Exit-Strategie für die Ukraine: "Gerechten und dauerhaften Verhandlungsfrieden erreichen"
Seite 3: Frieden ist möglich – ein Weg aus der Gefahr
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Positionen der Kriegsparteien
Ukraine:
- Verhandlungen erst nach Abzug der russischen Truppen von ukrainischem Territorium beziehungsweise nach der Befreiung aller von Russland besetzten Gebiete.
- Verpflichtung Russlands, die Kosten des Wiederaufbaus zu tragen.
- Verurteilung der für den Angriff verantwortlichen russischen Führung.
- Nato-Mitgliedschaft nach Beendigung des Krieges.
- Sicherheitsgarantien durch von der Ukraine benannte Staaten.
Russland:
- Konsolidierte Neutralität der Ukraine – keine Nato-Mitgliedschaft.
- Keine Stationierung amerikanischer und anderer Nato-Truppen auf ukrainischem Territorium.
- Anerkennung der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja als russisches Staatsgebiet.
- Höchstgrenzen für die ukrainischen Streitkräfte insgesamt und für die einzelnen Waffengattungen.
- Rüstungskontrollverhandlungen mit den USA/der Nato, insbesondere über Verifikationsmechanismen für das Ballistic Missile Defence System/BMDS der Nato in Polen und Rumänien.
Beide Kriegsparteien haben nach dem Rückzug der Ukraine aus den Vereinbarungen von Istanbul Vorbedingungen für die Aufnahme von Verhandlungen gestellt, der ukrainische Präsident sogar Verhandlungen per Dekret verboten. Auch für die Verhandlungsergebnisse wurden von beiden Seiten Forderungen erhoben, die so nicht realisierbar sind.
Deshalb müsste erreicht werden, dass zunächst alle Bedingungen für die Aufnahme von Verhandlungen fallen gelassen werden. Das chinesische Positionspapier bietet dafür einen vernünftigen Ansatz. Es fordert, die Verhandlungen von Istanbul auf dem damals erreichten Stand wieder aufzunehmen ("resume peace talks (…) resumption of negotiations").
Eine wichtige Rolle für das Zustandekommen von Verhandlungen fällt den USA zu. Die USA müssten den ukrainischen Präsidenten zu Verhandlungen drängen. Darüber hinaus müssten sie (und die Nato) zu Rüstungskontrollverhandlungen einschließlich vertrauensbildender militärischer Maßnahmen bereit sein.
Phase I – Waffenstillstand
1. Der UNO-Sicherheitsrat
- beschließt gemäß Artikel 24 Absatz 1 der Uno-Charta im Einklang mit der ihm von den Mitgliedern übertragenen Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit einen Zeit- und Ablaufplan für einen Waffenstillstand und für Verhandlungen zur Beendigung des Ukrainekrieges und die Wiederherstellung des Friedens,
- beschließt mit Wirkung von einem "Tag X" an einen allgemeinen und umfassenden Waffenstillstand zwischen den Kriegsparteien Russland und Ukraine. Der Waffenstillstand erfolgt ohne Ausnahme und ohne jede Einschränkung oder Sonderregelung unabhängig von der Dislozierung der gegnerischen Streitkräfte und Waffensysteme und ist in allgemeiner und umfassender Form verbindlich durchzuführen,
- beauftragt einen Hohen Kommissar für Frieden und Sicherheit in der Ukraine mit der politischen Verantwortung für die Durchführung des Zeit- und Ablaufplans sowie aller vom UNO-Sicherheitsrat in diesem Zusammenhang beschlossenen Maßnahmen,
- beschließt den Einsatz einer Uno-Friedenstruppe nach Kapitel VII der Uno-Charta, die mit der Einhaltung und Durchsetzung des Waffenstillstands und der zwischen den Vertragsparteien vereinbarten, sicherheitsrelevanten und militärischen Maßnahmen beauftragt wird,
2. Die Konfliktparteien stellen an dem vom UNO-Sicherheitsrat bestimmten Zeitpunkt ("Tag X") alle Kampfhandlungen ein.
3. Ab diesem Zeitpunkt werden keine Waffen und Munition mehr an die Ukraine geliefert. Russland stellt ebenfalls die Zuführung von Waffen und Munition an seine Streitkräfte auf dem seit dem 24. Februar 2022 besetzten Territorium und der Krim ein.
4. Alle irregulären ausländischen Kräfte, Militärberater und Angehörigen von Nachrichtendiensten beider Kriegsparteien werden bis zum Tag X +10 vom ukrainischen Territorium abgezogen.
Phase II – Friedensverhandlungen
1. Die Friedensverhandlungen beginnen am Tag X +15 unter dem Vorsitz des Uno-Generalsekretärs und/oder des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Frieden und Sicherheit in der Ukraine am Sitz der Vereinten Nationen in Genf.
2. Beide Konfliktparteien bekräftigen ihre Entschlossenheit, die Verhandlungen in der festen Absicht zu führen, den Krieg zu beenden und eine dauerhafte, friedliche Regelung aller strittigen Fragen anzustreben. Sie beabsichtigen, die Schreiben Russlands an die Vereinigten Staaten und die Nato vom 17. Dezember 2021, soweit sie für die bilateralen Verhandlungen von Bedeutung sind, und das Positionspapier der Ukraine für die Verhandlungen vom 29. März 2022 zu berücksichtigen und an die Ergebnisse der Istanbul-Verhandlungen anzuknüpfen.
