Erstes Bild von einem Schwarzen Loch im Zentrum einer Galaxie
Im Rahmen des multinationalen Ereignishorizontprojekts ist es Astronomen zum ersten Mal gelungen, mit Radioteleskopen ein Schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie Messier 87 abzubilden
Die Astrophysiker postulieren heute, dass im Zentrum der meisten Galaxien ein Schwarzes Loch thront. So auch in der Galaxie Messier 87, einem Teil des Virgo-Galaxienclusters. Das erste, mit Radioteleskopen erfasste Bild des schwarzen Loches wurde heute bei einer gerade abgelaufenen Pressekonferenz vorgestellt.
Das darauf abgebildete Schwarze Loch befindet sich 55 Millionen Lichtjahre von uns entfernt und besitzt eine Masse, die 6,5 Milliarden Sonnenmassen entspricht.
Ein Schwarzes Loch kann entstehen, wenn ein massiver Stern in sich kollabiert und die Materiedichte im Inneren so groß wird, dass nichts mehr aus dem so entstandenen Gravitationsfeld entweichen kann, nicht einmal Licht. Und das ist gerade das Problem eines Fotografen, wenn man mit optischen Teleskopen eine Aufnahme von einem solchen Gravitationsungetüm aufnehmen möchte: Schwarze Löcher verschlingen zwar Licht und Materie, leuchten aber nicht selbst (abgesehen vom niedrigen Betrag der theoretisch postulierten Hawking-Strahlung).
Man könnte also höchstens den Schatten des Schwarzen Loches gegen den Hintergrund erkennen oder das durch die externe Akkretionsscheibe emittierte Licht wahrnehmen, d.h. den Lichtschein vom Flusslauf der vom Loch verschlungenen erhitzten Materie.
Heute war es soweit: Bei sechs gleichzeitigen Pressekonferenzen rund um die Welt wurden die ersten Ergebnisse der EHT-Kollaboration (Event Horizont Telescope) vorgestellt. Beim EHT handelt es sich um acht Radioteleskope, die rund um die Welt verteilt sind. Durch eine Interferenztechnik können ihre Aufnahmen zu einem Gesamtbild kombiniert werden, dem die Auflösung eines riesigen Teleskops entspricht, dessen "Antenne" fast so groß wie die Erde ist.
Die EHT-Teleskope registrieren Signale bei einer Wellenlänge von 1,3 Millimeter. Die erreichte Winkelauflösung sind 20 Mikrobogensekunden. Damit könnte man einen Tischtennisball auf dem Mond erkennen. Dazu kommt, dass zwischen uns und anderen Galaxien kosmischer Staub liegt. Mit Lichtteleskopen kann das Schwarze Loch im Zentrum nicht erfasst werden, deswegen muss man auf Röntgenstrahlen bzw. auf Radiowellen wie beim EHT ausweichen.
Das in Washington, Brüssel, Santiago de Chile, Lyngby, Shanghai, Taipei und Tokio gleichzeitig vorgestellte Ergebnis ist spektakulär, wie die Abbildung, die diesem Artikel vorangestellt ist, zeigt. Man erkennt darauf deutlich die Akkretionsscheibe des Schwarzen Lochs in Messier 87 und den Schatten vom Ereignishorizont. Das Bild entspricht auch den theoretischen Vorhersagen, wie bei den Pressekonferenzen unterstrichen wurde.
Das kollaborative Teleskop
Der EHT-Zusammenschluss hat Radioteleskope in Nordamerika, Europa, Südamerika und in der Antartis durch Ausnutzung der Interferometrie zu einem gewaltigen Teleskop zusammengeschaltet. In einem optischen Teleskop bündeln die Linsen das Licht und ein im Okular sichtbares Bild bildet sich aus destruktiven und konstruktiven Interferenzen der aufgesammelten Lichtstrahlen.
Man kann so optische Teleskope zu einem Gesamtsystem bündeln, wenn das Licht durch optische Wellenleiter zur Interferenz gebracht wird. Das ist das Prinzip hinter dem VLT (Very Large Telescope) der Europäische Südsternwarte in der Atacama Wüste, die aus vier einzelnen optischen Teleskopen besteht, die durch ein Interferometer zu einem Gesamtinstrument transformiert werden.
Bei Radioteleskopen kann dasselbe Prinzip angewendet werden, aber da die Wellenlänge im Radiofrequenzbereich viel länger ist, können die Daten an jedem Teleskop aufgenommen werden, mit einem extrem genaueren Zeitstempel. Alle Daten können anschließend im Computer bearbeitet werden.
Die Interferometrie kann dann off-line berechnet werden. Der Gesamtprozess ist äußerst aufwendig, er braucht Petabytes und Petabytes an Daten und erfordert auch ausgefeilte Numerik. Die EHT-Daten wurden bereits 2017 aufgenommen und gespeichert, bis es zum heute vorgestellten Ergebnis kam. Die längere Zeitspanne deutet bereits auf schwierige Berechnungen, die durchgeführt werden mussten.
Eins, zwei, viele Schwarze Löcher
Einer der Überraschungen der astronomischen Forschung der letzten Jahre ist gerade, dass sich im Zentrum von Galaxien Tausende von Schwarzen Löchern tummeln. Und auch wenn wir einige Schwarze Löcher "Einsteinsche Monster" nennen, die Wahrheit ist, dass Albert Einstein immer große Magenschmerzen hatte, die Realität derselben anzuerkennen.
Noch im Jahr 1939 veröffentlichte Einstein eine Arbeit, die zeigen sollte, dass Singularitäten nicht aus dem Kollaps von Sternen entstehen könnten. Als Karl Schwarzschild die allgemeinen Relativitätsgleichungen löste, war dies ein willkommenes Ergebnis für Einstein, weil dies eine exakte Lösung war - unter bestimmten Annahmen. Aber die von Einstein so genannten Schwarzschild-Singularitäten besaßen für ihn keine physikalische Realität und er versuchte vergebens, die "Monster" von der Theorie zu entfernen.
Wenn wir die Geschichte der Schwarzen Löcher bis zur Satellitenastronomie abrollen, finden wir die Röntgenstrahlensonde Chandra, mit deren Daten die unten dargestellte Abbildung erzeugt wurde. Die kleinen Kreise im Bild sind einige der Schwarzen Löcher, die sich um Saggitarius A* im Zentrum der Milchstraße drehen.
Sagittarius A* ist ein Monsterloch inmitten seinesgleichen. Die von Chandra entdeckten Schwarzen Löcher haben einen Abstand von bis zu drei Lichtjahren und besitzen Massen, die zwischen 5 und 30 Mal so groß wie die der Sonne sind. Wie man sieht, leuchten einige der Stellen innerhalb der Kreise.
Astrophysiker denken, dass sich hier die Röntgenstrahlung von Neutronensternen sehen lässt, die um die Schwarzen Löcher kreisen. Sagittarius A* ist aber der König. Mit vier Millionen Sonnenmassen ist er das Ergebnis der Kollision von unzähligen anderen Schwarzen Löchern, die über Milliarden von Jahren ins Zentrum der Galaxie gefallen sind.
Gleichzeitig zur Ankündigung der EHT-Kollaboration wurden sechs Artikel veröffentlicht. Die Astrophysiker haben nun Zeit, diese zu bearbeiten und das EHT-Teleskop in eine andere Richtung am Himmel auszurichten.