Einbruchsermittlungen? Computer says no ...

Symbolbild: Nick Youngson. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Opfer von Einbrüchen wurden über die automatisch entschiedene Nichtbearbeitung ihrer Fälle nicht behördlich informiert und erfuhren erst aus der Zeitung davon

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In der Fernsehserie Little Britain gibt es eine durch ständige leicht abgewandelte Wiederholung unterhaltsame Situation, in der eine (von einem Mann gespielte) unattraktive Sachbearbeiterin Kundenanfragen mit dem immer gleichen "Computer Says No" abspeist.

Das, was die britische Polizei derzeit im englischen Norfolk ausprobiert, weckt bei vielen Nutzern Sozialer Medien Erinnerungen daran. Einem Bericht der Mail on Sunday nach hat die dortige Polizei nämlich in Hunderten von Einbruchsfällen einfach nicht ermittelt, weil ein Computeralgorithmus errechnet hatte, dass sich das nicht "lohnt". Die Opfer der Einbrüche wurden darüber nicht behördlich informiert und erfuhren erst aus der Zeitung davon.

"Empfehlung"

Die Polizei meinte dazu auf Anfrage, dieser Vorwurf sei "ungenau", weil man zwar tatsächlich einen Algorithmus nutze, der anhand von 29 anhand tausender älterer Fälle festgesetzter Faktoren eine "Empfehlung" gebe. Diese Empfehlung werde jedoch durch die Norfolk Investigation Management Unit überprüft und im Bedarfsfall geändert. Wie oft das bislang geschah, will die Polizei nicht verraten.

Außerdem, so die Polizei weiter, werde jedem Einbruchsanzeigeerstatter weiterhin mindestens ein persönlicher Besuch abgestattet, auch wenn man seinen Fall danach nicht weiterbearbeitet. Bei diesem Besuch soll die die Polizei die 29 Faktoren klären, mit denen der von der University of Cambridge entwickelte Algorithmus seine Empfehlung errechnet. Zu diesen Faktoren zählt unter anderem, ob es Material von Überwachungskameras gibt, ob Finger- oder Fußabdrücke oder hinterlassen wurden und ob die Methode der aus anderen Einbrüchen ähnelt.

Harry Fletcher von der Verbrechensopferorganisation Victims’ Rights Campaign kritisierte, dass so eine automatische Chancenberechnung unter anderem außer Acht lässt, wie wichtig die Aufklärung für die individuellen Opfer ist und ob es sich beispielsweise um ältere Leute handelt, die seinen Worten nach stärker darunter leiden, wenn der Täter nicht ermittelt wird.

Auch bei den Oppositionsparteien kam die automatische Aktenschließungsberechnung eher nicht gut an: Ein UKIP-Sprecher sprach von einer "Beleidigung" der Opfer von Verbrechen und Ed Davey von den Liberaldemokraten meinte, er sei durchaus offen für neue Technologie wenn diese dabei hilft , Kriminelle zu fangen - aber hier gehe es anscheinend eher darum, welche Kriminellen man nicht fängt.

Die Aufklärungsrate bei Einbrüchen hat sich in Großbritannien seit 2013 von sechs auf drei Prozent halbiert. Dafür stieg die Zahl der Einbrüche deutlich. Eine wichtige Rolle dabei spielen einem Bericht der Times zufolge professionelle chilenische Banden, die nach einem Muster arbeiten, das den georgischen in Deutschland ähnelt: Ihre Mitarbeiter reisen für höchstens drei Monate mit einem Touristenvisum ein und setzten die Beute nicht über örtliche Hehler, sondern über ein eigenes Netzwerk ab.

Suboptimale Ressourcenallokation

Versuche, mit Predictive-Policy-Algorithmen die wahrscheinlichen Orte für Einbrüche vorherzusagen und dort eine stärkere Polizeipräsenz zu zeigen, konnten an dieser Entwicklung bislang nichts ändern - allerdings kommen sie im Vereinigten Königreich bislang nur sehr vereinzelt zum Einsatz.

Eine andere Neuerung könnte die Zunahme von Einbrüchen und die Abnahme von deren Aufklärung sogar begünstigt haben, weil sie dazu führte, dass potenziell weniger Ressourcen zur Aufklärung von Einbrüchen und Gewaltverbrechen zur Verfügung stehen: die verstärkte Beschäftigung der britischen Polizei mit Äußerungsdelikten.

Sie führte unter anderem dazu, dass man Hubschraubereinsätze durchführte, weil auf einer Gartenparty ein Scherzlied gespielt wurde, das eine Beamtin für "Hate Speech" hielt (vgl. Tories könnten absolute Mehrheit einbüßen). (vgl. Hate-Speech-Hubschraubereinsatz statt Terroristenüberwachung). Diese verstärkte Beschäftigung mit Äußerungsdelikten geht auch auf politische Wünsche zurück - unter anderem auf die des Londoner Bürgermeister Sadiq Khan, der sich öffentlich über beleidigende Tweet echauffierte, während seine Stadt dieses Jahr New York bei der Zahl der jährlichen Morde überholte.

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