Emissionsverhandlungen bei schlechter Luft
Die Besucher der COP24 in Polen können im Smog von Kattowitz am CO2-Praxis-Test teilnehmen
Sieben Umweltaktivisten wurden am Donnerstag im polnischen Belchatow von der Polizei verhaftet. Sie hatten zwei Tage lang auf dem 108 Meter hohen Kühlturm des dortigen Braunkohlekraftwerks gegen die Luftverschmutzung protestiert. Rund 40 Millionen Tonnen CO2 und drei Tonnen Quecksilber pustet Polens größtes Wärmekraftwerk jährlich in die Luft.
Etwa 120 Kilometer südlich, in Kattowitz (polnisch Katowice), wird am kommenden Montag die UN-Weltklimakonferenz mit Vertretern aus 195 Ländern steigen - Hauptthema wird die Frage sein, ob die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden kann. Die EU-Kommission setzt das ehrgeizige Ziel, bis im Jahre 2050 den Ausstoß des Treibhausgases auf Null zu reduzieren.
Fraglich ist, ob Polen hier mitzieht. Das Land deckt über 80 Prozent seines Energiebedarfs aus Schwarz- und Braunkohle und plant nahe der ostpolnischen Stadt Ostroleka ein neues gigantisches Kraftwerk, das täglich bis zu 11.000 Tonnen Schwarzkohle verbrennen soll. Der derzeitige Umweltminister Henryk Kowalczyk nennt die Kohle "schwarzes Gold" und will durch saubere Verbrennungsmethoden und das Pflanzen von Wäldern die Emissionswerte senken.
Polen verweist auf eine deutliche Reduktion seines Emissionsausstoßes. Glaubt man dem polnischen Staatspräsidenten, so sind es 29 Prozent seit 1989. "Symbolisch" finde die Konferenz auf dem Gelände einer ehemaligen Förderanlage statt, so das Staatsoberhaupt.
In einem Spot anlässlich der Konferenz wird Polen als umweltbewusstes Land mit reiner Luft und Elektroautos verkauft, Geplant ist immerhin, dass der Anteil der alternativen Energien bis 2030 auf 21 Prozent steigen soll. Erreicht werden soll dies durch Sonnenenergie und Windkraftfarmen auf dem Meer. Die Windparks auf dem Land will die Regierung wegen Proteste von Landwirten langfristig wieder abbauen. Zudem will das Land in Zusammenarbeit mit Frankreich den Bau seines ersten Atommeilers in Angriff nehmen.
Das Klimaverständnis der polnischen Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) zeigt sich auch durch die Auswahl der Partner des Gipfels. Es sind mit der Jastrebie Kohlengesellschaft (JSW), Tauron, PGE und PGNiG die größten Energiekonzerne des Landes, die sich darauf freuen, vor einem internationalen Publikum die Vorzüge ihrer Unternehmen vorzustellen, so äußerte dies zumindest ein Vertreter von JWS ganz offen.
Maciej Grabowski, Umweltminister von 2013 bis 2015, und Mitglied der heute oppositionellen Partei "Bürgerplattform" (PO) kritisiert die derzeitige Regierung als "Bremser" im Klimaschutz. Jedoch auch unter der PO hatte die polnische Kohlelobby bei der Weltklimakonferenz 2013 in Warschau ihren großen Auftritt - ihrem Einfluss hat sich bislang noch keine Regierung an der Weichsel widersetzt.
Zu den zehn großen Luftverschmutzern auf globaler Ebene gehört Polen nicht, hier ist Deutschland auf Platz sechs, Spitzenreiter ist China aus, gefolgt von den USA, Indien und Russland.
Doch auf landesweiter Ebene hat das Regierungslager ein großes Problem, das nach baldiger Lösung verlangt - den Smog. In Polen befinden sich Orte mit Rekordwerten an Luftverschmutzungen innerhalb der EU. Schuld sind nach Umweltschutzorganisationen vor allem die vielen Kohleöfen in Privathaushalten und die Kohlekessel im Keller für die Mietskasernen.
Die Werte für das oberschlesische Kohlerevier, in dem Kattowitz liegt, sind aktuell alarmierend. Feinstaub PM2,5 liegt als Spitzenwert bei 500 Prozent über der Norm. Die Bewohner sind aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben. Somit können auch die Lungen der internationalen Besucher der 24. Klimakonferenz am CO2-Praxis-Test teilnehmen.