Kanzlei Herrn Beneckens blieb unbeantwortet. Eine Nachfrage beim Management in Wien ergab, dass der Verein bisher nicht gegründet worden sei - Frau Lohfink sei ja auch sehr beschäftigt und teilweise im Ausland gewesen (während der Aufnahmen zur Show "Ich bin ein Star, holt mich hier raus"), auch sei das Vereinsrecht ja doch nicht so einfach gestaltet.
Das deutsche Vereinsrecht macht eine Vereinsgründung eigentlich recht einfach. Nichtsdestotrotz ist nicht auszuschließen, dass der Verein "Women are strong" tatsächlich irgendwann gegründet werden wird. Derzeit aber wirkt es eher so, als hätte er lediglich als Kniff gedient, um Pluspunkte für Frau Lohfink zu sammeln und sei ebenso wenig ernstzunehmen wie die Ankündigung, Frau Lohfinks Managerin werde sich "den Arm abhacken" falls Frau Lohfink verurteilt werde (bzw. Frau Lohfink selbst werde eher ins Gefängnis gehen, als Schadensersatz an die beiden Männer zu zahlen, die sie beschuldigte).
Es wäre seitens derjenigen, die sich so schnell auf die Seite Frau Lohfinks schlugen und schlagen, zumindest fair und notwendig gewesen, zwischen Ankündigungen und umgesetzten Plänen zu unterscheiden - bzw. nunmehr darauf hinzuweisen, dass der laut Artikel bereits gegründete Verein eben noch nicht besteht. Hier zeigt sich jedoch, dass nur selten auch Nachberichterstattung stattfindet. Vielmehr wird eher nahtlos zum nächsten möglichst Leser anziehenden Fall übergegangen. Frei nach dem Motto "was geht mich mein Geschriebenes von einst an". Auch so funktioniert Manipulation.