3. Elemente einer Verhandlungslösung:
a) Die Konfliktparteien
- betrachten sich künftig nicht als Gegner und verpflichten sich, zu den Prinzipien gleicher und unteilbarer Sicherheit zurückzukehren,
- verpflichten sich, auf die Androhung und Anwendung von Gewalt zu verzichten,
- verpflichten sich, keine kriegsvorbereitenden Maßnahmen gegenüber dem Vertragspartner vorzunehmen,
- verpflichten sich zu Transparenz in ihren militärischen Planungen und Übungen sowie zu größerer Vorhersehbarkeit ihres militärischen und politischen Handelns,
- akzeptieren die Stationierung einer Uno-Friedenstruppe auf ukrainischem Territorium in einer Zone von 50 Kilometern Breite bis zur russischen Grenze, einschließlich der Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson in ihren Verwaltungsgrenzen,
- verpflichten sich, alle Streitfragen ohne Anwendung von Gewalt durch die Vermittlung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen oder, falls dies geboten ist, durch die Garantiestaaten zu lösen. Das Recht der Ukraine auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der Uno-Charta ist davon unberührt.
b) Russland
- zieht seine Streitkräfte auf dem ukrainischen Territorium auf den Stand vom 23. Februar 2022 zurück.
- zieht seine Streitkräfte auf seinem Territorium aus einer Zone von 50 Kilometern Breite bis zur ukrainischen Grenze zurück, die seit dem 24. Februar 2022 in diese Zone verlegt wurden.
c) Die Ukraine
- zieht ihre Streitkräfte aus einer Zone von 50 Kilometern Breite bis zur russischen Grenze, einschliesslich der Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson zurück,
- erklärt den permanenten Status als neutraler Staat und tritt keinem militärischen Bündnis, einschliesslich der Nordatlantischen Allianz, bei. Die Souveränität, territoriale Integrität und staatliche Unabhängigkeit der Ukraine werden durch entsprechende Zusagen von Garantiemächten17 gewährleistet. Die Garantiezusagen gelten nicht für die Krim und Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson innerhalb der ehemaligen Verwaltungsgrenzen,
- verzichtet auf die Entwicklung, den Besitz und die Stationierung von Nuklearwaffen auf ihrem Territorium,
- wird keine permanente oder befristete Stationierung von Streitkräften einer fremden Macht oder deren militärischer Infrastruktur auf ihrem Territorium zulassen,
- wird keine Übungen und Manöver von ausländischen Streitkräften auf ihrem Territorium zulassen,
- wird die vereinbarten Höchstgrenzen für die ukrainischen Streitkräfte innerhalb von zwei Jahren umsetzen.
d) Die Probleme im Zusammenhang mit der Krim und Sewastopol werden innerhalb von 15 Jahren bilateral auf diplomatischem Wege verhandelt und unter Verzicht auf militärische Gewalt gelöst.
e) Der künftige Status der Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson wird in den Verhandlungen einvernehmlich vereinbart. Russland wird den Flüchtlingen die Rückkehr ermöglichen. Sollten die Verhandlungspartner in dieser Frage keine Einigung erzielen, wird der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Frieden und Sicherheit in der Ukraine innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Friedensvertrages ein Referendum durchführen, in dem die Bevölkerung über den künftigen Status entscheidet. Teilnahmeberechtigt sind ukrainische Staatsbürger, die am 31.12.2021 ihren ständigen Wohnsitz in diesen Regionen hatten.
Russland und die Ukraine verpflichten sich, das Ergebnis des Referendums anzuerkennen und bis zum Ende des Jahres, in dem das Referendum stattgefunden hat, in ihre nationale Gesetzgebung umzusetzen.
Für die Bevölkerung einer oder mehrerer Regionen, die sich für den Verbleib im ukrainischen Staatsverband entscheidet, wird die ukrainische Regierung bis zum Ende des Jahres, in dem das Referendum stattgefunden hat, Minderheitenrechte nach europäischem Standard in die Verfassung aufnehmen und umsetzen (entsprechend dem Minsk II-Abkommen).
f) Garantiestaaten, die Mitglieder der Europäischen Union sind, werden die Mitgliedschaft der Ukraine durch die Unterstützung rechtsstaatlicher und demokratischer Reformen fördern.
g) Der Wiederaufbau der ukrainischen Wirtschaft und Infrastruktur wird durch eine internationale Geberkonferenz gefördert.
h) Beide Vertragsparteien werden an einer Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa im KSZE-Format mit dem Ziel einer europäischen Sicherheits- und Friedensordnung teilnehmen und diese konstruktiv unterstützen. Die Konferenz wird innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Friedensvertrages stattfinden.
i) Der Vertrag tritt in Kraft, sobald beide Vertragsparteien und fünf Garantiestaaten den Vertrag unterzeichnet und, so weit erforderlich, die Parlamente dieser Staaten dies gebilligt haben, sowie die Ukraine ihren Status als neutraler, unabhängiger und bündnisfreier Staat (ohne das Ziel einer Nato-Mitgliedschaft) durch die Änderung der Verfassung kodifiziert hat.
k) Etwaige Verzögerungen rechtfertigen weder den Bruch des Waffenstillstands noch den Rücktritt von den bis dahin erreichten Vereinbarungen.
Phase III – Eine europäische Sicherheits- und Friedensordnung
Langfristig kann nur eine europäische Sicherheits- und Friedensordnung die Sicherheit und Freiheit der Ukraine gewährleisten, in der die Ukraine und Russland ihren Platz haben.
Eine europäische Sicherheitsarchitektur, in der die geostrategische Lage der Ukraine keine Schlüsselrolle mehr für die geopolitische Rivalität der Vereinigten Staaten und Russlands spielt. Der Weg dorthin führt über eine Konferenz im KSZE-Format, die an die großen Fortschritte der "Charta von Paris" anknüpft und diese unter Berücksichtigung der gegenwärtigen sicherheitspolitischen und strategischen Rahmenbedingungen weiterentwickelt.
25. August 2023
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