Fahrzeuge sind keine Spielzeuge

Florida Highway Patrol Diagramm des Unfalls

Es war nur eine Frage der Zeit bis Teslas Autopilot Opfer reklamieren würde.

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Wie vor kurzem bekannt gegeben wurde, ist am 7. Mai ein Fahrer in Florida umgekommen, der mit dem Autopilot eines Tesla-S über die Autobahn gefahren ist. Anscheinend war das Fahrzeug mit großer Geschwindigkeit unterwegs und hat einen, aus Sicht des Fahrers, von links nach rechts von der Gegenspur abbiegenden Sattelzug mit hoher Plattform nicht erkannt (Unfallprotokoll). Das Tesla-Auto fuhr unter der Sattelzugplattform, wurde stark beschädigt, rollte anschließend von der Autobahn und gegen einen Mast.

Mutmaßlich war der Fahrer vor dem Unfall abgelenkt bzw. hat die Aktionen des Fahrzeugs nicht beaufsichtigt. Dem Anschein nach hat die Kamera des Fahrzeugs die weiße Farbe des Sattelzugs mit den Wolken im Hintergrund fusioniert, d.h. den Sattelzug gar nicht gesehen, während das Radar die hohe Plattform des Sattelzugs erkannt, aber als Schildbrücke klassifiziert hat.

Dass es zum Unfall gekommen ist, hat leider mit der übereifrigen Marketingstrategie der Firma Tesla zu tun. Das Modell S verfügt über eine Videokamera für die Erkennung der Spuren und von anderen Straßenmerkmalen. Die Kontroll-Hardware von alten Autos hat nachträglich die Autopilot-Software erhalten, per Software-Update aus dem Internet, während neue Fahrzeuge den Autopiloten bereits "eingebrannt" mitbringen. Tesla ist die einzige mir bekannte große Autofirma, die die Steuerung der Fahrzeuge per Software-Download regelmäßig und ohne Werkstattbesuch ändert.

Cockpit eines Tesla-S. Bild: Steve Jurvetson/CC-BY-SA-2.0

Teslas Autopilot ist im Grunde ein Spurhalteassistent, und den gibt es seit Jahren in Deutschland. Mit einem Radar können der Abstand zum Vorfahrzeug und die Geschwindigkeit automatisch geregelt werden. Ein solches Adaptive Cruise Control kann noch zusätzliche Daten aus der Spurerkennung erhalten und das Auto über einen Motor an der Lenkstange vollautomatisch die Spur halten.

Beta-Versionen würde man nicht für ein Krankenhaus oder eine automatisierte Fabrik in Umlauf bringen

Volkswagen bietet die Option für den VW-Passat seit mindestens 2009 an, wenn nicht noch früher. Allerdings ist es in Deutschland verboten, bei eingeschaltetem Spurhalteassistenten die Hände von der Lenkung zu nehmen und die Überwachung des Fahrzeugs zu vernachlässigen. Der Fahrer bleibt jederzeit für das Auto verantwortlich. Für die Erkennung der Hände am Steuer haben sich die Autohersteller verschiedene Strategien einfallen lassen, sei es über Kontaktsensoren bzw. über die Beobachtung der Mikroschwingungen der Lenkung, die unterschiedlich sind, wenn die Hände nicht am Steuer sind.

Aber als Tesla den Autopiloten freigab, gab es dafür keine solche Erkennung der Hände am Steuer, was sofort dazu geführt hat, dass etliche Autofahrer ihre Videos ins Internet gestellt haben, bei denen sie Zeitung gelesen, am Computer gespielt oder sogar auf dem Beifahrersitz gesessen haben. Im Englischen redet man von einem "accident waiting to happen", desto mehr in diesem Fall. Tesla hat daraufhin mit einem Software-Update reagiert, das angeblich erkennen sollte, ob der Fahrer die Hände an der Lenkung hat oder nicht. Ob diese Software im Florida-Fall vom Benutzer deaktiviert oder ausgetrickst wurde, ist noch nicht bekannt. Ob der Hände-am-Steuer-Code schlichtweg nicht funktioniert hat, ist auch noch zu prüfen.

Unabhängig von den genaueren Details des Unfalls ist klar, dass hier zwei Welten aufeinander treffen. Einmal die Autoindustrie, die in Europa strenge Sicherheitsvorkehrungen zu befolgen hat, und die IT-Industrie, für die solche extremen Sicherheitsbestrebungen manchmal völlig unbekannt sind. Tesla, als disruptive player, hat IT voll und ganz umarmt. In der offiziellen Bekanntmachung von Tesla ist die Rede davon, der Autopilot wäre derzeit eine "Beta-Version", und die Benutzer müssten das bitte schön berücksichtigen.

Allerdings würde man Beta-Versionen nicht für ein Krankenhaus oder eine automatisierte Fabrik in Umlauf bringen. Man bedenke nur, welchen Verlust an Glaubwürdigkeit eine Autofirma in Europa hätte, wenn sie zugeben würde, dass sich die Steuerung des gelieferten Fahrzeugs noch in der Beta-Phase befindet! Es wäre u.U. schlimmer als die Dieselaffäre. Was Computer-Benutzer jeden Tag in Kauf nehmen, kann und darf man nicht auf die Autoindustrie übertragen.