Energiespeichertestgebiet im Münsterland
Im münsterländischen Bioenergiepark Saerbeck sollen unterschiedliche Stomspeicher im kommunalen Netz mit hoher EE-Einspeisung in der Praxis getestet werden - ein weiteres Beispiel für ein zellulares Netz
Die deutsche Stromversorgung wird aufgrund der gestiegenen Anzahl an Einspeisern immer komplexer und damit auch komplizierter zu regeln. Daher entwickeln kleine Einheiten wie kommunale Energienetzbetreiber zunehmend Ambitionen, innerhalb ihrer Netze einen Ausgleich zwischen Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und der Stromnachfrage zu schaffen, um möglichst wenig auf die überlagernden Netze zurückgreifen zu müssen.
In der Gemeinde Saerbeck im nördlichen Münsterland, die seit März 2012 offiziell den Beinamen "NRW-Klimakommune" führt, wird heute viermal soviel Strom aus Windkraft, PV und Biomasse produziert, wie im Gemeindegebiet benötigt wird.
Da die PV nachts keinen Strom liefert, müssen die Versorgungslücken bislang aus dem überliegenden Stromnetz gedeckt werden. Im Projekt EnerPrax zusammen mit der FH Münster wird nun untersucht, wie sich derzeit verfügbare Speichertechniken in der Praxis eignen, Überschussstrom zu speichern und bei einer die Erzeugung übersteigenden Nachfrage wieder ins Netz einzuspeisen.
Standort Bioenergiepark Saerbeck
Auf dem etwa 90 Hektar großen Gelände des ehemaligen Bundeswehr-Munitionshauptdepots Saerbeck, das die Gemeinde Saerbeck im Jahre 2011 übernommen hatte, wurde im Rahmen der geplanten Konversion mit ausschließlich lokalen Investoren und einer Investitionssumme von über 70 Millionen Euro der Bioenergiepark (BEP) Saerbeck entwickelt.
Mit Wind, Sonne und Biomasse wird in der Kommune mit 7.200 Einwohnern heute genug Strom für 19.000 Haushalte erzeugt. Neben einem 5.740,80 kWp großen Photovoltaikpark im BEP gibt es in Saerbeck über 400 Photovoltaik-Anlagen auf privaten Dächern. Neben den Biogasanlagen erzeugt auch eine Bioabfallverwertungsanlage Strom.
Insgesamt sieben Enercon Windkraftanlagen vom Typ E-101 sind seit Herbst 2013 in Betrieb und liefern im Durchschnitt pro Jahr 6,5 Millionen Kilowattstunden Strom. Die Anlagen wurden von unterschiedlichen lokalen Investoren errichtet und werden gemeinsam von der Windpool Saerbeck GmbH & Co KG betrieben, welche auch die standortbedingten unterschiedlichen Erträge der einzelnen Anlagen ausgleicht.
In Planung und im gesetzlich vorgeschrieben Genehmigungsverfahren befindet sich zudem eine Klärschlammmonoverbrennungsanlage die über eine Dampfturbine mit Generator ebenfalls zur Stromerzeugung genutzt werden soll. Auch eine geothermische Anlage befindet sich in der Planung. Der BEP versteht sich heute als Kompetenzzentrum für erneuerbare Energie und die Energiewende. Daher wird dort nicht nur Strom produziert, sondern auch gelehrt und geforscht.
Eingesetzte Speichertechnik
Im EnerPrax-Projekt sind sechs Energiespeicher installiert und inzwischen in Betrieb gegangen. Ein Speicher nutzt eine Blei-Kristall-Technik, die als Weiterentwicklung der Blei-Gel-Akkus den Vorteil bietet, dass der Speicher nach Nutzungsende zu 99 Prozent stofflich recyclebar ist und sich aufgrund der großen Nachfrage nach sekundärem Blei die Verwertung auch wirtschaftlich trägt. Zudem ist das Recycling von Bleiakkus technisch ausentwickelt.
Diese Technik kommt beispielsweise auch in Unterbrechungsfreien Stromversorgungen zum Einsatz und hat sich dort bewährt. Zum Einsatz kommt eine Anlage des Herstellers Powertrust mit einer Leistung von 10 kW und einer Speicherkapazität von 21,6 kWh.
Zudem kommen zwei unterschiedliche Lithium-Ionen-Eisen-Phosphat-(LiFePO4 ) Speicher von Pihsiang Energy Technologyzum Einsatz, die sich durch ihre hohe Resistenz gegen Kurzschlüsse auszeichnen sollen. Eine arbeitet bei 12,4 V und hat eine Maximalladung von 2.000 Ah; die andere arbeitet bei 48 V und kann voll geladen 500 Ah speichern.
Beide sollen noch im August in die übergeordnete Steuerung eingebunden werden. Die Vanadium-Redox-Flow-Batterie von Enerox GmbH/CellCube Energy Storage Systems Inc. besitzt eine Leistung von 15 kW und eine Speicherkapazität von 125 kWh. Die Redox-Flow-Batterie speichert die Energie in Form flüssiger Elektrolyte.
Als Referenz dient ein gängiger Lithium-Ionen-Akku von Tesvolt mit einer Leistung von 9,9 kW und einer Speicherkapazität von 24 kWh. Daneben findet sich im Speicherpark ein PEM-Elektrolyseur in einer Power-to-Gas-Anlage. Das Aggregat von Diamond lite mit einer Leistung von etwa 10 kW(elektrisch) und einer Wasserstoffproduktion von einem Kubikmeter pro Stunde. Letztere bietet zwar keinen Strom-zu-Strom-Speicher, eignet sich jedoch möglicherweise im Sinne der Sektorenkopplung, wenn mögliche Wärme-Nutzer für eine grundsätzlich einfacher aufgebauten Power-to-Heat-Anlage aufgrund einer zu großen räumlichen Distanz als Kunden ausfallen.
Projektlaufzeit
Das EnerPrax-Projekt in Saerbeck läuft vom 01. Dezember 2016 bis 31. Mai 2020. Das beantragte Nachfolgeprojekt soll im November 2019 beginnen. Die Gemeinde Saerbeck ist ein weiteres Beispiel einer kommunal initiierten zellularen Energieversorgungslösung.
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