Explosive Post aus Athen
Die Briefbomben an Schäuble und den IWF: Griechische Politiker als vorgetäuschte Absender und Kritik an Sicherheitsmaßnahmen
Nach der Briefbombe, die ohne Folgen im Bundesfinanzministerium einging, hat eine zweite explosive Postsendung in Paris in den Büros des Internationalen Währungsfond bei ihrer Explosion eine Mitarbeiterin des IWFs verletzt. Beide Bombensendungen kamen aus Griechenland. Was steckt dahinter?
Bevor die noch rechtzeitig entdeckte Bombe in Berlin im Finanzministerium eintraf, wurde im Athener Vorort Kifissia ein Anschlag auf einen Buchladen verübt. Der Laden gehört dem Vizevorsitzenden der Nea Dimokratia, Adonis Georgiadis. Der erzkonservative Politiker verlegt vor allem Bücher, die das antike Griechenland zum Thema haben. In seinem Ausweis ist sein Name als Spyridon Adonis Georgiadis notiert. Dieser Name stand zusammen mit der Adresse seines Abgeordnetenbüros auf dem Umschlag der nach Berlin gesandten Bombe.
Während in Athen noch gesucht wurde, wie die Sendung per Post versandt wurde, explodierte die Briefbombe in Paris. Auf ihr stand, wie im Laufe des Tages bekannt wurde, Vassilis Kikilias als Absender. Dies wurde vom amtierenden Bürgerschutzminister Nikos Toskas während der Hauptnachrichtensendung von Ant1-TV bestätigt.
Kikilias war unter dem konservativen Premierminister Antonis Samaras als Bürgerschutzminister für die Polizei zuständig, aktuell vertritt der Parlamentsabgeordnete seine Partei als Pressesprecher. Die beiden Politiker wurden zu keiner Zeit der tatsächlichen Urheberschaft an den Anschlägen verdächtigt.
Ein Bekennerschreiben und Fragen an die Qualität der Sicherheitskontrolle
Die "Verschwörung der Zellen des Feuers" hatte bereits am Donnerstag die Verantwortung übernommen. Im Rahmen ihrer Option "Nemesis 2" kündigte die Gruppe indirekt weitere Anschläge an. Aus der ebenfalls von der Gruppe avisierten späteren Sendung eines Bekennerschreibens, wird seitens der Experten gefolgert, dass weitere ähnliche Sendungen unterwegs sind.
Das, was die Behörden in Griechenland am meisten beschäftigt, ist, wie die Pakete überhaupt die Sicherheitskontrollen der Post aber auch des Flughafens passieren konnten. Die griechische Post, ELTA, nahm dazu in einer ausführlichen Erklärung Stellung. Demnach wurden die Briefbomben ebenso wie alle Postsendungen nach den geltenden europäischen und internationalen Sicherheitsstandards überprüft.
Die Anlage für die Überprüfung von Sendungen auf Sprengstoff am Athener internationalen Flughafen "Eleftherios Venizelos" stammt aus deutscher Produktion und wurde erst Mitte Januar 2017 in Betrieb genommen. Sie wird nicht von griechischen Polizisten bedient, sondern seitens den von der Herstellerfirma lizensierten privaten Sicherheitskräften.
Auf das Manko, aber auch auf das Drängen aus Berlin nach Klärung des Vorfalls angesprochen, reagierte Toskas in der Nachrichtensendung mit dem Hinweis, dass das Paket an Schäubles Ministerium schließlich auch den Verteiler am Flughafen Frankfurt passiert habe.
Laut griechischen Medien handelt es sich bei dem verwendeten Sprengstoff um Material, welches auch in Silvesterböllern eingesetzt wird. Dieses sei "zu 99 Prozent nicht von den Sicherheitsscannern erkennbar", erklären Experten der griechischen Presse.
Die Nea Dimokratia, die Partei der beiden bisher bekannten "Absender" sieht sich indes ebenso als Opfer wie Adonis Georgiadis, der beklagt, dass Syriza den Terror seiner Meinung nach nicht scharf genug verurteilt habe.
Eine andere Facette der Geschichte sieht der griechische Sicherheitsexperte, Angelos Agrafiotis. Er erkennt durchaus Mängel in der Überprüfung der Briefsendungen. Diese würden seiner Meinung nach prinzipiell auch die Flugsicherheit einschränken. Für Agrafiotis ist es entscheidend, dass die privaten Firmen, welche die Rolle des Staats bei der Sicherheitskontrolle übernommen haben, schlecht bezahlte Angestellte einsetzen würden.