Eskalation im Südchinesischen Meer: China drängt auf Rückzug der Philippinen

Die chinesische und die philippinische Flagge

Die Spannungen zwischen Beijing und Manila nehmen zu

(Bild: Andy.LIU/Shutterstock.com)

Zunehmende Spannung nach Verteidigungsabkommen mit den USA. Chinesischer Thinktank erhöht Druck auf philippinische Regierung. Berichte über Wiederaufnahme der Gesprächskanäle.

Die Grenzkonflikte im Südchinesischen Meer spitzen sich zu. Im Kontext der zuletzt angespannten Beziehungen zwischen China und den Philippinen, werden aus der Volksrepublik nun Rufe nach einem Rückzug der Philippinen von dem umstrittenen Riff "Second Thomas Shoal" laut.

Strategische Inseln

Beide Länder werfen sich gegenseitig vor, die Souveränitätsrechte des jeweils anderen zu verletzen. Das Riff ist Teil der Spratly-Inseln, die von mehreren Anrainerstaaten im südchinesischen Meer beansprucht werden. So erheben neben China und den Philippinen auch Taiwan, Vietnam, Brunei und Mayalsia Ansprüche auf Teile der Inselgruppe, zu der das Riff gehört.

Trotz ihrer geringen Fläche von nur einem halben Quadratkilometer gelten die Inseln als strategisch wichtig, da sie in über 200 Kilometer Entfernung zur nächsten Küste entlang wichtiger Schifffahrtsrouten liegen. Außerdem werden größere Erdöl- und Gasvorkommen vermutet.

Erst vergangenen Herbst ereigneten sich vor dem "Second Thomas Shoal"-Riff zwei Kollisionen zwischen der chinesischen und der philippinischen Küstenwache.

Chinesischer Thinktank fordert Rückzugsplan der Philippinen

Wu Shicun, Gründer des Nationalen Instituts für Studien über das Südchinesische Meer mit Sitz in der chinesischen Provinz Hainan, bezeichnete die anhaltende Konfrontation um das Riff als "blutende Wunde" und erklärte gegenüber der chinesischen Nachrichtenagentur Guancha, es sei dringend notwendig, die eskalierenden Spannungen um das Riff endgültig zu lösen.

In dem am Mittwoch veröffentlichten Interview forderte Wu Chinas Regierung auf, "auf diplomatischem Wege einen Zeitplan für den Rückzug der Philippinen von der Second Thomas Shoal vorzulegen". Der Plan solle Daten für den Abzug von Militärpersonal und Pläne für humanitäre Hilfe während der Übergangszeit enthalten.

Die Forderung kommt nach einer Welle der Eskalation in den Gewässern, die mit gegenseitigen Schuldzuweisungen einherging.

Stimmungsumschwung seit Jahresbeginn

Anfang letzten Jahres herrschte noch eine ganz andere Stimmung. Als der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Junior im Januar 2023 Xi Jinping in Peking besuchte, hob er die "Freundschaft" hervor, die die beiden Länder verbindet. China wolle "mit mehr positiver Energie zur Förderung von Frieden und Stabilität in der Region beitragen".

Beide Seiten hatten damals die Einrichtung einer direkten Notfallverbindung vereinbart, um bei einer Eskalation im Südchinesischen Meer schnell und unkompliziert kommunizieren zu können. Darüber hinaus sicherte China den Philippinen Investitionen in Höhe von 22 Milliarden US-Dollar zu.

Was angesichts der Spannungen aus diesen Plänen wird, scheint derzeit fraglich. Zuletzt gab es jedoch Berichte, nach denen es zu Gesprächen über eine erneute Aufnahme des "heißen Drahtes" zwischen China und den Philippinen kommen soll.

Verteidigungsabkommen mit den USA

China geht es dabei nicht nur um das Riff. Die jüngsten Vorfälle seien eine Reaktion auf die außenpolitische Neuausrichtung der Philippinen, sagte der Forscher und Redakteur der Zeitschrift "Asian Affairs", Bill Hayton, gegenüber der Deutschen Welle. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Rodrigo Duterte habe sich Präsident Marcos Jr. dafür entschieden, mit den USA zusammenzuarbeiten und sich gegen Chinas Vorgehen im Südchinesischen Meer zu stellen.

Im April 2023 schlossen die Philippinen ein erweitertes Verteidigungsabkommen mit den USA ab. In diesem Rahmen sind auch vier neue Standorte für mögliche US-Militärbasen auf den Philippinen benannt worden, die alle im Norden des Landes und damit in der Nähe von Taiwan und dem Südchinesischen Meer liegen.

Mit den USA als immer wichtiger werdendem Player in der Region, scheint eine zunahme der Spannungen mit Blick auf die Zukunft eher wahrscheinlich. Abzuwarten bleibt, wie sich die US-Pazifikpolitik in Folge der nächsten US-Wahlen entwickeln wird.