FDP kritisiert staatliche Massenabfragen von Bankkonten
Präsidiumsmitglied Volker Wissing sieht "Bargeldobergrenze in einer Bargeldabschaffung enden"
Vor elf Jahren kippte die Bundesregierung das Bankgeheimnis und erlaubte Behörden die Einsichtnahme in private Konten. Damals hieß es, das solle und werde nur in Ausnahmefällen geschehen. Inzwischen liegt die Zahl der jährlichen Zugriffe über 300.000 - das sind etwa doppelt so viele wie 2013.
FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing sieht das "Indiz dafür, dass die Kontenabfrage nicht mehr ein Instrument im konkreten Verdachtsfall, sondern zu einem Standardinstrument der Behörden verkommen ist". "Der Staat", so der promovierte Jurist, "schnüffelt, was das Zeug hält".
Schnüffeln dürfen dabei nicht nur Finanzämter und Gerichte, sondern auch Sozialbehörden, die im Regelfall keine Millionenverstecker, sondern eher kleine Fische an der Angel haben. Die wären nach Meinung des Bloggers Don Alphonso auch die eigentlichen Opfer des aktuell geplanten Verbots größerer Scheine und Bargeldgeschäfte - wenn sie zum Beispiel Bargeld horten, um eine Notreserve jenseits der Hartz-IV- und Pflege-Freibeträgen zu haben:
Gegen solche Bewahrer kleinerer Summen richtet sich die Abschaffung der großen Geldscheine, denn sie werden über kurz oder lang gezwungen sein, ihre Ersparnisse [...] umzutauschen. Und gegen sie wendet sich natürlich auch die Obergrenze der Barzahlung: Wer dann einen größeren Betrag vom Konto abhebt, macht sich natürlich verdächtig, solche Geschäfte zu betreiben. Nicht der Großbürger spürt da die kalte Kralle des Staates um den Hals - es ist das alte Mütterchen, der für das Erbe seiner Kinder vorausdenkende Vater, der anständige Bürger, der sich an den Umgang der Kanzlerin mit den Zyprioten erinnert und nun hört, dass auch die Deutsche Bank zypriotische Tendenzen zeigt.
Begründet wurde die Legalisierung der staatlichen Einsichtnahme in Privatkonten 2005 nicht nur mit dem Kampf gegen wohlständige Steuerhinterzieher, sondern auch mit dem gegen Terror. Diesen Kampf gegen Terror nennt Finanzstaatssekretär Michael Meister von der CDU nun auch als Begründung für die Einführung einer Barzahlungsobergrenze (vgl. Bundesregierung plant Obergrenze - für Barzahlungen). Zu den Kritikern, die in dieser 5.000-Euro-Grenze vor allem einen Schritt auf dem Weg zur Bargeldabschaffung sehen, zählt auch Wissing, der meint, "so wie die Kontenabfragen ausgeweitet werden und die Schnüffelei auf den Konten von der Ausnahme zur Regel geworden ist, wird auch die Bargeldobergrenze in einer Bargeldabschaffung enden".
So eine Volldigitalisierung von Geld hätte für schlecht wirtschaftende Regierungen den Vorteil, dass sie damit recht einfach ihre Staatsschulden verringern können, indem sie Sparern (die dann nur mehr sehr schwer ausweichen können) mittels Negativzinsen enteignen (vgl. Bargeldverbot würde zu mehr Kontrolle und Enteignung führen).
Neben der FDP haben mehrere andere Parteien das Thema Bargeld, bei dem sich die Führungsmannschaften von Union und SPD einig sind, für sich entdeckt: Die Bayernpartei, die Freien Wähler, die AfD und Bernd Luckes AfD-Abspaltung ALFA, die über die Stiftung für Freiheit und Vernunft die von Wirtschaftswissenschaftler wie Max Otte und Roland Vaubel unterstützte Initiative Stop Bargeldverbot ins Leben gerufen hat.
Für die Grünen kritisierte der Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz die Einführung einer Barzahlungsobergrenze als "fundamentalen Angriff auf den Datenschutz und die Privatsphäre". In der Linkspartei, der anderen Oppositionspartei im Bundestag, ist man uneins: Nachdem deren steuerpolitischer Fraktionssprecher Richard Pitterle die Barzahlungsobergrenze erst als "probates Mittel" zur Bekämpfung von Geldwäsche begrüßte, meldete sich einige Tage darauf der wirtschaftspolitische Sprecher Michael Schlecht mit der gegenteiligen Meinung zu Wort.
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