Kondensstreifen von Flugzeugen: Ein unterschätzter Beitrag zum Klimawandel?
Fliegen wird wegen seines CO2-Ausstoßes immer wieder als Klimasünder angeprangert. Kondensstreifen sind wohl gefährlicher. Wie lassen sie sich vermeiden?
Bei blauem Himmel zeigen sich hinter Flugzeugen mit Strahltriebwerken oft Kondensstreifen. Die bestehen aus Eiskristallen, die meist in der oberen Troposphäre entstehen, in einer Höhe zwischen 8.000 und 12.000 Metern, wenn heiße, wasserdampfhaltige Abgase aus Flugzeugtriebwerken auf kalte Luft treffen.
Handelt es sich bei den Kondensstreifen um sogenannte Chemtrails?
Immer wieder wird vermutet, dass es sich bei den Kondensstreifen um sogenannte Chemtrails handelt. Das sollen gezielt in die Atmosphäre eingebrachte Chemikalien sein, welche das Klima beeinflussen und die Menschen möglicherweise vergiften sollen. Oft wird im Kontext der Kondensstreifen eine Weltverschwörung, namens "Secret Large Scale Atmospheric Program" (SLAP) bemüht, die darauf ausgelegt sei, die Menschheit zu manipulieren.
Ein Hauptindiz dafür sei, dass man die weißen Streifen auch an sonst wolkenlosem Himmel sieht, aber nicht bei jedem Flugzeug. Beide Phänomene lassen sich wissenschaftlich erklären. Kondensstreifen entstehen wie natürliche Wolken, wenn die Luft mit Wasserdampf gesättigt ist.
Die in ähnlicher Höhe wie die Kondensstreifen auftretenden Zirruswolken entstehen bei einer Übersättigung von 40 Prozent. Die Übersättigung für die Bildung von Kondensstreifen liegt mit 20 Prozent deutlich niedriger. Das erklärt, warum Kondensstreifen an blauem, wolkenlosem Himmel zu sehen sind. Weil moderne Triebwerke kühlere Abgase ausstoßen als ältere Maschinen, ist der Wassergehalt, also die relative Feuchte darin höher. Somit können hinter neueren Flugzeugen eher Kondensstreifen entstehen als hinter älteren.
Weil zudem die Flugzeuge heute in größeren Höhen fliegen und mehr Wasserdampf emittieren, halten sich auch ihre Kondensstreifen oft länger. Wenn Kondensstreifen unterbrochen sind, lässt sich dies ganz einfach mit Schwankungen des Wasserdampfgehalts in der jeweiligen Umgebung erklären.
Können Kondensstreifen als anthropogene Wolken das Klima beeinflussen?
Während sich die Befürchtungen, dass die Kondensstreifen in Wirklichkeit Chemtrails seien, nicht verifizieren ließen, wurde inzwischen festgestellt, dass sie Teil des Treibhauseffektes sein können, weil sie die Wärmestrahlung, die von der Erde ausgeht, daran hindert, ins Weltall zu gelangen. Auch die mit den Triebwerksabgasen ausgestoßenen Stickoxide haben eine erhebliche Klimawirkung:
Im Zusammenhang mit der Feststellung, dass der Verkehrssektor in Deutschland seine Klimaziele auf absehbare Zeit verfehlen wird und die Politik darauf hofft, dass andere Sektoren dies ausgleichen können, kam zuletzt wieder das Thema auf, dass Kondensstreifen den Klimawandel stärker beeinflussen als der CO2-Ausstoß der Flieger. Kondensstreifen tragen erheblich zur globalen Erwärmung durch den Luftverkehr bei und machen etwa 35 Prozent der Gesamtauswirkungen des Luftverkehrs auf den Klimawandel aus.
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Die Kondensstreifen zählen zu den sogenannten Nicht-CO2-Effekten. Nach derzeitigem Kenntnisstand sind sie im Luftverkehr vergleichsweise groß. Zwei Drittel der Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima sind auf Nicht-CO2-Effekte von Flugzeugen zurückzuführen. Der Grund dafür ist, dass der Luftverkehr zum meist in Höhen emittiert, in denen seine Emissionen sich stärker auswirken als am Boden und somit besonders klimawirksam sind. Zu den Nicht-CO2-Effekten des Luftverkehrs gehören primär Kondensstreifen (Contrails) und Kondensstreifen-Zirren, also Eiswolken.
Wie lassen sich die Auswirkungen der Nicht-CO2-Effekte reduzieren?
Da die Kondensstreifen im Vergleich zum ausgestoßenen CO2 nur jeweils eine kurze atmosphärische Lebensdauer haben, werden diese Effekte nicht gleichmäßig in der Atmosphäre verteilt. Ihre Klimawirkung hängt deshalb stark von den jeweiligen Parametern ab. Dies sind geografischer Ort, Flughöhe, Zeitpunkt der Emission, lokaler Sonnenstand und Wetterlage.
Diese Tatsachen eröffnen die Möglichkeit, die Klimawirkung des Luftverkehrs durch eine geeignete Wahl von Flugrouten und -höhe zu verringern. Allerdings führt die Nutzung von klimaoptimierten Flugtrajektorien oft zu erhöhten CO2-Emissionen. Die klimaoptimierten Flugtrajektorien müssen daher so gewählt werden, dass die gesamte Klimawirkung des betreffenden Flugs verringert wird.
Das Maastricht Upper Area Control Centre/Eurocontrol und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) testen seit Anfang 2021 alternative Routenführungen im realen Flugverkehr zur Vermeidung von Kondensstreifen. Mithilfe detaillierter Wettervorhersagen werden eisübersättigte Regionen und Wolken lokalisiert, welche die Flugzeuge dann unter- oder überfliegen.
Im Gegensatz zu den anderen Nicht-CO2-Effekten hat man bei langlebigen Kondensstreifen die Möglichkeit zu beeinflussen, ob auf einem Flug mehr oder weniger Kondensstreifen gebildet werden. Mit dem Projekt von DLR und Eurocontrol konnte bereits der Nachweis erbracht werden, dass eine Vermeidung von langlebigen Kondensstreifen im realen Flugverkehr tatsächlich möglich ist. Dies gilt als ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem klimaverträglichen Luftverkehr.
Da im Luftverkehr sehr viel Geld auf dem Spiel steht, eine grundsätzliche Beschränkung der Reisen per Flugzeug daher kaum durchsetzbar sein dürfte und die Branche deutlich technikaffiner als andere Sektoren ist, kann damit gerechnet werden, dass die Klimaauswirkungen nicht zuletzt durch die Zusammenführung von verfügbaren Daten und ihre Interpretation mithilfe von KI zur Reduzierung der Klimaauswirkungen durch den Luftverkehr führen wird.