Elend aus Überfluss

Nähert sich der Computerboom dem Ende?

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Früher waren Geräte wie Lokomotiven, Autos, Nähmaschinen oder Kühlschränke so konstruiert, dass ein normaler Heimwerker sie bedienen und sogar reparieren konnte. Im Zuge der ausufernden Computermanie werden nun schon Dinge wie das einfache Gestänge, das die Gaspedale mit der Drosselklappe des Vergasers verbindet, durch eine Computerverbindung ersetzt. Und wir haben so viele weihevolle Lobeshymnen über Computer und ihre wundersamen Fähigkeiten über uns ergehen lassen, dass es höchste Zeit wird für eine handfeste Beschwerde.

Selbst die besten und teuersten Computer haben Pannen. Wo die Informationsverarbeitung über Leben und Tod entscheidet, in amerikanischen Spaceshuttles zum Beispiel, wird die gesamte Bordelektronik nie von einem Supercomputer, sondern von mindestens vier oder fünf unabhängigen Einheiten gesteuert. Dem Phänomen eines Computerabsturzes wohnt ein stumpfer Starrsinn inne, ein Starrsinn, im Vergleich zu dem die Bockigkeit eines Esels von nahezu Einsteinscher Weisheit zu sein scheint. Den sturen Widerwillen, bestimmte Befehle auszuführen, und immer wieder auftretende Funktionsverzögerungen kennt jeder, der mit dem normalen Computeralltag vertraut sind.

Als Verlage mit ihren Autoren noch über Buchhalter - die oft nicht einmal eine mechanische Rechenmaschine mit Kurbel hatten - abrechneten, kam das Geld in der Regel schneller als heute, obwohl die angeblich so ultraschnellen elektronischen Systeme den Prozess ja eigentlich beschleunigen sollten. Im Endeffekt ist es immer ein solider literarischer Agent, der Fehler in den Verlagsabrechnungen entdeckt. Weil Rechner nach - fast überall - herrschender Meinung Unfehlbarkeit erreicht haben, werden alle Entgleisungen aber stets den am Computer sitzenden Menschen angelastet.

John von Neumann nannte das menschliche Gehirn ein System, das aus unsicheren Faktoren besteht. Ich weiß nicht, wo man bei Computern die Schwächen suchen kann und soll. Ich weiß aber, dass die Notwendigkeit, Funktionen möglichst störungsfrei zu halten, in den verschiedensten Bereichen eine wahrhafte Computermanie ausgelöst hat. Wie Frauen oder, gerechter gesagt, Menschen nicht durch und durch schlecht sind, weil jeder seine Vorzüge hat, so ist es auch mit Computern: man kann viel von ihnen erwarten, auf manches zählen und ziemlich viel bekommen. Aber ebenso wie es aussichtslos wäre, von der Frau des Cäsar ausschließlich göttliche Tugenden zu erwarten, so hat auch ein hundertprozentiges Vertrauen in die Unfehlbarkeit und Zuverlässigkeit der Computer verhängnisvolle Konsequenzen.

Es gibt so viele Computerprogramme, dass es immer schwieriger wird, das Programm auszuwählen, welches für eine bestimmte Aufgabe gerade am besten eignet. Wie allgemein bekannt, haben wir verschiedene Datennetze mit vielen Knoten, und wir haben Browser zum Surfen im Netz; das Wichtigste ist jedoch zu wissen, wie man in den Informationsdickichten, die mikroskopisch klein auf den Festplatten versteckt sind, schnell das finden kann, was man braucht. Vor allem für weniger Geübte sind diese Suchaktionen manchmal wie der Gang durch ein riesenhaftes Labyrinth - und dann erinnern wir uns wehmütig, wie schön einfach es war, gesuchte Informationen aus einer Buchenzyklopädie zu holen.

Neben den Computern, die zur Zeit auf dem Markt sind oder mit großem Enthusiasmus von großen Firmen angekündigt werden, sollen bald einfache Parallelcomputer und sogar Quantencomputer zur Verfügung stehen. Momentan ist der Gipfel der Träumereien ein flüssiger Computer, der an einem Modell präsentiert wird, das ein Glas Kaffee darstellt - er kann auch mit Milch versetzt sein. Numerische Aufgaben oder Simulationsaufgaben sollen mithilfe eines elektrischen Steuerungsfelds und durch Moleküle in einem Magnetfeld gelöst werden, das von außen an das Glas Kaffee angelegt wird.

Ich behaupte keineswegs, dass das in den Bereich des Märchens gehört. In vielen Lebensbereichen ist das, was unseren Vätern noch unglaublich erschien, wahr geworden. Dennoch stellt das Bauen eines mehrstöckigen Gebäudes aus gewöhnlichen Spielkarten im Vergleich zum Bau eines Computer aus Atomspins eine einfache Aufgabe dar - weil sich Atome oder Elektronen im Bereich der absoluten Null, also dort, wo die Bose-Einstein-Statistik gilt, einigermaßen ordentlich verhalten. Bei Zimmertemperatur kann man dagegen von einem Quantencomputer nur träumen, da bei dieser Temperatur alle Konfigurationen der subatomaren Zustände äußerst instabil sind.

Ich werde jetzt aber nicht länger an dem grandiosen Festzug der neuesten computerogenen Ideen, die das atomare Chaos in eine uns perfekt dienende Ordnung umzuwandeln sollen, herumnörgeln. Ohne Namen zu nennen, gebe ich nur die Ansicht von Experten wieder, die vorhersagen, dass der Computerboom, der in den letzten Jahren exponentiell gewachsen ist, sich seiner Grenze und somit seinem Ende zu nähern scheint.

Wir haben Bildschirme, die flach sind wie ein Bild an der Wand, und eine Computermaus halten wir bereits für ein ziemlich altmodisches Gerät. Die Verbindung von Fernsehgeräten, Monitoren, Computern, Modems und Faxgeräten zu einheitlichen Pseudoorganismen rückt immer näher. Wir haben Geräte für Rechts- und für Linkshänder. Es scheint also, als ob wir uns am Ende unseres Jahrhunderts bemühen würden, in dem gigantischen Raum der Information alles zu vollenden, was noch zur Konstruktion übrig geblieben ist.

Obwohl sich Spezialisten die Weisheitszähne an den zwei Nullen des Y2T ausgebissen haben, bedeutete diese Dämmerung selbstverständlich keinen informationstechnologischen Weltuntergang. Anders, also einfacher gesagt: so schlimm, wie ich sagte, ist es nicht. Wir haben uns in den Fallen der Betriebssysteme verirrt, weil sie weder uns noch sich selbst verstehen. Letztendlich zeigt sich, dass der Verstand als das System, das mit Begriffen arbeitet, zur Zeit durch nichts ganz ersetzt werden kann. Ich setze also auf den Hauptgewinn, auf das, was am schwierigsten zu gewinnen ist, obwohl ich nicht weiß, wann es uns gehören wird. Wir müssen den Weg gehen, der unsere entfremdeten Köpfe zum Verstand zurückführt, wie weit dieser Weg auch immer sein mag. Auch wenn wir unzählige Ausrutscher und Fehler riskieren: in der näheren Zukunft wird es keinen anderen Weg geben.

Weil sich die Zukunft immer anders gestaltet, als wir sie uns vorstellen, ist das, was ich schreibe, geprägt von einer subjektiven Überzeugung, die allerdings recht stark ist. Ich behaupte allerdigngs nicht, dass ich die Zukunft so genau kenne wie den Inhalt meiner Schublade.

Aus dem Polnischen übersetzt von Ryszard Krolicki