Entscheidet sich die Zukunft der Grünen am Umgang mit der Gaskrise?
Seite 2: Linke für und gegen Nord Stream 2
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Die Linkspartei, die nach ihrem Parteitag ihre internen Differenzen nicht überwunden hat, streitet nun wieder, ob sie angesichts einer drohenden Energiekrise für eine Inbetriebnahme von Nord Stream 2 eintreten soll.
Dies haben Sahra Wagenknecht, Klaus Ernst und andere Bundestagsabgeordnete gefordert. Vor allem der Parteivorstand, aber auch der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch, lehnen diese Position ab.
Dabei dürfte die reflexhafte Reaktion auch ihren Grund darin haben, dass man nicht als "Russlandfreund" abgestempelt werden will und sich Bündnisoptionen mit den Grünen nicht vergeben will. Sonst müsste erst geklärt werden, ob die Sanktionen nicht am Ende das russische Regime stärken, wie Sahra Wagenknecht und Klaus Ernst behaupten.
Das ist so überraschend nicht, die FAZ hat schon vor einigen Wochen erkannt, dass Putin genügend Abnehmer für Öl aus Russland hat und weltweit die Gaspreise zudem gestiegen sind, sodass das russische Regime tatsächlich von den Sanktionen profitiert hätte.
Zu den Gewinnern gehören auch die USA, die nun die Möglichkeiten haben, ihre Energie in der EU zu verkaufen. Deutschland hingegen, das nicht so schnell alternative Energie auftreiben kann, gehört dabei zu den Verlierern.
Auf einer realpolitischen Ebene stellt sich dann tatsächlich die Frage, warum die Staatsapparate in Deutschland an Sanktionen gegen Russland festhalten, die dem eigenen Land und nicht Russland schaden?
Die Frage, warum eine solche Politik dann weiterverfolgt wird, sollte durchaus gestellt werden.
Aus ökologischen Gründen gegen Nord Stream 2
Es gäbe eigentlich nur einen guten Grund für einen schnellen Ausstieg aus dem russischen Gas und das sind die ökologischen Kosten der Gasproduktion generell. Aus Umweltgründen gibt es gute Gründe, Nord Stream 2 nicht in Betrieb zu nehmen.
Doch dann dürfte man auf keinen Fall Fracking-Gas aus den USA als Alternative nehmen, denn da ist die Umweltbilanz nicht besser. Hier beginnt aber schon das Dilemma aus realpolitischer Option.
Weil ein Großteil der Menschen nicht einfach auf Energie verzichten kann, es aber keine saubere Alternative gibt, stellt sich die Frage, was denn der Vorteil des schnellen Abschieds vom russischen Gas ist. Die Debatte könnte zusätzliche Relevanz bekommen, wenn im Herbst die Folgen der Energiekrise auch in Deutschland spürbar sind und sich vielleicht sogar wieder eine Protestbewegung auf der Straße etabliert.
Dann könnten schnell auch wieder rechtsoffene Kreise daran partizipieren. Daher wäre es wünschenswert, einen linken, emanzipativen Standpunkt zu entwickeln. Der kann nicht darin bestehen, sich im geopolitischen Kampf verschiedener kapitalistischer Machtblöcke auf eine Seite zu stellen. Er könnte darin bestehen, für eine Übergangszeit noch russisches Gas zu nutzen, mit einem klaren Ausstiegsdatum aus ökologischen Gründen.
Vorbild könnte da der AKW-Kompromiss sein, wo ja auch kein sofortiger Ausstieg umgesetzt wurde. Als Übergangstechnologie könnte russische Energie genutzt werden, wenn es dazu keine ökologisch günstigere Alternative gibt. Es sollte um eine Energiepolitik mit ökologischem Hintergrund gehen, geopolitische Einflüsse sollten hingegen keine Rolle spielten.